Steven Igbinosa ist Leiter Wareneingang im PENNY-Lager Norderstedt. Sein Mitarbeiter Basel Murtada ist 2015 von Syrien nach Deutschland geflüchtet und hat erfolgreich an der Teilqualifizierung (TQ) im Lager Norderstedt mit dem IHK-Abschluss „Fachlagerist“ teilgenommen. Er arbeitet nun im Wareneingang für Obst und Gemüse und möchte sich zum Teamleiter weiterentwickeln.
one: Steven, wie hast du von dem Projekt der Teilqualifizierung erfahren?
Steven Igbinosa: Ich war als Teamleiter hier in Norderstedt tätig und habe im Zuge einer Umstrukturierung von diesem Projekt erfahren. Zunächst hat meine Chefin, Verena Hammer, das Projekt begleitet. Sie hatte nach ihrer Beförderung nicht mehr die Zeit dafür, und in der Folge habe ich übernommen, da für mich neue Projekte immer etwas Gutes sind und wir mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben.
one: Wie kam es danach zu dem Kennenlernen mit Basel Murtada?
Steven Igbinosa: Der Vorteil war, dass die Kolleg:innen, die hier an der Teilqualifizierung teilgenommen haben, sich natürlich schon flüchtig kannten. Richtig kennengelernt habe ich sie dann bei dem Projekt, weil ich auch vor Ort war. Mein Glück war, dass ich auch Mitglied des Prüfungsausschusses wurde. Da habe ich sie dann nochmals näher kennengelernt.
one: Basel, wann hat deine Ausbildung bei PENNY begonnen?
Basel Murtada: Im Juni 2019 habe ich mit der Teilqualifizierung begonnen, und im Januar 2022 habe ich meine IHK-Ausbildung zum Fachlageristen abgeschlossen. Dann wurde ich zunächst in der Kommissionierung eingesetzt, wo ich mich aber nicht dauerhaft gesehen habe. Schließlich konnte ich in den Wareneingang für Obst und Gemüse versetzt werden, was mir bis heute großen Spaß macht.
one: Und was sind deine konkreten Aufgaben dort im Wareneingang?
Basel Murtada: Die Kontrolle der angelieferten Waren. Bei mir speziell – ich bin im Obst- und Gemüsebereich tätig - muss auch die Säure oder der Umfang des Apfels gemessen werden. Es ist nicht wie im Trockensortiment, wo „nur“ auf die Anzahl oder das Mindesthaltbarkeitsdatum geschaut werden muss. Im Obst- und Gemüsebereich gibt es noch spezifische Prüfungen, wie die Prüfung des Umfangs, der Größe oder des Zuckergehalts.
one: Du bist 2015 von Syrien nach Deutschland geflüchtet. In welchem Beruf hast du in Syrien gearbeitet?
Basel Murtada: Ich habe Koch gelernt, zehn Jahre in diesem Beruf gearbeitet und ein eigenes Restaurant eröffnet. Leider wurde es durch den Krieg zerstört. Nun habe ich eine feste und sichere Arbeit und mag es, mit den Kollegen und Kolleginnen im Team zusammenzuarbeiten.
one: Steven, welche Eigenschaften oder Fähigkeiten hast du an Basel entdeckt, die ihn besonders qualifiziert haben?
Steven Igbinosa: Basel ist sehr wissbegierig, er ist auch in den Prüfungen, bei denen ich selbst Prüfer war, immer herausgestochen, weil er schnell lernt. Seine Auffassungsgabe ist sensationell – gemessen an der Tatsache, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist und er alles in deutscher Sprache bewerkstelligen musste. Zudem ist er willensstark und hat große Lust weiterzukommen. Basel ist ein sehr verlässlicher ehrgeiziger und ehrlicher Kollege. Wir sind sehr froh, einen solchen Mitarbeiter zu haben.
one: Wie hast du Basel während seiner Ausbildung unterstützt?
