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ArticleId: 1440magazineSicher arbeiten und dabei gesund bleiben. Das ist im Wesentlichen das Ziel von Arbeitsschutz in Deutschland. Für das Gelingen tragen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Verantwortung. one erklärt die Hintergründe – und welche Rechte und Pflichten Sie als Arbeitnehmer haben.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/4/3/csm_Gesund_Serie_3_Arbeitsschutz_mgt_st_2b38ab638a.jpgUnfallfrei. Gesund dabei.Sicherheit am Arbeitsplatz
Sicherheit am Arbeitsplatz
Unfallfrei. Gesund dabei.
von Bettina Rees
Lesedauer: 13 Minuten
Sicher arbeiten und dabei gesund bleiben. Das ist im Wesentlichen das Ziel von Arbeitsschutz in Deutschland. Für das Gelingen tragen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Verantwortung.
Die Zahl der Arbeitsunfälle in Deutschland sinkt seit über 20 Jahren. Zu verdanken ist das vor allem den weniger gefährlichen Arbeitsplätzen, der besseren Prävention durch Arbeitgeber, Berufsgenossenschaften und andere Beteiligte und den gesetzlichen Arbeitsschutzbedingungen, die einen wichtigen Rahmen zum Schutz der Beschäftigten bilden.

Was heißt Arbeitsschutz?

Gemeint sind alle Maßnahmen, Mittel und Methoden zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen. Die Ziele von Arbeitsschutz sind also, dass die Beschäftigen sicher, unfallfrei und möglichst gesundheitsgerecht arbeiten können.
Was heißt Arbeitsschutz für den Arbeitgeber?
Wie der Arbeitgeber die Arbeit gestalten muss, damit ein gefahrfreies und gesundheitserhaltendes Arbeiten möglich ist, regelt das Arbeitsschutzgesetz. Dabei kooperieren die Unternehmen eng mit den Berufsgenossenschaften zusammen. Zu deren Aufgaben gehören unter anderem die Prävention von Arbeitsunfällen sowie medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation. Die Berufsgenossenschaften finanzieren sich aus den Beiträgen der Unternehmer.
Marita Klinkert
Interview
„Unser Ziel: medizinisch, beruflich und sozial wiedereingliedern“
Marita Klinkert von der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) über den Unterschied zwischen Arbeitsunfall und Unfall, und warum es wichtig ist, jedes entnommene Pflaster im Verbandsbuch zu dokumentieren.
one: Frau Klinkert, als Berufstätige bin ich doch schon kranken-, renten- und arbeitslosenversichert. Wozu braucht es da noch eine Berufsgenossenschaft (BG)?
Marita Klinkert:
Eine Berufsgenossenschaft wie die BGHW ist keine private Unfallversicherung, sondern funktioniert als eine Art Krankenkasse und Rentenversicherer, wenn Menschen im Zusammenhang mit ihrer Arbeitstätigkeit verunglücken, also einen Arbeitsunfall haben. Vereinfacht gesagt: Der Krankenversicherung ist die Unfallursache egal. Wir fragen danach.

one: Was ist ein Arbeitsunfall?
Marita Klinkert:
Jeder Unfall ist immer etwas, das plötzlich passiert. Ein Sturz, ein Schlag... Einen Arbeitsunfall definiert der Gesetzgeber so: Der Unfall muss zwingend etwas mit der Arbeitstätigkeit zu tun haben. Ein klassischer Fall in unserer Branche: Dem Logistikmitarbeiter fällt eine Palette auf den Zeh. Der Marktmitarbeiter rutscht in der Obstabteilung aus.
Die Schuldfrage ist dabei völlig egal. Es gilt: Man ist dann über die BG versichert, wenn man verunfallt, während man das macht, wofür man eingestellt wurde. Das gilt übrigens auch für den Weg zur und von der Arbeit. Wenn hier ein Unfall passiert, gilt das auch als Arbeitsunfall; wir sprechen dann von einem Wegeunfall. Aber es gibt auch Ausnahmen: Wenn mir etwas während meiner Pause passiert.

one: Ein Unfall in der Mittagspause ist kein Arbeitsunfall?
Marita Klinkert: Grundsätzlich nein. Der Gesetzgeber sagt: Pause muss sein. Essen, Trinken, zur Toilette gehen, all das muss der Mensch sowieso immer und überall.

