Wie können wir mit Stress besser umgehen und wie können wir damit gesünder leben? Antworten auf diese Frage gab Stressmanagement-Experte & -Coach Jacob Drachenberg bei einem Workshop des Bereichs Business Insights & CRM. one war dabei und verrät die fünf besten Tipps und Tricks.
„Stress dich richtig“: So lautete der Titel des Workshops zum Thema Selbstmanagement mit Jacob Drachenberg. Rund 60 Kollegen aus dem Bereich Business Insights & CRM waren gekommen, um sich Tipps und Tricks des renommierten Stressmanagement-Experten abzuholen. one war dabei und verrät die besten Empfehlungen zum besseren Umgang mit Stress. Außerdem: Interview mit Stressmanagement-Coach Maria Kasemir und dem Stressmanagement-Team Catherine Keller und Mathias Case.
Die eigene Stresskompetenz stärken
Stress hat wohl jeder in seinem Berufsalltag und pivaten Bereich schon erlebt und für viele gehören stressige Situationen schlichtweg dazu. Eine gesunde Portion Stress ist also normal und unschädlich. Chronischer Stress ist hingegen ungesund und kann uns sogar krank machen. Er kann verantwortlich sein für Verspannungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Essstörungen, Burnout und viele weitere Krankheiten. Es ist jedoch nicht der Stress an sich, der uns krank macht, sondern unser Umgang damit.
Jacob Drachenberg Stress ist immer individuell, denn jeder Mensch hat ein anderes Stresslevel. Es ist wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Menschen keine Maschinen sind. Wenn man mal schlecht geschlafen hat oder Probleme im Privatleben hat, können wir nicht 100 Prozent geben. Viel Stress ist in der heutigen Zeit sogar ein Statussymbol: Wenn man anderen erzählt, dass man einen stressigen Job hat, wird einem Wertschätzung und Respekt entgegengebracht.
Wenn wir zu viel Stress haben, fühlen wir uns getrieben, denn das Gehirn wird in Alarmbereitschafft versetzt. Wir grübeln über die Vergangenheit oder die Zukunft anstatt im Hier und Jetzt zu sein. Zu viel Stress führt auch zu engem Denken. Im gestressten Modus sind viele Lösungen nicht zugänglich. Wenn wir zu viel Stress haben, dreht sich alles ums Negative. Wer in der heutigen Zeit nicht achtsam ist und eine hohe Stresskompetenz hat, läuft Gefahr, auszubrennen.
Die Zeit ist so schnell und dynamisch geworden, dass die Fähigkeit, mit Stress richtig umzugehen, zu einer wichtigen Anforderung in der Arbeitswelt geworden ist. Da in den allermeisten Berufen eine hohe Leistungsfähigkeit vorausgesetzt wird, ist es wichtig zu wissen, wie man Stress effizient kanalisiert. Man sollte aus der gesunden Selbstverantwortung heraus die Fähigkeit entwickeln, Stress zu bewältigen. Wenn uns eine Situation stresst, müssen wir unser Verhalten ändern, denn das eigene Verhalten ist der mächtigste Hebel, den wir haben. Doch wie gelingt das?
Tipps von Jacob Drachenberg:
1. „Perfekt“ gegen „bestmöglich“ tauschen
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„Perfektion ist eine Illusion und kostet enorm viel Kraft. Der ungesunde Anspruch, immer alles „perfekt“ machen zu wollen, kann langfristig krank machen. Es ist ein Fass ohne Boden, weil alles auf der Welt immer noch einen Tick „perfekter“ geht. Wir sind Menschen und keine Roboter. Man sollte besser danach streben „bestmöglich“ zu arbeiten. Das heißt: Man arbeitet gewissenhaft und gibt sein Bestes. Das bedeutet natürlich nicht, dass man absichtlich Fehler machen sollte. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen gewissenhaftem Arbeiten und übertriebener Perfektion. Fehler passieren den Besten und sind an sich kein Weltuntergang.“
2. Entspannung muss der Anspannung folgen
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„Unser Gehirn wird sich nie auf chronischen Stress einstellen können. Wir brauchen immer wieder Phasen der Entspannung, in denen wir locker lassen. Das Leben sollte dem Rhythmus aus Anspannung und Entspannung folgen und keinem Takt. Deshalb ist es so wichtig, einen Ausgleich für sich zu schaffen: Entspannung muss der Anspannung folgen.
