Sabine Förstel-Busler ist HR-Partnerin der REWE Region Ost. Sie fungiert als Bindeglied zwischen den Projekt-Teilnehmenden und den Märkten. Welche Teilnehmenden passen mit welchen Marktmanagern zusammen? Im Interview erzählt sie, wie sie unterstützt und warum sie sich wünscht, dass das Projekt noch mehr Anklang findet.
one: Frau Förstel-Busler, wie viele Teilnehmende gibt es bei Ihnen in der Region und in welchen Altersgruppen?
Sabine Förstel-Busler: Ich betreue die TQ, also die Teilqualifizierung, jetzt zum dritten Mal. Bei den Informationsterminen waren jeweils um die 40 Leute anwesend. In der Vorschaltmaßnahme, die vier Wochen vor Beginn der TQ stattfindet, waren es dann meistens um die 20 und zum Schluss konnten wir die aktuell stärkste Klasse mit zwölf Teilnehmenden akquirieren. Es sind Menschen aus allen Alterskategorien dabei – der Jüngste war Anfang 20, die Älteste 56.
one: Wie genau kann man sich die Vorschaltmaßnahme vorstellen?
Sabine Förstel-Busler: Die Jobcenter wählen potenzielle Teilnehmende aus, für die es eine Infoveranstaltung beim Bildungsträger gibt. Für alle, die sich für die Ausbildung entscheiden, gibt es eine Vorschaltmaßnahme vom Bildungsträger. Hier geht es vier Wochen lang in die Theorie – wie in einer Berufsschule – aber auch noch darüber hinaus, zum Beispiel gibt es eine Marktrallye. Und wir unterstützen die Teilnehmenden beim gesamten Bewerbungsprozess. Also alles, was Bewerbende sonst alleine machen müssten, wird in dieser Vorschaltmaßnahme unterstützt.
one: Welche Rolle spielen Sie als HR-Partnerin in dem Bewerbungs- und Auswahlprozess?
Sabine Förstel-Busler: Ich akquiriere die Märkte, die Interesse haben, an dem Projekt teilzunehmen. Wir sehen in der Region, wie viele Chancen das Projekt bietet und haben sowohl die Möglichkeiten als auch die Ausbildungsstätten dafür. Wir haben in jedem Markt Ausbildende und viele Märkte haben großes Interesse. Ich sortiere daher keine Interessenten aus – im Gegenteil, wir könnten noch mehr Menschen ausbilden – sondern bin das Bindeglied zwischen Märkten und Teilnehmenden. Ich kenne die Marktmanager und die Gegebenheiten in den Märkten, lerne dann die Teilnehmenden während der Vorschaltmaßnahme kennen, und schaue, welche Person zu welchem Markt passt. Es soll für alle Beteiligten ein Erfolgserlebnis werden. Bisher hat das sehr gut geklappt. Die Teilnehmenden starten mit einem richtigen Arbeitsvertrag als vollwertiges Mitglied des Marktes.
one: Heißt das auch, dass die Märkte die Teilnehmenden nach der TQ übernehmen?
Sabine Förstel-Busler: Genau, alle Teilnehmenden wurden bisher übernommen. Es gab nur einen Fall, in dem ein Markt wegen Umbau längere Zeit geschlossen werden musste. Da haben wir den Teilnehmer in einen anderen Markt vermittelt. Aber in der Regel wechseln die Teilnehmenden den Markt nur, wenn sie ihren Wohnort verändern und daher auch in einem anderen Markt arbeiten wollen. Da unterstütze ich natürlich auch.
one: In welchen Bereichen bekommen die Teilnehmenden sonst noch Unterstützung?
Sabine Förstel-Busler: Wir haben unter anderem Teilnehmende mit Migrationshintergrund – da kann Sprache zur Herausforderung werden. Es gibt daher Zusatzangebote, zum Beispiel für fachspezifische Sprache und Deutschkurse für Menschen mit Migrationshintergrund. Für Interessierte gibt es auch Unterstützung bei der Erstellung und Formulierung von Anträgen. Dieses Angebot kommt vom Bildungsträger. Wir versuchen gemeinsam, den Teilnehmenden in allen Bereichen zu helfen, damit sie sich auf die auf die Arbeit und auf das Lernen konzentrieren können.
