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Lesedauer: 6 Minuten
Quereinstieg im HR-Bereich
„Nicht das perfekte Profil, aber die passende Persönlichkeit“
von Bettina Rees

Einst als Offizierin und Weltmeisterin erfolgreich, suchen Melanie Günther und Isabel Schneider heute Talente für die REWE Group. Als Quereinsteigerinnen wissen sie aus eigener Erfahrung: Fehlendes Fachwissen kann man erlernen – vorausgesetzt, man bringt Fähigkeiten wie Lernbereitschaft, Biss und Motivation mit. Ein Gespräch über Bälle in der Luft, Unternehmenswerte und den Mut von Führungskräften, über den Tellerrand zu rekrutieren.

Isabel Schneider one: Melanie, Isabel, unser Thema ist ja, wie Quereinsteiger:innen als Mitarbeitende unser Unternehmen bereichern. Bevor wir einsteigen, auf welchen Wegen seid ihr beide zur REWE Group gekommen? 
 
Melanie Günther: Ich habe mich nach dem Abitur für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet, und im Rahmen der Offizierausbildung Pädagogik studiert. Nach dem Studium bin ich nicht mehr zurück zu den Gebirgsjägern gegangen, wo ich meine Grundausbildung absolviert hatte, sondern wurde als Zugführerin in einer Ausbildungseinheit verantwortlich für 48 Feldwebelanwärter:innen und vier Gruppenführer. Parallel dazu habe ich berufsbegleitend Psychologie an der Fernuniversität Hagen studiert. 2014 hatte ich den Wunsch und die Chance, mich in Richtung Personalmanagement zu entwickeln: Im Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr in Köln kümmerte mich um die eignungsdiagnostische Auswahl zukünftiger Offiziersanwärter: innen. Als mein 12-Jahres-Vertrag auslief, verließ ich die Bundeswehr mit viel Berufserfahrung und zwei Studienabschlüssen in der Tasche. Und über einen ehemaligen Kameraden, der einige Jahre vor mir zur REWE Group gegangen war, kam ich dann auf die Idee, mich hier zu bewerben 

Isabel Schneider: Nach dem Abi habe ich in Köln Betriebswirtschaftslehre studiert, parallel dazu verschiedene Praktika absolviert - und Leistungssport betrieben. Erst Volleyball in der Halle, im Sommer dann Beachvolleyball. BWL hat mir viel Freude gemacht – wenn ich mal in der Uni war. Wenn man für zwei Dinge brennt wie ich damals, also Leistungssport und Studium, ist es nicht so leicht, alles unter einen Hut zu bekommen. 2017 wurde ich zur Nationalspielerin ernannt, schloss meinen Bachelor ab und konzentrierte mich dann einige Jahre voll auf den Sport. Damit wurde ich in die Sportfördergruppe der Bundeswehr aufgenommen. Von 2017 bis 2024 war ich also Teil der Bundeswehr – der Trainingsplan war zugleich mein Dienstplan - und habe Deutschland an verschiedenen Stränden der Welt repräsentiert. Ich wurde U 23-Weltmeisterin und Deutsche Meisterin und nahm an einigen Welt- und Europameisterschaften teil.  

Nach der verpassten Olympiaqualifikation spürte ich 2023, dass ich es nicht mehr schaffe, nochmal die 100 Prozent zu geben, die es für erfolgreiche Ergebnisse braucht. Gleichzeitig freute ich mich auf einen neuen Lebensabschnitt und entschied mich, meinen Berufseinstieg vorzubereiten. Natürlich gab es Unsicherheiten, das geht allen Sportler:innen so, die ihre Karriere aufgeben und sich in andere Gefilde wagen. Aber ich wusste, wo ich hinwill, absolvierte einige Weiterbildungen und bewarb mich im Sommer 2024 bei der REWE Group, genauer gesagt bei Melanie im Talent Sourcing. 

one: Warum bewarbst du dich bei der REWE Group? 

Isabel Schneider: Mir war wichtig, mich mit einem Unternehmen identifizieren zu können. Da war die REWE Group ziemlich weit vorne. Als ich die Stellenausschreibung für Melanies Team fand, hab ich´s einfach probiert. 

one: Hat bei der Bewerbung geholfen, dass ihr beide ein ähnliches „Vorleben“ hattet, Stichwort Bundeswehr? 

Melanie Günther: Isabels Lebenslauf hat mich neugierig gemacht. Ich hatte lange Zeit selbst viel Sport getrieben und ein ganz anderes Bild von Leistungssportler:innen. Es ist sehr selten, dass sie, wie Isabel, zuerst parallel zum Sport ein Studium absolvieren und dann nochmal mit vollem Fokus in den Profisport einsteigen. Das ist sie richtig klug angegangen. Es war aber nicht nur ihr Timing. Sie hatte zudem durch Praktika Erfahrungen in verschiedenen Konzernen gesammelt und Weiterbildungen absolviert. Also wollte ich sie gerne kennenlernen. Sie hatte sicherlich nicht das perfekte Talent Sourcer-Profil, aber nach dem zweiten Gespräch war uns klar: Isabel bringt von ihrer Persönlichkeit, von ihren persönlichen Skills genau das mit, was wir für die Tätigkeit brauchen.

one: Welche Fähigkeiten sind das, die sie als Talent Sourcerin qualifizierten? 

