Blended Learning, also die Mischung aus Online- und Präsenzlernen, hat einen Teil der klassischen Präsenzseminare ersetzt und animiert zum selbstgesteuerten Lernen auf die spielerische Art. Rund 5.200 junge Menschen bereiten sich bei REWE aktuell auf ihre Prüfungen und den innerbetrieblichen Unterricht vor und lernen mit Tablets und einer eigenen Online-Plattform nach diesem Lernkonzept. Avatar „Oskar“ steht ihnen als virtueller Lernbegleiter zur Seite.
Dass die REWE-Azubis Jahr für Jahr zu den Besten der Branche gehören, ist auch der Verdienst der betrieblichen Förderung. Neben den etablierten Präsenzseminaren sind zunehmend auch moderne Methoden gefragt, die – zeitlich und räumlich unabhängig – den Auszubildenden einen spielerischen Zugang zum Wissen ermöglichen. Kurzum: die Mischung macht’s.
Digital Natives werden abgeholt
Mit ihrer Lernwelt für Azubis hat REWE den Nerv der so genannten Digitial Natives getroffen. Das neue Lernangebot bietet gleich mehrere Vorteile:
- Die Reduktion des Präsenzunterrichts bei gleichzeitig höherer Betreuungsintensität durch den Trainer
- Die Ausbildungsinhalte sind mobil verfügbar
- Ein transparentes Reporting über die Lernergebnisse für Auszubildende, Trainer und HR Bereich
Ergänzend zur REWE-Lernwelt, die als soziales Netzwerk die Grundlage für den Austausch zwischen Auszubildenden und Trainern schafft und den Raum für selbstgesteuertes Lernen zur Verfügung stellt, trifft REWE mit zwei weiteren Innovationen den Zahn der Zeit: „Lernen mit Beacons“ und die App „Frisches Wissen“ sind zwei inzwischen preisgekrönte Lernkonzepte aus dem Bereich des „Mobile Learnings“. „Die REWE-Lern-App ´Frisches Wissen´ ist ein perfekt zugeschnittenes Lernangebot für die Azubis und andere Mitarbeiter, das den Zeitgeist trifft. Gelernt werden kann vollkommen selbstgesteuert: Wann, wie und wo der Lernende das gerade wünscht“, sagt Juliane Rohner, HR-Expertin für Blended Learning im Kompetenzcenter National. Quiz, Glossar und Karteikarten wurden digital transformiert. Und der Bereich „Highscore“ regt zum Wettbewerb der Masterminds an.
Die Brücke vom digitalen Lernen in den Markt schließlich schlägt das „Lernen to Go“ mit Beacons, die am Point of Sale installiert sind. Bei den Beacons handelt es sich um Bluetooth-Sender, die beispielsweise eine digitale Schnitzeljagd im Supermarkt ermöglichen. Juliane Rohner: „Damit findet das Lernen mit direktem Bezug zu Produkten und Prozessen statt und wird zum Erlebnis.“
So wird nicht nur der REWE-eigene Nachwuchs animiert, seine Warenkenntnis direkt am Regal zu erweitern. Selbst Außenstehende finden an dem spielerischen Transfer von Theorie und Praxis Gefallen, wie sich im vergangenen Jahr beim Besuch einer Berufsschulklasse in einem Kölner REWE-Markt zeigte.
Mit dem Einsatz von Tablets und der Beacon-Technologie ermöglicht REWE eine digitale „Schnitzeljagd“ im Supermarkt und vermittelt so Produkt- und Prozesswissen zeitgemäß und nachhaltig. Das Konzept ist nun mit dem „Human Resources Excellence Award“ im Bereich Wissensmanagement – Learning & Development ausgezeichnet worden.
600.000 Kurse pro Jahr
Sowohl das kontinuierliche Auffrischen von Fachwissen als auch die Weiterbildung der Mitarbeiter im Beruf ist sehr wichtig. Dafür hat REWE bereits seit 2010 das klassische E-Learning am stationären Computer im Supermarkt etabliert. Rund 600.000 Kurse pro Jahr schließen die Mitarbeiter ab. Ergänzend dazu setzt das Handelsunternehmen verstärkt auf mobiles Lernen und neue Technologien.
Beacon-Safari im Supermarkt
Im September 2016 wurde das „Beacon-Projekt“ pilotiert: Durch das Lernen mit mobilen Endgeräten in Kombination mit speziellen Sendern im Supermarkt wird die Wissensvermittlung zu einer innovativen Lernerfahrung. Zudem werden verschiedene Lerntypen angesprochen und Lerninhalte direkt am Produkt oder am Prozess – zum Beispiel im Wareneingang – selbstgesteuert gelernt.