one: Werden die  Berufsgenossenschaften erst nach einem Unfall aktiv?
Marita Klinkert:
Nein. Jede BG hat eine große Präventionsabteilung, damit erst gar nichts passiert. Aber WENN etwas passiert, ist es wichtig, dass es umfassende Maßnahmen gibt. Unser Ziel ist, verunfallte Arbeitnehmer bestmöglich zu integrieren. Wir wollen sie medizinisch optimal wiederherstellen und beruflich und sozial wiedereingliedern. Bei über 90 Prozent der Fälle gelingt uns das. Natürlich sind wir gesetzlich auch zu Kompensationsleistungen verpflichtet. Bleibt der Arm nach einem Arbeitsunfall unbeweglich, zahlen wir eine Rente. Aber Geld kann man nicht essen. Es ist viel vernünftiger und ethisch zudem geboten, wenn wir ins Heilergebnis investieren, nicht erst in die Rente. Und es ist auch für den einzelnen Betroffenen besser.
Denn Arbeit bedeutet für die meisten von uns ja Identifikation, Lebensqualität, Selbstwertgefühl. Und jeder Arbeitgeber freut sich, wenn ein guter Mitarbeiter zurück ist. Und um ein bestmögliches  Heilergebnis zu erhalten, haben wir ein umfassendes Versorgungssystem entwickelt.

one: Wie funktioniert dieses System?
Marita Klinkert:
Die Versorgungsstrukturen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland sind weltweit einzigartig (siehe Kasten). Wir verfügen über ein eskalierendes Versorgungssystem, denn es gilt die Versorgung leichterer Fälle wie auch komplexer Reha-Maßnahmen nach schwerwiegenden Unfällen zu organisieren.
  1. Durchgangsarztverfahren (ambulantes Verfahren)
  2. Stationäres Durchgangsarztverfahren (DAV)
  3. Verletzungsartenverfahren (VAV) als stationäres Verfahren  für schwerwiegendere Verletzungen
  4. Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) als stationäres Verfahren zur Versorgung schwerster Verletzungsbilder wie z.B. Schädelhirnverletzungen, Polytraumata
  5. Und dann noch unsere bundesweit neun BG-Kliniken als Zentren der Maximalversorgung (SAV-Kliniken) mit besonderer Expertise auch in der Frührehabilitation bei schwersten Verletzungsbildern, zum Beispiel als Zentren für Brandverletzte.
one: Wissen Sie immer so genau, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht?
Marita Klinkert:
Die BGHW guckt sich die einzelnen Fälle genau an. Denn ja, nicht alles ist ein Arbeitsunfall, nicht alles ein Wegeunfall. Daher ist die Unfall-Anzeige in Kombination mit dem Bericht des Durchgangsarztes so wichtig. Die Unfallanzeige muss erst erstattet werden, wenn der Arbeitnehmer mehr als drei Tage erkrankt ist beziehungsweise krank sein wird.

In jedem Unternehmen gibt es diese Unfall-Anzeigenformulare, die auch auf der Website der BGHW heruntergeladen werden können, auf denen gefragt wird, was, wie und wann passiert ist. Wir werten diese Infos übrigens auch aus Präventionsgründen aus, um eventuelle Unfallschwerpunkte festzustellen, falls an ein und derselben Stelle oder Maschine öfters ein Arbeitsunfall passiert. Daher empfehlen wir Ersthelfern und Betroffenen auch, immer ins Verbandsbuch einzutragen, was rausgenommen wurde und warum.
one: Warum sollte man jedes entnommene Pflaster dokumentieren?
Marita Klinkert:
Für uns als Berufsgenossenschaft ist es unerheblich, ob sich jemand an einer Papierkante leicht in den Finger geritzt hat. Aber aus kleinen Dingen können schwerere erwachsen. Sollte jemand wegen einer kleinen Verletzung dann doch länger ausfallen, lässt sich das mit dem Eintrag ins Verbandsbuch problemlos als Arbeitsunfall nachweisen. Man muss ja keinen Roman schreiben. Es reicht das Was und Wann. Also zum Beispiel: „Am 1. April, um 14.30 Uhr, habe ich mir beim Erledigen von Buchhaltungsarbeiten an einer Papierkante in den Finger geritzt und ein Pflaster aus dem Verbandskasten entnommen“. Denn sollte es auf Grund dessen tatsächlich zur Krankmeldung kommen: Für den Arbeitgeber ist es von Interesse zu wissen, warum jemand fehlt. Und das Verbandsbuch gibt ihm einen Überblick über mögliche Unfallquellen. Man ist also gut beraten, kurz und aussagekräftig zu dokumentieren.
one: Es geht bei Ihnen ja nicht nur um geritzte Finger oder gebrochene Gliedmaßen. Opfer von Raubüberfällen, meist Marktmitarbeiter, sind häufig weniger körperlich verletzt, als vor allem psychisch traumatisiert. Auch hier ist die BGHW sehr aktiv, zusammen mit Psychologen unterstützt sie die Opfer, es gibt Soforthilfen und langfristige Unterstützung.
Marita Klinkert:
Unsere Tätigkeit hat eine neue Dimension durch Großschadensereignisse erhalten. Der Amoklauf in der Münchner Einkaufspassage, der Mann, der mit der Axt durch den Düsseldorfer Bahnhof lief, der Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Dabei sind immer auch Händler unmittelbar betroffen. Nach München meldeten sich rund 260 BGHW-Versicherte bei uns, sie waren unmittelbar oder mittelbar von dem Amoklauf betroffen und litten an den Folgen dieses traumatischen Ereignisses, konnten nicht mehr schlafen... Das sind psychische Auswirkungen, dafür bieten wir unseren Versicherten psychologische Beratung an, genauso wie den Opfern von Raubüberfällen.