Für viele funktioniert der Stressabbau durch Sport wie beispielsweise Joggen, da wir die Stresshormone einer Zielrichtung zuführen und danach automatisch in einen Entspannungsmodus kommen. Man muss dabei aber keine Höchstleistungen erreichen.
Auch Sportarten wie Yoga oder Pilates sind sehr empfehlenswert. Jeder muss letztlich für sich selbst herausfinden, wobei er am besten entspannen kann. Den einen entspannt ein Spaziergang in der Natur, der andere kann durch eine kreative Tätigkeit wie Malen oder Musizieren am besten abschalten.
Ich empfehle, sich zu Kursen anzumelden. Denn wenn man die Gebühr für einen Kurs bezahlt hat und diesen als fixen Termin im Kalender einträgt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, regelmäßig dorthin zu gehen.“
3. Stresst die Gegenwart oder eine Hypothese über die Zukunft?
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„Wenn man gestresst ist, sollte man sich die Frage stellen: „Stresst mich die Gegenwart oder eine Hypothese über die Zukunft?“ Wenn einen etwas in der Gegenwart stresst, dann sollte man das Problem direkt angehen. In den meisten Fällen stresst uns gar nicht das „Hier und Jetzt“, sondern eine Hypothese über unsere Zukunft, das heißt wir denken darüber nach, was alles Negatives passieren könnte. Da die Zukunft noch nicht eingetreten ist, sind alle Gedanken an die Zukunft eine theoretische Hypothese.
Gedanken sind keine Fakten, sondern eine mentale „Story“, die wir uns erzählen. Wie oft haben wir schon etwas Negatives über unsere Zukunft gedacht und es ist doch anders gekommen. Man sollte deshalb die Gedanken auf die Gegenwart lenken und versuchen, diese Gegenwart bestmöglich positiv zu beeinflussen. Durch diese Technik kann man verhindern, dass einen Angstgedanken negativ stressen.“
4. Die Perspektive ändern
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„Wenn wir uns kraftlos fühlen, möchte unser Gehirn uns vor weiteren Gefahren und Problemen schützen. Dieser Überlebensinstinkt hat den Vorteil, dass wir unsere Sinne für konkrete Gefahren schärfen und so alle potentiellen Gefahren im Blick haben.
Der große Nachteil ist allerdings, dass wir automatisch alle Probleme und Unsicherheiten wahrnehmen und den Blick für das Positive verlieren. Es war einfach früher ein Evolutionsvorteil, wenn man immer alle Gefahren im Blick hatte und schnell reagieren konnte. Unser Gehirn ist aber teilweise noch nicht in der modernen Welt angekommen, wo unser Überleben nicht mehr bedroht ist. Also brauchen wir ein aktives Gegengewicht zu allen Unsicherheiten, ansonsten fühlt sich unser ganzes Leben an, wie ein großes Problem.
