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Top Thema
Frauen in Führung
Die REWE Group möchte den Frauenanteil in den obersten drei Führungsebenen erhöhen. Daniela Büchel und Vivien Schmitt sprechen im one_Interview über ungenutzte Potenziale, Kulturveränderungen - und warum mehr Frauen in Führungspositionen gut für die REWE Group sind.

Im one_Top-Thema kommen aber auch die Mitarbeiterinnen selbst zu Wort: In jedem Top-Thema-Artikel sagt eine Kollegin ihre Meinung zur Frauenquote im Video-Interview.

Wie weiblich sind die Führungsetagen in Deutschland? Wir werden zwar von einer Frau regiert – doch die Unternehmenschefs sind meist Männer. Ein Quotengesetz bringt jetzt Bewegung. Für wen es gilt, welche Branchen sich nun ins Zeug legen müssen – und wie Deutschland im internationalen Vergleich abschneidet.

Was halten die Top-Manager von REWE, PENNY, DER Touristik und Toom von mehr Frauen in Führungspositionen? In one geben Peter Maly, Stefan Magel, Sören Hartmann und Wolfgang Vogt Antworten.

Das Ziel ist gesetzt – jetzt geht es an die Umsetzung: In one erklären die Personalchefs von REWE, PENNY, Toom und Zentrale, wie sich ihr Unternehmen verändern wird, um Frauen die gleichen Karrierechancen zu bieten wie Männern.

Sie haben es zur Führungskraft bei der REWE Group geschafft – oder sind auf dem Weg dortin, kennen aber auch die Stolpersteine: Acht Frauen aus der REWE Group erzählen, was sie antreibt, wer sie unterstützte – und was sich in der REWE Group verändern muss, damit mehr Frauen in Führung kommen.

Vor einem Jahr startete Women's Drive. Das Mentoring-Programm soll gezielt Frauen mit erster Führungserfahrung fördern. one sprach mit Dr. Petra Meyer-Ochel über die Vorteile von gemischten Teams und unterschiedlichen Perspektiven.

Daniela Büchel (l.), Vivien Schmitt (Interview-Fotos: Achim Bachhausen)
Daniela Büchel und Vivien Schmitt im Interview
„Wir brauchen die weibliche Perspektive“
Die REWE Group möchte in den kommenden fünf Jahren den Frauenanteil in den obersten drei Führungsebenen von 15 auf 20 Prozent erhöhen. Daniela Büchel und Vivien Schmitt über ungenutzte Potenziale, Kulturveränderungen – und warum mehr Frauen in Führungspositionen gut für die REWE Group sind.

Daniela Büchel, Bereichsvorstand Handel Deutschland Human Resources und Nachhaltigkeit one: Die REWE Group möchte den Frauenanteil bei Führungsjobs erhöhen. Was steckt dahinter?
Daniela Büchel:  Uns beschäftigt dieses Thema schon lange. Insgesamt sind fast 70 Prozent der Mitarbeiter in der REWE Group weiblich. Aber je höher wir in der Hierarchie gehen, desto weniger Frauen finden wir. Wir haben uns schon früher gefragt, woran es liegt, dass am Ende des Tages so wenige im Top Management landen und woran man ansetzen kann. Das hat zum einen dazu geführt, dass wir uns früher als andere für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie engagiert haben. Und jetzt hat der Vorstand ein starkes Zeichen gesetzt und ein klares Ziel formuliert.

„Wir wollen aus der eigenen Organisation heraus wachsen, aber das ist nicht einfach und das dauert.“Daniela Büchel

Wir wollen es aber anders machen als viele Unternehmen, die Frauen von außen in die Vorstandsetagen holen und die dann oftmals nach weniger als zwei Jahren das Unternehmen wieder verlassen. Wir haben bei unseren Mitarbeiterinnen ein riesiges Potenzial. Das gilt es zu nutzen und sie in Führungspositionen zu bringen. Wir wollen aus der eigenen Organisation heraus wachsen, aber das ist nicht einfach und das dauert. Trotz aller guter Vorarbeit, die schon geleistet wurde.