Hier kooperieren wir sehr gut mit REWE, gemeinsam haben wir ein funktionierendes System aus Prävention, Akutintervention und psychologischer Nachsorge entwickelt.
Was heißt Arbeitsschutz für die Arbeitnehmer?
Muss der Arbeitgeber für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen, so sind die Beschäftigten in der Pflicht, ihn darin zu unterstützen. Zum Beispiel durch ihr Engagement ehrenamtliche Ersthelfer oder Brandschutzhelfer.*

„Wir sind die letzten, die das brennende Stockwerk verlassen“
Hanna Wagenblaß
Seit zehn Jahren bei Penny, seit sieben Jahren in der Zentrale der Penny-Region Wiesloch, wo sie für ihr Stockwerk Brandschutzhelferin ist. „Pro Stockwerk sind wir sechs Brandschutzhelfer. Zwei Etagenbeauftragte, zwei Treppenhausordner und zwei Ordner bei den Aufzügen. So ist auch in der Urlaubszeit gewährleistet, dass immer jemand von uns da ist. Im Brandfall sähe es dann so aus: Einer von uns steht am Fahrstuhl und passt auf, dass niemand mehr einsteigt. Einer bewacht die Treppenhaustür, und ich als Etagenbeauftragte kontrolliere mit zwei weiteren Ordnern die Räume, ob sie leer sind. Die Türen der geprüften Räume markiere ich dann. Das ist wichtig, damit die Feuerwehr sofort weiß, in welchen Räumen sich keine Menschen mehr befinden. Im Brandfall sind wir Etagenbeauftragten die letzten, die das Stockwerk verlassen. Zum Start unserer nebenamtlichen Tätigkeit gab es zuerst zwei Schulungen, eine theoretische und eine praktische, die von unserer achkraft für Arbeitssicherheit organisiert und von einem Brandschutzexperten durchgeführt wurden. Hierbei lernten wir auch den Einsatz mit verschiedenen Feuerlöschern. Richtig spannend fanden wir das Löschen von Ölbränden sowie brennenden Gasleitungen.

Einmal jährlich gibt es für uns Brandschutzhelfer eine Notfallübung. Die letzte Übung war sehr realistisch. Es wurde zum Verrauchen unserer Etage eine Nebelmaschine eingesetzt. Zuerst konnten wir nicht erkennen, ob es sich um einen Ernstfall handelte. Denn wegen des Einbaus einer Klimaanlage im Gebäude hatten wir tatsächlich Schweiß- und Lötarbeiten in unserer Decke. Dass es sich nicht um einen Ernstfall handelte, merkten wir nur daran, dass der Rauch nicht beißend war. Alles hat gut funktioniert, die Mitarbeiter auf unserer Etage verließen ruhig das Stockwerk und trafen sich alle am Sammelplatz.
Im Nachgespräch hat uns allerdings der Brandschutzexperte, der selbst Hauptbrandmeister bei der Feuerwehr ist und die Übung beobachtet hat, ein Feedback gegeben und uns auf Fehler aufmerksam gemacht, die uns im Ernstfall das Leben gekostet hätten: Das Gefährlichste bei einem Brand ist der Rauch. Und auch für uns als Brandschutzhelfer geht die Eigensicherung vor. Wenn die Etage zu stark verraucht ist, müssen auch wir uns in Sicherheit bringen und alles Weitere den Profis von der Feuerwehr überlassen, die ja über Atemschutzgeräte verfügen. In diesem Fall ist es unsere Aufgabe, der eintreffenden Feuerwehr detaillierte Angaben über die Lage in den Etagen zu geben. Je besser unsere Informationen, desto besser können die Feuerwehrleute ihren Job machen.