Bei der Beacon-Safari war volle Konzentration gefordert | Foto: Achim Bachhausen
„Da E-Learning in der Regel isoliert am Computer stattfindet, befindet sich der Lerner zum Zeitpunkt des Lernens nicht am Produkt, wo das Wissen angewandt werden muss“, erklärt Katharina Ebel, HR-Expertin bei REWE, den Impuls für das Projektkonzept. „Um das Ziel eines direkten Transfers von der Theorie in die Supermarktpraxis zu erreichen, nutzen wir nun die Beacon-Technologie. Diese ermöglicht es, Produkt- und Prozesswissen digital und nachhaltig zu vermitteln. Gleichzeitig wird mit dieser Technik eine junge, IT-affine Zielgruppe optimal adressiert.“
Spielend lernen
Folgendermaßen läuft der Lernprozess konkret ab: Bei dem „Beacon-Projekt“ erkundet der Lerner mit einem Tablet den Supermarkt und erhält an für ihn nicht bekannten Lernstationen durch einen Sender (Beacon) eine Mitteilung auf sein Tablet. Hinter der Nachricht verbirgt sich ein Lerninhalt, der direkten Bezug zur Fachabteilung oder einem Produkt an dieser Stelle im Markt besitzt.
Michaela Wagner, Teamleiterin E-Learning bei Toom „Von Projektbeginn an war uns klar: Wenn wir neue Lernformate anbieten möchten, dann benötigen wir auch das entsprechende Werkzeug“, erinnert sich Michaela Wagner, Teamleiterin E-Learning bei Toom. Zum Beispiel einen virtuellen Seminarraum, der den vielfältigen Trainingsansätzen und Lernkonzepten gewachsen ist. An der Auswahl und dem Rollout des Tools war das Team Personalentwicklung entscheidend beteiligt – ein großer Vorteil, so Wagner: „So konnten wir auswählen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Software zu unseren Anforderungen passte.“
Inzwischen ist das Online-Konferenztool erfolgreich eingeführt, und wird auch von anderen Fachbereichen für Meetings und interne Absprachen regelmäßig genutzt.
Nun geht es auf das nächste Ziel zu: das Lernangebot im Bereich virtueller Trainings zu erweitern. Zunächst unter dem Arbeitstitel ‚Live Online Trainings’ sind weitere Formate in Vorbereitung. Parallel dazu entstehen einige Blended Learning-Konzepte, die zum Teil auch schon umgesetzt werden: Seit Mai 2017 werden den Azubis vorbereitend auf die Prüfungen verschiedene Lernvideos bereitgestellt. Darüber hinaus werden sie online regionsbezogen in Foren betreut. Zu den bestehenden Präsenztrainings ist dieses Konzept bereits heute ein stimmiges und abwechslungsreiches Blended Learning-Angebot im Rahmen der Ausbildungsjahre.
<div>Geplant sind weitere Formate wie</div>
- Live-Online-Trainings
- Webinare
- Vorbereitungen für Präsenztraining
- Nachbereitungen von Seminaren
- Kick-Off Veranstaltungen
- kurzfristiger Austausch und gemeinsames Arbeiten an Dokumenten (zum Beispiel Drehbuchkorrektur für digitale Lernformate)
- Konferenzen
- Coachinggespräche im NFP Programm
Robert Craig Murray
Englisch Lernen per Online-Kurs auf dem Tablet? Robert Craig Murray, seit 13 Jahren Lehrer an der Sprachschule Berlitz in Krefeld, hält das für eine gute Sache. „Aufgrund der technischen Möglichkeiten kann Lehren und Lernen heute sehr viel vielfältiger und individueller gestaltet werden als noch vor zehn Jahren. Dennoch geht meiner Meinung nach nichts über ‚Live-Teaching’ auf der persönlichen Ebene“, betont der Brite. Murray arbeitet nach der Methode des „Natural Approach“, die sich an der natürlichen Art des Spracherwerbs orientiert. So wie Kinder ihre Muttersprache erlernen - unterbewusst, nie durch Regeln, sondern durch Hören und schrittweises Verstehen. Ziel des Natural Approachs ist die kommunikative Kompetenz, nicht die grammatikalische Perfektion. „Das heißt: Kein Frontalunterricht, sondern interaktives Lernen – natürlich je nach Niveau und Kundenbedarf“, sagt der Sprachlehrer.
Murrays Auftraggeber sind vor allem international orientierte Unternehmen, die von ihren Mitarbeitern erwarten, dass sie in Englisch kommunizieren können. „Ich habe sehr unterschiedliche Schüler. Mal unterrichte ich Vertreter des oberen Managements, die ihre Englisch-Kenntnisse verfeinern wollen. Mal Lagerarbeiter, die lediglich einige Basics benötigen, um sich mit LKW-Fahrern oder Lieferanten austauschen zu können.“ Lerngruppen sollten Murray zufolge nicht mehr als fünf, sechs Teilnehmer umfassen. Gut sei es, wenn die Lernenden ähnliche Kenntnisse besitzen. „Wenn es innerhalb einer Gruppe unterschiedliche Niveaus gibt, so lässt sich das aber auch gezielt nutzen: Indem man die Stärkeren als Zugpferde für die Gruppe einsetzt. Wichtig ist, dass jeder Teilnehmer einen möglichst großen Sprechanteil bekommt“, sagt der Sprachlehrer.