Ich gebe auch jedes Jahr ein kleines Seminar, in dem wir Vertragliches besprechen. Dazu gehören grundlegende Dinge wie: Was steht auf meinem Verdienstnachweis? Wie nehme ich richtig Urlaub? Was bedeutet Urlaub? Wie melde ich mich krank? Solche Fragen und Abläufe sind nicht für alle selbstverständlich – für viele ist es das erste Mal, oder das erste Mal nach sehr langer Zeit, dass sie sich mit der Arbeitswelt beschäftigen. Wir fangen also bei null an, eine Struktur in den Tag zu bringen. Das ist für einige Teilnehmende eine große Hürde.
one: Welche Erwartungen hat REWE an die Auszubildenden?
Sabine Förstel-Busler: Bei der letzten Eröffnungsveranstaltung hat ein Kaufmann unsere Erwartungen auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Alles, was ich von Ihnen brauche, ist Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Den Rest bringe ich Ihnen bei.“ Genau das erwarten wir, den Rest kann man lernen. Wir haben bei REWE eine wunderbare Fehlerkultur, wo Sachen eben auch mal schiefgehen müssen, damit man etwas daraus mitnehmen kann.
Und andersrum versuchen wir, den Erwartungen der Teilnehmenden gerecht zu werden. Zum Ende des ersten Moduls, also so nach 14 Wochen, gehen mein Kollege Dirk Hoffmann und ich sowohl zum Bildungsträger als auch in die Märkte und fragen, ob es noch etwas gibt, was die Teilnehmenden brauchen. Bisher haben wir immer positives Feedback bekommen und alle fühlen sich gut abgeholt.
one: Was war das schönste Feedback, das Sie aus dem Projekt mitgenommen haben?
Sabine Förstel-Busler: Wir hatten letztes Jahr einen jungen Teilnehmer, der gerade mit dem theoretischen Teil sehr große Schwierigkeiten hatte. Schon am ersten Tag kam er zu spät, vor Prüfungen hatte er Panik und das Lernen fiel im sehr schwer. Aber im Markt war er super, praktisch konnte er richtig gut arbeiten. Es war nicht so, dass er nichts konnte – man musste ihm nur die richtigen praktischen Aufgaben geben. Er hat letztendlich das zweite Modul mit einer drei abgeschlossen. Danach ist er in den Markt gefahren und hat für alle Süßigkeiten gekauft und sich bedankt. Das war eine sehr rührende Geste. Jetzt macht er sogar die Module drei, vier und fünf. Für solche tollen Erfolge machen wir dieses Projekt. Er hatte vorher viele Bewerbungen geschrieben, aber nie eine Chance bekommen. Jetzt hat er einen Job und kann sein Leben selbstbestimmt führen. Ich freue mich sehr für ihn.
Zurück ins Arbeitsleben
Der Fachkräftemangel schlägt sich in sinkenden Bewerberzahlen nieder. Gleichzeitig gibt es rund 1.5 Millionen Personen, die arbeitslos und geringqualifiziert sind, die also über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ein Pilotprojekt des Recruiting Centers setzt genau hier an: Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den lokalen Jobcentern und Bildungspartnern werden Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte im Rahmen einer Teilqualifizierung (TQ) für Verkaufs-Tätigkeiten in REWE und PENNY-Märkten ausgebildet.
Wir wollten von Projektteilnehmer:innen wissen, wie das Projekt ihnen geholfen hat, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Wir haben Kaufleute, Bezirksleiter:innen, Marktmanager:innen und HR-Partner:innen gefragt, wie es ihnen vor Ort hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Mitarbeitende der Bundesagentur für Arbeit und der Bildungsträger erklären, wie sie das Projekt betreuen.
Steven Igbinosa ist Leiter Wareneingang im PENNY-Lager Norderstedt. Sein Mitarbeiter Basel Murtada ist 2015 von Syrien nach Deutschland geflüchtet und hat erfolgreich an der Teilqualifizierung (TQ) im Lager Norderstedt mit dem IHK-Abschluss „Fachlagerist“ teilgenommen. Er arbeitet nun im Wareneingang für Obst und Gemüse und möchte sich zum Teamleiter weiterentwickeln. Lest hier mehr über ihre Erfahrungen.
Gibt es dieses Angebot nur in der Region Ost? Wen müsste ich ansprechen, wenn ich jemanden in der Region Dortmund vermitteln wollen würde?
Sehr geehrter Herr Holzhauer, hier müssen Sie sich direkt an die Rewe Dortmund wenden. Wir haben tatsächlich nicht in jeder Region dieses Angebot.