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ArticleId: 2244magazineWenn Einheimische und Flüchtlinge in einem Markt zusammenarbeiten, räumen sie nicht nur gemeinsam Regale ein, sondern auch mit gegenseitigen Vorurteilen auf. Wie das bei REWE funktioniert, erzählen Ibrahim Dourra Maiga und REWE-Azubi Tesfamariam Isaac Kiflu.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/f/4/csm_Diversity_Teil4_mgt_st_5d9597cfbb.jpgVon Integrationswilligen und HilfsbereitenFlüchtlinge bei REWE
Vielfalt bei der REWE Group: Flüchtlinge
„Die Deutschen helfen gerne, wenn man sich integrieren will“
von Bettina Rees und Stefan Weber

Flüchtlinge sind fleißiger als von vielen deutschen Kollegen befürchtet, Deutsche wiederum wesentlich herzlicher als ihr Ruf: Wenn Einheimische und Geflüchtete in einem Markt zusammenarbeiten, räumen sie nicht nur gemeinsam Regale ein, sondern auch mit gegenseitigen Vorurteilen auf. Voraussetzung für gelungenes Teamwork: Integrationsbereitschaft und Spracherwerb von der einen Seite, fachliche Unterstützung und persönliche Hilfsbereitschaft durch die andere Seite.

Wie genau das Miteinander funktionieren kann, hat one zwei REWE-Kollegen gefragt, die es wissen:  Ibrahim Dourra Maiga, Integrationskoordinator der REWE-Region Süd, und REWE-Azubi Tesfamariam Isaac Kiflu, der aus Eritrea nach Deutschland flüchtete.


REWE-Azubi Tesfamariam Isaac Kiflu
„Leute, lernt die Sprache und macht eine Ausbildung“

REWE-Azubi Tesfamariam Isaac Kiflu, 29 Jahre alt, flüchtete vor sieben Jahren aus Eritrea nach Deutschland. Es dauerte nicht lange, bis er merkte: Ohne Sprache und Ausbildung keine Integration. Und: Die meisten Deutschen sind hilfsbereit und freundlich… 

„Deutschland, das ist eine ganz andere Welt. Die Sprache, die Kultur, einfach das ganze System unterscheidet sich sehr von meiner Heimat Eritrea. Aber als ich hier ankam, habe ich mir gesagt: ´Da Du hier leben wirst, integriere Dich, lerne die Sprache und mach eine Ausbildung.`

Einfach war das nicht, und ich habe am Anfang ziemlich gekämpft. Nicht nur mit der Sprache, auch mit der Kultur. Und auch die Arbeitskultur ist eine andere. Bei uns zum Beispiel läuft vieles manuell, hier funktioniert fast alles per Computer. 
Mittlerweile ist alles okay, ich komme gut klar. Aber der Anfang war schwierig, auch weil die Menschen hier so anders miteinander umgehen. In meinem Herkunftsland leben wir mit der Familie auf engem Raum zusammen und unterstützen einander. Hier trifft jeder seine eigenen Entscheidungen, führt sein eigenes Leben und hält Abstand zu anderen. 

Aber ich habe schnell gemerkt, dass die Menschen hier in Deutschland gar nicht so distanziert sind, wie ich dachte. Als die Leute sahen, dass ich mich wirklich integrieren will und dafür kämpfe, hier anzukommen, da habe ich sehr viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung erfahren. Die Menschen hier helfen gerne, wenn sie sehen, dass man sich bemüht. Mein Nachbarn Wilfried Heimel zum Beispiel: Er hat mir beim Umzug geholfen und beim Formulieren von Bewerbungsschreiben. Meine Erfahrungen in Deutschland, mit den Deutschen sind überwiegend positiv. 

Mit meiner beruflichen Situation bin ich sehr zufrieden, eine Ausbildung bei REWE würde ich anderen Flüchtlingen jederzeit empfehlen. Ich hatte vor einigen Wochen mein Übernahmegespräch und werde nun nach der Ausbildung in einen Markt nach Taunusstein versetzt. Das finde ich ganz gut, denn dort treffe ich wieder neue Kollegen, lerne andere Dinge dazu.

Mein Tipp für Menschen in einer ähnlichen Situation? Leute, lernt die Sprache! Macht eine Ausbildung!“ 

Tesfamariam Isaac Kiflu absolviert derzeit in einem REWE-Markt in Niedernhausen (Region Mitte) eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Nach Beendigung seiner Ausbildung im Juni 2019 wird er ins Taunusstein REWE Center in die Feinkost-Abteilung/Service-Abteilung wechseln.