Eine gute Übung könnte sein, täglich 5 Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist und zwei Punkte, wo man erfolgreich und gut gearbeitet hat. Dieser Fokus auf Dankbarkeit und Erfolg wirkt sich auf das Unterbewusstsein aus und prägt die konkreten neuronalen Verbindungen im Gehirn. So nimmt man die kompletten 360 Grad des Lebens wahr und nicht nur die 180 Grad Unsicherheiten und Probleme. Die Probleme verschwinden dadurch nicht direkt, aber man relativiert sie und sie wirken dadurch weniger bedrohlich. Die Dankbarkeit wirkt wie ein Schutz für die Psyche und schenkt Lebensfreude. Schon 2 Minuten täglich addieren sich über 30 Tage zu insgesamt 60 Minuten, also einer ganzen Stunde ,Dankbarkeit & Erfolg`.“
5. Lernen auch mal „Nein“ zu sagen
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„Negativer Stress entsteht, wenn wir „Ja“ sagen, aber „Nein“ meinen. Man kann sich eine große Last von den Schultern nehmen, indem man lernt „Nein“ zu sagen. Es hat keiner etwas davon, wenn man immer für andere da ist, aber man dabei selber ausbrennt.
Man kann langfristig nur für andere da sein, wenn man für sich selbst da ist. Es ist einfacher ein „Nein“ zu kommunizieren, wenn man eine ehrliche Begründung dazu liefert. Wichtig ist, sich in der Kommunikation immer auf die Sachebene und nicht auf die persönliche Ebene zu beziehen. Dadurch fühlt sich die andere Person nicht angegriffen und entwickelt eher Verständnis.“
Jacob Drachenberg ist Trainer für gesunde Stressbewältigung. Der studierte Psychologe und ehemalige Profi-Wasserballer verbindet in seinen Vorträgen effektive Mechanismen aus dem Profi-Sport mit wissenschaftlich fundierten Strategien aus der Psychologie.
Er betreibt den größten Stress-Podcast in Deutschland „Stärke deine Stresskompetenz.“
Kollegen Methoden
und Hilfsmittel an die
Hand geben, um deren
Selbstreflexion zu
fördern.“
one: Wie ist die Idee entstanden, sich mit dem Thema Selbstmanagement zu beschäftigen?
Maria Kasemir: Ausgangspunkt waren die Ergebnisse der letzten Mitarbeiterbefragung. Im Bereich Business Insights & CRM wurde von vielen Kolleginnen und Kollegen das Thema Work-Life-Balance als wichtiges Handlungsfeld genannt. Daraufhin wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich zuerst mit dem Aspekt Kapazität und Auslastung beschäftigt hat. Durch Interviews in unserem Bereich konnten wir das Selbstmanagement als wichtiges Handlungsfeld identifizieren. Ungeachtet der Tatsache, dass es im Verantwortungsbereich der Führungskräfte liegt, Aufgaben und Projekte angemessen zu dosieren, hat uns die Vorstellung gut gefallen, unseren Kolleginnen und Kollegen Methoden und Hilfsmittel an die Hand zu geben, um deren Selbstreflexion zu fördern. Diese Hilfsmittel erleichtern die eigene Organisation und fördern ein effizientes und eigenverantwortliches arbeiten. Nächster Schritt war für uns die Ableitung eines Maßnahmenpakets.
one: Welche Maßnahmen wurden konkret eingeleitet?
Catherine Keller: Mit einer Auftaktveranstaltung „Stress Dich richtig“ wollten wir den Startschuss geben, um die BI CRM Kollegen dafür zu sensibilisieren und zu aktivieren. Als Speaker haben wir Jacob Drachenberg gewinnen können, der mit seinem Schwerpunkt Stressmanagement auch perfekt die Klammer zu Selbstmanagement öffnet, da der Grad an Stress auch immer einhergeht mit der eigenen Arbeitsweise und Produktivität.
Mathias Case: Wir haben des Weiteren ein Angebot für die Kollegen ausgearbeitet, das individuell und freiwillig ist: Die Webseite reweselbstmanagement.wordpress.com hält weiterführende Links und Materialien rund um das Thema Selbstmanagement bereit.
Maria Kasemir: Für die tägliche Erinnerung haben wir Selbstmanagement-Karten erstellt, die Impulse für die Woche liefern können. In meiner Funktion als interner Stressmanagement-Coach unterstütze ich auch gerne persönlich.