Lukas Fütterer: Die Geschäfts- und Arbeitswelt bei Daimler verändert sich hinsichtlich Geschäftsmodellen, Produkten und Dienstleistungen. Als Stichworte seien hier nur autonomes Fahren oder Shared Mobility genannt. Zusammenarbeit wird cross-funktionaler, internationaler und hierarchie-übergreifend, wir arbeiten mit Kollegen unabhängig von Ort und Zeit zusammen. Dies funktioniert in (sozialen) Netzwerken besonders effektiv, dafür müssen wir aber auch die Grenze zwischen „wir“ und „die da“ auflösen.
Ramona Swhajor: Working out Loud (WOL) ist ein tolles Hilfsmittel, um über Netzwerke mehr Offenheit und Transparenz nicht nur ins Unternehmen zu tragen. Hier trifft man sich unabhängig von Themen, um gemeinsam an selbstgesteckten Zielen zu arbeiten. Gleichzeitig hilft WOL die Orientierung zu behalten in einer Arbeitswelt, die sich immer schneller verändert und weiterentwickelt. Das Besondere an WOL ist auch, dass es eine Graswurzelbewegung ist, die bottom-up in Unternehmen getragen wird. Genauso haben wir es bei der Systems gemacht. Irgendwann fangen einfach einige Mitarbeiter an und es ist immer so, dass sich WOL dann weiter im Unternehmen ausbreitet. Es ist eine Bewegung, die – das zumindest haben mir bereits viele Kollegen berichtet – jedem etwas bringt und sich deshalb schnell im Unternehmen verbreitet.
one: Was unterscheidet WOL dabei von anderen Instrumenten?
Angela Müller: Vom Ursprung her ist WOL eine Haltung, ein Mindset, das viele Kollegen schon mitbringen: Offenheit, Mut, Transparenz und eine Fehlerkultur, in der Fehler auch erlaubt sind. Die WOL-Lernmetholde in Circlen (so nennen sich die Gruppen, in denen sich die Teilnehmer treffen, Anm. d. Red.) unterstützt diese Haltung und hilft sie zu entwickeln oder auszubauen.
Ramona Swhajor: Für mich liegt die Besonderheit beim Stichwort „Absichtslosigkeit“. Wie auch beim informellen Lernen brauchen wir Autonomie, Vertrauen und einen hierarchiefreien Raum, damit Mitarbeiter wachsen können. Diese Rahmenbedingungen bietet WOL den Teilnehmern, wenn die Methode richtig gelebt wird.
one: Wie kann WOL in einem Unternehmen etabliert werden?
Lukas Fütterer: Wir sind Anfang 2016 mit WOL bei Daimler gestartet. Fünf Mitarbeiter haben einen Circle gegründet und wir haben ausprobiert, ob die Methode uns im Arbeitsalltag hilft. Was sie tat. Wir waren begeistert. Unsere Erfahrungsberichte haben dazu beigetragen, dass sich WOL immer weiter im Unternehmen verbreitet. Schnell kam der Austausch mit Bosch dazu, wir haben intern eine Community gegründet und die Circle Guides von John Stepper gemeinsam mit ihm an unsere Rahmenbedingungen angepasst. Inzwischen ist WOL fester Bestandteil unserer DigitalLife@Daimler Strategie, die ganz auf vernetzte Zusammenarbeit setzt. Mit WOL kann man Netzwerke nachhaltig im Unternehmen etablieren. Es ist kein Strohfeuer, sondern die Beziehungen und Lernerfahrungen, die mit WOL aufgebaut werden, sind besonders stabil.
Ramona Swhajor: Auch wir sind im März dieses Jahres einfach mit einem Kick-off-Meeting mit 32 Teilnehmern gestartet. Danach fanden sich schnell viele Kollegen, die einen Circle suchten. Interessanterweise haben sich auch viele ältere Kollegen für WOL interessiert.
Angela Müller: Ist es auch. Die Einstellung macht den Unterschied. Wer hier mitmacht, bringt die Motivation und den Willen zur Selbstorganisation mit. Ziel ist es, gemeinsam mit anderen eigene Ziele zu erreichen und dadurch einen Mehrwert zu schaffen – für sich, Kollegen und das Unternehmen. Niemand muss, aber jeder kann. Einzig eine Grundhaltung sollten die Teilnehmer mitbringen: Offenheit, Transparenz… Ramona Swhajor: … und Verbindlichkeit. Abgesehen davon gilt: einfach loslegen. Wir sind Reisebegleiter für die Circles und unterstützen sie bei der Methodik. Lukas Fütterer: Dabei sollte WOL jedoch selbstorganisiert bleiben, von außen vorgegebene Ziele funktionieren nach unserer Erfahrung nicht. Idealerweise wird die „Graswurzelbewegung“ im Unternehmen irgendwann auch wohlwollend durch Führungskräfte unterstützt, damit sich mehr Mitarbeiter „trauen“ die Methodik auszuprobieren. Mit der Verbreitung von WOL auf Großveranstaltungen, Führungskräfte-Konferenzen und spezifischen Angeboten für das Management sind wir hier gut unterwegs. Letztendlich geht es um die Entwicklung einer Schlüsselkompetenz fürs 21. Jahrhundert.
Angela Müller: Die Teilnehmer treffen sich wöchentlich etwa eine Stunde in kleinen Circles von drei bis fünf Leuten. Sie arbeiten dann zielgerichtet daran, Beziehungen und somit ein Netzwerk, aufzubauen, von dem nicht nur sie selbst sondern auch ihre Kollegen einen Nutzen haben. Eine Kollegin beschäftigt sich beispielsweise mit dem Ziel, agile Methoden besser kennen zu lernen. Durch den Austausch in ihrem Circle wurden Kontakte innerhalb der Rewe Group hergestellt, von denen nun weitere im Team in ihrer täglichen Arbeit profitieren. Ramona Swhajor: Für mich ist der Circle wie Weight Watchers für Netzwerker: Alle Teilnehmer möchten etwas erreichen, eine freiwillige Zielkontrolle findet wöchentlich statt. Wobei es bei WOL nicht um die Erreichung des Ziels geht, sondern um die Aspekte, die man dabei lernt – vernetztes Arbeiten, die Vergrößerung des Netzwerkes und sich auszuprobieren in einem geschützten Raum. Wie auch in einer agilen Lernkultur gilt hier „inspect & adapt“, das Prinzip zur permanenten Verbesserung. Es ist also in Ordnung Fehler zu machen - die Teilnehmer überprüfen sich regelmäßig und können zur Verbesserung Maßnahmen ergreifen, um ihr Vorgehen anzupassen. Es gibt keine vorgegebene Zielerreichung, jeder ist individuell dafür verantwortlich und prägt somit noch mehr die 12 Wochen. Lukas Fütterer: Diese Freiwilligkeit und Offenheit verbunden mit dem Peer-Group-Support und regelmäßigem Feedback bringen besonders wirkungsvolle Netzwerke hervor. Diese Netzwerke sind Treiber für Innovationen und unterstützen Qualität sowie Geschwindigkeit in der Zusammenarbeit.
Manager Employee NetWorking & Social Intranet
DigitalLife@Daimler Strategie
Twitterkontakt: @lukizzlAngela Müller
Expertin Learning
Abteilung: Learning Center im CoE Personalentwicklung
Im Unternehmen seit 01.12.2017
Twitterkontakt: @angelam3000.
Trainerin und Lernbegleiterin
Bereich: IT-Wissen, REWE Systems
Twitterkontakt: @bleistiftgebiet
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