„Die größte Überraschung
ist, dass Arbeit tatsächlich
bezahlt wird“

Ibrahim Dourra Maiga, 37, ist in Mali geboren, hat in China studiert und lebt seit mehr als 13 Jahren in Deutschland. Als Integrationskoordinator der Region Süd weiß er, mit welchen Vorurteilen deutsche Kollegen und Geflüchtete einander häufig begegnen.

one: Herr Maiga, immer mehr Migranten bei uns haben einen Job und auch die schulischen Leistungen verbessern sich kontinuierlich. Das sagt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Integration aller Zugewanderten in Deutschland. Wie sieht es denn bei der Integration speziell von Geflüchteten aus? Wie verläuft der Prozess bei REWE?
Ibrahim Dourra Maiga: Die Zahl der nach Deutschland geflüchteten Menschen ist 2018 erneut zurückgegangen. Aber ihr Interesse an einer Tätigkeit bei REWE ist deutlich gestiegen und auch wir haben mehr Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt.  Allein in Bayern haben sich 235 Geflüchtete um einen Ausbildungsplatz oder um die Teilnahme an berufsvorbereitenden Maßnahmen beworben. 55 haben wir übernommen. Dazu kommen 27 Praktikanten. Wirklich zufrieden bin ich aber erst, wenn möglichst viele junge Kollegen ihre Ausbildung erfolgreich abschließen und bei uns bleiben.

one: Welche Rolle spielen Sprachkenntnisse? Es heißt immer wieder, viele Bewerber scheiterten an fehlenden Deutsch-Kenntnissen.
Ibrahim Dourra Maiga: Die Sprache ist neben privaten und finanziellen Sorgen eine der größten Herausforderungen für Menschen, die vor allem aus Syrien, Somalia, Eritrea, dem Iran oder dem Irak zu uns kommen. Schließlich ist es nicht einfach, die deutsche Sprache zu erlernen. Noch komplizierter wird es, wenn typische Begriffe aus dem Handel oder der REWE-Welt dazukommen. Fachwörter oder Abkürzungen beispielsweise. Aber das geht wir jetzt gezielt an.

„Hier gibt es keine so strengen Hierarchien wie in meinem Heimatland. Der Chef ist keine gottähnliche Kreatur.“
Zitat Ibrahim Dourra Maiga: Was hat Sie in Deutschland überrascht?

one: Wie?
Ibrahim Dourra Maiga: Wir haben ein Konzept für ein Video entwickelt, in dem REWE-Fachbegriffe anschaulich und leicht verständlich erklärt werden. Ich denke, das könnte auch vielen Muttersprachlern, die neu zu REWE kommen, den Start erleichtern. Aber noch ist es nicht so weit. Zunächst müssen wir das Konzept technisch umsetzen.

one: Wie funktioniert das Miteinander verschiedener Kulturen am Arbeitsplatz?
Ibrahim Dourra Maiga: Aus den Gesprächen mit Marktleitern weiß ich, dass deutsche Mitarbeiter häufig Bedenken und Vorurteile haben, wenn neue Kollegen etwa aus Syrien oder dem Irak hinzukommen. Das reicht von angeblich fehlender Arbeitsmoral, Affinität zu Diebstahl bis zu der Annahme, Menschen aus diesen Ländern würden kein Schweinefleisch anfassen. Wenn die Geflüchteten dann im Markt sind und man sich gegenseitig kennenlernt, lösen sich solche Vorstellungen schnell in Luft auf. Mehr noch: Deutsche Mitarbeiter werden neugierig, möchten mehr über Schicksal und Lebensumstände der ausländischen Kollegen erfahren. 

one: Aber auch Geflüchtete werden ihre Vorbehalte haben, wenn sie mit Deutschen zusammenarbeiten sollen.
Ibrahim Dourra Maiga: Natürlich ist das so. Sie treten ihre Arbeit häufig in dem Glauben an, Deutsche seien eher unfreundlich, stur und sehr distanziert.  Aber auch sie stellen sehr oft nach einer Weile fest, dass das gar nicht immer so stimmt. Dass es viele Kollegen gibt, die sie einladen und ihnen helfen, hier anzukommen.

one: Was ist für geflüchtete Menschen die größte Überraschung auf dem deutschen Arbeitsmarkt?
Ibrahim Dourra Maiga: Die Tatsache, für ihre Arbeit zuverlässig und pünktlich bezahlt zu werden. Also eigentlich eine Selbstverständlichkeit – für uns. Aber in ihren Heimatländern haben Geflüchtete oft die Erfahrung gemacht, auf ihren Lohn lange warten zu müssen oder gar kein Geld für ihre Arbeit zu erhalten. 

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