 

Vivien Schmitt, Leiterin Executive Development REWE Group one: Frau Schmitt, wächst die Führungsriege so einfach mit einer Quotenregelung?
Vivien Schmitt: Nein, damit muss eine Kulturveränderung eingehen. Es kann nicht sein, dass wir unsere Quote rein mit Frauen von außen erfüllen. Wir müssen uns fragen: Was müssen wir verändern, sowohl innerhalb des Unternehmens, bei den Führungskräften als auch in den Köpfen der Frauen, die bei uns arbeiten. Hier müssen wir auf eine Kulturveränderung hinwirken. Und das braucht seine Zeit.

Aber trotzdem finde ich es klasse, wenn wir uns mit der Quote ein Ziel setzen und darauf hinarbeiten. Das schafft Verbindlichkeit und führt zu einer bewussten Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur.

one: Frauenquote oder Kulturveränderung: Was ist die größere „Baustelle“?
Vivien Schmitt: Die Kulturveränderung, ganz klar. Aber eine Frauenquote, Netzwerke wie women´s drive oder männliche wie weibliche Mentoren – das alles sind Beschleuniger.

Daniela Büchel: Es braucht Vorgaben, um Dinge zu verändern. Man kann schon bei der Besetzung von Führungspositionen Regeln einführen und Transparenz einfordern, so dass man zumindest erklären muss, weshalb keiner der weiblichen Bewerber ausgewählt wurde. Ein bisschen Pflicht und Zwang ist wichtig. Und dafür braucht es, wie bei uns, ganz oben Menschen, die dies unterstützen.

Daniela Büchel
„Es braucht Vorgaben,
um Dinge zu verändern.“

one: Woran hakt es für Frauen auf dem Weg nach oben?
Daniela Büchel: Viele Frauen stellen sich die Frage, ob sie sich den nächsten Schritt zutrauen und sich auf eine Führungsposition bewerben sollen. Sie befürchten, den Job nicht mit ihrem Anspruch an das Familienleben unter einen Hut bringen zu können. Und Frauen sind oft weniger bereit, sich komplett zu verbiegen für die Karriere. Hier mehr Flexibilität zu schaffen wäre ein sehr großer Hebel um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.

„Wenn wir ein „Sowohl, als auch“ nicht hinbekommen, verlieren wir viele Frauen.“Daniela Büchel

Nicht zu vergessen: Die Zeit, die es zu überbrücken gilt, ist häufig nur ein paar Jahre. Wenn wir hier keine flexiblen Lösungen finden, dann steigen viele leider aus. Weil sie sich entscheiden müssten für „entweder – oder“. Weil ein „Sowohl, als auch“ nicht geht. Wenn wir ein „Sowohl, als “ nicht hinbekommen, verlieren wir viele Frauen - und in der jüngeren Generation übrigens auch schon Männer

Meine Meinung! Frauen aus der REWE Group zur Frauenquote.

one: Wie erreichen wir diese Flexibilität?
Daniela Büchel: Dafür braucht es Vertrauen. Eine Führung, die auf Vertrauen basiert und nicht auf Kontrolle. Hier zählt das Arbeitsergebnis und nicht die Anwesenheitszeit. Die Kolleginnen müssen die Möglichkeit haben ihre Zeit freier einzuteilen. Es muss möglich sein nachmittags die Kinder von der Kita abzuholen und sich dann später noch mal an das Laptop zu setzen. Das gilt natürlich auch zunehmend für Männer, die nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie streben.

„Das Arbeitsergebnis zählt – und nicht die Anwesenheit.“Daniela Büchel Und eine vertrauensbasierte Führung macht das möglich und beraumt nicht jeden Morgen um halb acht ein gemeinsames Meeting an, wenn viele ihre Kinder zur Schule bringen müssen bzw. wollen. Das ist übrigens auch die Sorge vieler Frauen im Außendienst. Dabei ist es gar kein Problem, morgens mit dem Laptop von zu Hause aus zu starten, anstatt sich jeden Tag in den Stau zu stellen, um zuerst in die Zentrale und dann in die Märkte zu fahren.