Ein weiteres Feedback aus der Übung war, dass wir die Feuerlöscher zur Hand nehmen sollten und diese bei Entstehungsbränden auch benutzen sollten. An die hatten wir in der ganzen Aufregung überhaupt nicht mehr gedacht. Man kann definitiv sagen, dass mir diese Aufgabe gefällt und meinen Horizont erweitert hat. Ich weiß nun, wo bei uns in der Zentrale die Feuerlöscher oder die Alarmauslöser angebracht sind, welches die Rettungswege sind und wie ich im Brandfall die Feuerwehr mit meiner Hilfe sinnvoll unterstützen kann.

Kurz: Ich finde eine solche Aufgabe total interessant und sinnvoll. Es ist eine Selbstverständlichkeit zu helfen und es bedarf keines großen Zeitaufwands.“
Ulrich Meyer vor einem der 100 Notausgänge

„Wir prüfen dreimal täglich 100 Notausgänge“
Ulrich Meyer
Seit 1976 bei REWE tätig, 25 Jahre davon als Lagerleiter in Dietzenbach, das seit Juli 2016 von toom Baumarkt betrieben wird. Das Besondere an diesem Logistikzentrum: Es ist mit 216.000 Quadratmeter nicht nur einmalig groß, sondern auch als gewachsene Struktur über vier Straßenzüge verteilt. Das macht Tag für Tag eine große Anzahl von Sicherheitsmaßnahmen notwendig, die Ulrich Meyer in seiner ehrenamtlichen Funktion als Sicherheits- und Brandschutzbeauftragter verantwortet. Sein Tag verteilt sich zu gleichen Hälften auf die Mitarbeit in der Lagersteuerung und auf Brandschutz/Sicherheit.

„Wir kontrollieren drei Mal täglich alle Gebäude, vor allem mit Blick auf den Brandschutz: Sind alle Notausgänge frei oder werden sie als Abstellfläche genutzt, steckt ein Fahrstuhl, ist eine Tür verbogen? Wir prüfen alle zwei Wochen, ob Regale beschädigt sind, und auch die   Schädlingsbekämpfung gehört dazu...

Alleine, wenn man die rund 100 Notausgänge überprüft in solch einem Lager, da ist man unterwegs. Wenn ein Notausgang zugestellt ist, weil angeblich Platzmangel herrscht, dann lasse ich das nicht gelten. Das geht einfach nicht. Da bin ich schon ein bisschen stur.

Warum ich dieses Ehrenamt seit Jahrzehnten ausübe? Als Lagerleiter war ich ja  ohnehin immer verantwortlich und mich hat das immer interessiert. Und ich organisiere gern, mir macht es Spaß, wenn alles funktioniert.
Ich schule viele Mitarbeiter und versuche sie zu überzeugen, wie wichtig das Thema ist. Wir sind verpflichtet, pro Halle einmal pro Jahr eine Evakuierungsübung durchzuführen, einmal jährlich kommt noch eine Unterweisung in Brandschutz dazu. Ich denke, dieses strenge Brandschutz- und Sicherheitskonzept ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf den Brand am Düsseldorfer Flughafen vor einigen Jahren. Mir macht es meine Tätigkeit leichter, denn alles wird nun dokumentiert, die Mitarbeiter müssen bei jeder Schulung und jeder Unterweisung unterschreiben, dass sie teilgenommen haben.