Melanie Günther: Sie ist kommunikativ, extrovertiert, an Menschen interessiert. Und bringt ein echtes „Vertriebs-Gen“ mit, denn wir müssen die Jobs ja zu den Talenten da draußen bringen.

„Zum Glück traf ich hier auf ein Team, das mir zugetraut hat, dass ich alles lernen kann.“
Isabel Schneider

one: Wie hast du diese Bewerbungsphase empfunden, Isabel? 

Isabel Schneider: Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut – mir aber auch viele Gedanken gemacht. Denn mehr als Praktika und meine Weiterbildungen hatte ich ja nicht vorzuweisen. Die Zeit im Leistungssport ist Berufserfahrung, aber es braucht jemanden, der das auch so wahrnimmt. Ich bin sicherlich ein gutes Beispiel für skill-basiertes Recruiting, also für das Rekrutieren wegen persönlicher Fähigkeiten, Eigenschaften und der Bereitschaft, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Und zum Glück traf ich hier auf ein Team, das mir zugetraut hat, dass ich alles lernen kann.

one: In welchen Fähigkeiten und Eigenschaften ähnelt ihr euch als Quereinsteigerinnen? 

Melanie Günther: Teamplay, Zusammenhalt. 

Isabel Schneider:  Wir haben eine klare Kommunikation. 

Melanie Günther: Leistungsmotivation und Durchhaltevermögen verbindet uns beide. Der Talentmarkt ist so unberechenbar, da braucht es einen langen Atem. Und die Fähigkeit, mit Misserfolgen umzugehen und dabei positiv zu bleiben, haben wir beide. 

Isabel Schneider: Organisationsfähigkeit. Um ein Bild aus dem Sport zu nehmen: Wir haben immer viele Bälle gleichzeitig in der Luft. Da muss man priorisieren können. Bei Melanie erlebe ich, wie sie die Themen im Blick behält und die richtigen Schritte vornimmt. Das war sicherlich auch ein Learning aus ihrer Bundeswehrzeit.

Melanie Günther: Das Bild greife ich mal auf. Isabel hatte die Bälle Sport und Studium gleichzeitig in der Luft. Da braucht es kreative Lösungen und Denkansätze, um die Doppelbelastung zu meistern. Danach habe ich gesucht, als wir die Stelle ausschrieben, nach frischen Impulsen. Dennoch habe ich etwas länger darüber nachgedacht, ob ich Isabel einstelle. Sie hatte ja keine praktische Erfahrung in unserem konkreten Berufsfeld.  
 

„Potenzial erkennt man erst, wenn man sich intensiver mit einem Menschen auseinandersetzt.“
Melanie Günther

Melanie Günther one: Ihr habt euch dann zugunsten der „soft skills“ entschieden, und Isabel hat sich das Fehlende angeeignet. Wie lief das?
 
Isabel Schneider: Am Anfang habe ich viel Zeit verbracht, den ganzen Prozess zu verstehen, immer begleitet durch das Team und meine „Onboarding Buddy“. Diese enge Einarbeitung mit der Option, langsam alleine loszulaufen, fand ich gut. Nach zwei Monaten bekam ich dann nach und nach eigene Stellen. In der REWE Group höre ich oft: Wenn Fehler passieren, wollen wir aus ihnen lernen. Das finde ich wichtig, denn es ist ein Vertrauensbeweis. Das Vertrauen meiner Führungskraft in mich.  
 
Melanie Günther: Potenzial erkennt man erst, wenn man sich intensiver mit einem Menschen auseinandersetzt. Wir müssen als Führungskräfte bereit sein, zu begleiten und auszubilden. Und etwas Geduld mitbringen, bis jemand der zugedachten Rolle gerecht werden kann. Aber es lohnt sich, diese Zeit zu investieren.

Isabel Schneider: Ich würde mich freuen, wenn unser Beispiel inspirieren könnte, bei Einstellungen auch mal über den Tellerrand hinauszublicken. 

one: Und welchen Rat habt ihr für Quereinsteiger:innen? 

Isabel Schneider: Habt Vertrauen in das, was Ihr mitbringt. Seid lernbereit und mutig. Ich lehne mich da vielleicht weit aus dem Fenster, aber ich bin überzeugt, dass man sehr vieles erlernen kann, wenn man den Willen dazu mitbringt.

Melanie Günther verantwortet als Team Lead Talent Sourcing ein 11-köpfiges Team, dazu gehört auch Isabel Schneider, Talent Sourcer und Talent Relationship Manager

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