Vivien Schmitt: Statt Präsenzkultur muss es heißen: Wir haben eine Performance-Kultur und was zählt, ist meine Leistung und nicht, dass ich als erster komme und als letzter gehe.

Vivien Schmitt
„Eine Führungskraft mit
positivem Menschenbild
geht davon aus, dass
Mitarbeiter motiviert sind.“

one: Wie kann eine Führungskraft hier unterstützen?
Vivien Schmitt: Durch die Art, wie sie auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaut. Wenn ich als Führungskraft ein positives Menschenbild habe, gehe ich davon aus, dass jemand motiviert ist, gute Leistungen erbringen will. Auch im Home Office, auch wenn ich denjenigen nicht mehr um 22 Uhr erreiche. 

Daniela Büchel: Das ist eine Frage der Führungskultur: Fördert und ermutigt mich mein Chef, weil er mein Potenzial erkennt? Das ist natürlich kein Wunschkonzert. Viele Chefs haben Sorge, dass sie allen Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter Rechnung tragen müssen. Es geht aber vielmehr darum, gemeinsam Lösungen zu finden. 


one: Welche Lösungen können das sein?
Daniela Büchel: Es gibt kein Modell, das für alle passt. Wir müssen vielmehr die vielen guten Beispiele und Möglichkeiten aufzeigen. REWE war das erste Unternehmen, das bis in die Märkte nach dem audit Berufundfamilie zertifiziert wurde. In diesem Rahmen gibt es Angebote wie Home Office, Führung in Teilzeit, Führung in Jobsharing... Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die vielen Angebote auch genutzt werden und die Führungskräfte ihre Mitarbeiterinnen ermutigen, sich an Führungspositionen heranzutrauen.

„Die Qualität der Arbeit wird besser, wenn Männer und Frauen ihre unterschiedlichen Denkansätze einfließen lassen.“Daniela Büchel one: Warum sind mehr Frauen in Führung besser für die REWE Group?
Daniela Büchel: Zum einen ist das schlicht eine wirtschaftliche Notwendigkeit: Durch die demografische Entwicklung haben wir heute schon Probleme, Stellen zu besetzen. Zugleich bilden wir mehr Frauen als Männer aus, sie haben super Noten. Und dann folgt die Phase der Familiengründung und wir bieten häufig nicht ausreichend flexible Möglichkeiten, so dass wir dann die Kolleginnen im schlimmsten Fall verlieren. Das ist doch totaler Quatsch. Dabei haben wir jetzt schon Probleme, viele Stellen zu besetzen. Das gilt auch in den Märkten. Wir haben hier ein großes Potenzial und müssen und wollen die Kolleginnen, die wir ausbilden, halten und weiterentwickeln.

Ein weiteres wichtiges Argument für mehr Frauen in der Führungsebene: Wir glauben, dass uns Vielfalt voranbringt, dass es die Qualität der Arbeit verbessert, wenn Männer und Frauen gleichberechtigt nebeneinander in Führungspositionen arbeiten und ihre unterschiedlichen Denkansätze einfließen lassen.

 

Vivien Schmitt: Schauen wir uns die Vielfalt in den Märkten an: Unsere Kunden sind in erster Linie weiblich. Aber es sind überwiegend Männer, die das Warensortiment, das Ladenlayout am Ende verantworten. Bei solchen Entscheidungen einer weiblichen Perspektive mehr Raum und Verantwortung zu geben, erscheint mir sinnvoll – zumal über 70 Prozent unserer Kunden in den Märkten weiblich sind.  Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft, der sich da draußen in unseren Märkten abbildet. Und das muss sich auch hier in unserem Unternehmen wiederfinden.

Das Gespräch führten Bettina Rees und Sebastian Amaral Anders; Fotos: Achim Bachhausen

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