Ich selbst habe hier zum Glück noch keinen größeren Brand erlebt. Was wir trotz aller Unterweisungen nicht ganz vermeiden können, sind Arbeitsunfälle. Zum Beispiel Schnittverletzungen, trotz unserer Sicherheitsmesser. Wenn der Verunfallte aus dem Krankenstand zurück ist, suchen wir das Gespräch und gehen in Zusammenarbeit mit unserer Fachkraft für Sicherheit die Situation nochmals durch. Man muss trotz der Schulungen immer viel erklären. Wir sind halt alle nur Menschen.“
Eine kleine Geschichte des Arbeitsschutzes in Deutschland.
Wilhelm, Otto und die Fabrikarbeiter
Arbeitsschutz und Unfallverhütung sind heute für jedes Unternehmen selbstverständlich. Das war nicht immer so. Die Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde vor allem von Fabrikarbeitern und deren Kindern ermöglicht, die unter katastrophalen Bedingungen schuften mussten.
Die Arbeit in Bergwerken, an Dampfmaschinen oder Webstühlen war hoch gefährlich. Wer sich verletzte, war nicht abgesichert, verlor Arbeit, Einkommen, Existenz. Eine Krankenversicherung für ihre Arbeiter boten nur einige Exoten unter den Unternehmern an.

Der Weg zu einem umfassenden Arbeitsschutz war lang.

1839 schränkte Preußen die Kinderarbeit ein. Für Kinder unter neun Jahren war sie ganz verboten, bis zum 16. Lebensjahr wurde sie auf zehn Stunden pro Tag begrenzt. Wenig später stellte der Staat Fabrikinspektoren ein, die den Arbeitsschutz überprüften.

Bis heute wegweisend für das deutsche Arbeitsleben waren die Jahre 1881 bis 1889:
Unter Reichskanzler Otto von Bismarck entstanden die Sozialgesetze, mit denen die Situation der Industriearbeiter verbessert werden sollte. Der erfahrene Politiker Bismarck dachte aber nicht nur als Wohltäter, er wusste ganz genau um die politische Sprengkraft sozialer Ungleichheiten.
Krankenversicherung für Arbeiter seit 1883
In den Sozialgesetzen finden sich unter anderem die Krankenversicherung der Arbeiter (1883), die Krankengeld, ärztliche Behandlung, Krankenhaus, Sterbegeld und Mutterschaftshilfe regelt, sowie das 1884 verabschiedete Unfallversicherungsgesetz. Es regelt Unfallrente, medizinische Heilbehandlung, Unfallverhütung. Träger der Unfallversicherung waren die eigens dafür gegründeten Berufsgenossenschaften.
1888 wird Wilhelm II., der den Arbeitsschutz weiter ausbauen will, Kaiser. Drei Jahre später wird das Arbeiterschutzgesetz verabschiedet: Unfall- und Gesundheitsgefahren werden nicht länger Opfer auf dem Alter des Fortschritts oder Schuld des verunfallten Arbeiters betrachtet: Jetzt sind die Unternehmen in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Im ersten Weltkrieg wird der Arbeitsschutz aufgehoben
Sonntagsarbeit in der Industrie wird generell verboten und in Handel und Gewerbe auf maximal fünf Stunden begrenzt. Kinder unter 13 Jahren dürfen nicht mehr in Fabriken arbeiten, Frauen nicht länger als elf Stunden. Die Nachtarbeit für Frauen und Kinder unter 16 Jahren wird verboten.
Im ersten Weltkrieg wird der Arbeitsschutz für Kinder, Jugendliche und Frauen wieder aufgehoben, nach Kriegsende sofort wieder eingeführt und sogar verschärft.

In der Weimarer Republik erfüllt sich der Wunsch der Arbeiterbewegung nach dem Achtstundentag, die  Nationalsozialisten verbessern unter dem Motto „Schönheit der Arbeit“ Mutterschutz und Arbeitsplatzbeleuchtung. Arbeitssicherheitsgesetz 1974 ist Meilenstein
In der Bundesrepublik Deutschland markiert 1974 das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) einen Meilenstein. Betriebe sind von nun gesetzlich dazu verpflichtet, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit als Berater in die betriebliche Sicherheitsarbeit einzubeziehen.
Heute müssen Arbeitgeber die Beschäftigten vor Chemikalien, Krankheitserregern, Gefahrstoffen, Lärm, schweren Maschinen und anderen arbeitsbezogenen Gefahren schützen. Prävention spielt eine wichtige Rolle. Zudem muss der Arbeitgeber seine Angestellten im Hinblick auf alle Sicherheitsmaßnahmen in seinem Betrieb unterweisen. Seit 2013 sind auch psychische Belastungen, die am Arbeitsplatz auftreten können, im Arbeitsschutzgesetz verankert.
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