Steven Igbinosa: Ich war hier vor Ort und in der Schule als Ansprechpartner immer zugänglich, er und seine Kolleg:innen haben auch für die Projekte viel Zeit bekommen, sodass sie sich in Ruhe eingewöhnen konnten. Wir haben hier vor allem in der Praxis versucht, mit den Kolleg:innen die gelernten Dinge umzusetzen. Zudem haben wir sie in verschiedene Abteilungen reinschnuppern lassen, um das Praxiswissen nochmals zu erweitern.
one: Basel, Welche Herausforderungen gab es anfangs für dich, als das Projekt gestartet ist?
Basel Murtada: Zum einen die Sprache, zum anderen habe ich zwei kleine Kinder. Die Betreuung ist manchmal schwer zu organisieren. Ich war immer drei Tage in der Schule und zwei Tage hier im Betrieb, da fiel es an manchen Tagen schon etwas schwer, alles unter einen Hut zu bekommen. Vor allem das Lernen für die Prüfungen fällt mit zwei Kindern nicht so leicht, weil die beiden auch Aufmerksamkeit möchten. Dazu kam, dass wir mit vier Personen in einer kleinen Zwei-Zimmer- Wohnung lebten, wodurch wir viel aufeinanderhingen. Das Gute bei PENNY ist, dass man hier immer mit den Führungskräften sprechen kann, wenn es Probleme gibt.
one: Welche Tipps würdet ihr anderen Führungskräften und anderen Kolleg:innen geben, die auch an diesem Projekt teilnehmen möchten?
Steven Igbinosa: Es lohnt sich wirklich. Natürlich hat man als Führungskraft nicht immer so viel Zeit, aber auch darüber lässt sich mit der eigenen Führungskraft sprechen. Ich kann da nicht für jeden sprechen, und es kommt verständlicherweise auch immer auf die Teilnehmenden an, aber meiner Ansicht nach lohnt es sich definitiv.
Basel Murtada: Probiert es aus. Man muss zwar Geduld haben, und es kostet vielleicht manchmal auch Nerven, aber man muss an seine Zukunft denken, und am Ende lohnt es sich wirklich.
one: Welche Ziele hast du dir gesetzt, und welche möchtest du noch bei PENNY erreichen?
Basel Murtada: Mein Ziel ist es, meine Deutschkenntnisse weiter zu verbessern und später als Teamleiter hier zu arbeiten. Ich habe einfach Interesse daran, für meine persönliche Weiterentwicklung immer weiter zu lernen.
Steven Igbinosa: Das ist hier tatsächlich die nächsthöhere Instanz. Klar ist natürlich, dass die sprachliche Barriere bei ihm noch ein bisschen im Weg steht, aber auch da verbessert er sich von Tag zu Tag. Gerade beim Wareneingang muss er sich zwangsweise viele Informationen durchlesen und bekommt Fragen auf Deutsch gestellt, sodass er auch hier noch schneller lernt.
Zurück ins Arbeitsleben
Der Fachkräftemangel schlägt sich in sinkenden Bewerberzahlen nieder. Gleichzeitig gibt es rund 1.5 Millionen Personen, die arbeitslos und geringqualifiziert sind, die also über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ein Pilotprojekt des Recruiting Centers setzt genau hier an: Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den lokalen Jobcentern und Bildungspartnern werden Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte im Rahmen einer Teilqualifizierung (TQ) für Verkaufstätigkeiten in REWE- und PENNY-Märkten ausgebildet.
Wir wollten von den Teilnehmer:innen wissen, wie das Projekt ihnen geholfen hat, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Wir haben Kaufleute, Bezirksleiter:innen, Marktmanager:innen und HR-Partner:innen gefragt, wie es ihnen vor Ort hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Mitarbeitende der Bundesagentur für Arbeit und der Bildungsträger erklären, wie sie das Projekt betreuen.