Ali Rezaie ist vor mehr als sieben Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Nach einer Ausbildung zum Sozialassistenten wollte sich der heute 29-Jährige zum Erzieher weiterbilden. Dann kam die Trennung von seiner Frau und die größte Herausforderung lautete: Wie lässt sich die Betreuung des kleinen Sohnes, dessen Sorgerecht sich Ali Rezaie mit seiner Ex-Partnerin teilt, organisieren? Die Teilqualifizierung als Verkäufer bei REWE gibt ihm die Möglichkeit, den Familienalltag zu stemmen und eine Ausbildung zu absolvieren.
one: Mit welchen Wünschen für Ihre berufliche Zukunft sind Sie nach Deutschland gekommen?
Ali Rezaie: Für mich war es zunächst wichtig, die Sprache zu lernen und einen Schulabschluss zu machen. Das habe ich geschafft. Anschließend habe ich eine Ausbildung zum Sozialassistent absolviert und wollte dann weiterlernen. Mein Berufsziel lautete: Erzieher. Aber ich habe die Ausbildung abbrechen müssen, denn inzwischen war ich Vater eines kleinen Jungen und lebte von dessen Mutter getrennt.
one: Wie ging es dann weiter?
Ali Rezaie: Nach der Elternzeit war ich arbeitssuchend. Eines Tages machte mich das Jobcenter auf eine Veranstaltung aufmerksam, auf der das REWE-Programm zur Teilqualifizierung als Verkäufer vorgestellt wurde. Das fand ich gleich sehr spannend. Im Iran hatte ich bereits im Einzelhandel gearbeitet – im Bekleidungsgeschäft meiner Cousine. Dabei hatte ich viel Kontakt zu Kund:innen, und genau das hat viel Spaß gemacht. Somit war für mich schnell klar: Ich mache bei dem REWE-Programm mit. Seit Mai 2023 bin ich nun dabei.
one: Wie organisieren Sie die Betreuung Ihres Sohnes?
Ali Rezai: Das ist in der Tat eine Herausforderung. Aber dank guter, verlässlicher Absprachen mit meiner ehemaligen Partnerin funktioniert es recht gut. Der Kleine geht in die Kita und ist an drei Tagen in der Woche bei mir. An den vier anderen Tagen kümmert sich seine Mutter um ihn. Wenn ich also an einem „meiner“ Tage in der Schule bin, ist um 15.30 Uhr Schluss. Dann schaffe ich es, meinen Sohn von der Kita abzuholen.
one: Und wenn Sie im Markt arbeiten?
Ali Rezai: Dann hängt es davon ab, für welche Schicht ich eingeteilt bin. Arbeite ich in der Frühschicht, kann ich den Kleinen morgens in die Kita bringen und am Nachmittag auch abholen. Muss ich dagegen später arbeiten oder morgens besonders früh im Markt sein, nämlich bereits um 6 Uhr, muss ich mich mit meiner Ex-Partnerin abstimmen, ob sie einspringen kann. Das bedeutet viel Organisation, aber irgendwie bekomme ich das geregelt.
one: Auszubildende, für die Deutsch nicht Muttersprache ist, haben in der Schule verständlicherweise häufig Mühe, dem Unterricht zu folgen und den Stoff zu beherrschen. Wie ist es bei Ihnen?
Ali Rezaie: Ja, ich muss mehr nacharbeiten als andere, eben weil ich erst spät Deutsch gelernt habe. Aber ich komme gut mit. Fehlende Sprachkenntnisse sind keine Hürde. Gut finde ich, dass wir in der Schule jede Woche einen Test über das zuvor Gelernte schreiben. Das ist eine super Vorbereitung für die spätere Prüfung.
one: Wie gefällt Ihnen die Arbeit im Markt?
Ali Rezaie: Sehr gut. Anfangs habe ich oft an der Kasse gesessen, das hat mir nicht immer gefallen. Aber inzwischen arbeite ich auch an anderen Orten im Markt und habe viel Kontakt mit Waren und Kund:innen. Das macht sehr viel Spaß, ist abwechslungsreich und hilft mir, viele Dinge, die wir in der Schule besprechen, zu verstehen. Wenn ich etwas nicht weiß, unterstützen mich die Kolleginnen und Kollegen im Markt.
one: Im Frühjahr nächsten Jahres ist Prüfungstermin. Wenn alles gut geht, haben Sie dann Ihren IHK-Abschluss zum Verkäufer in der Tasche. Haben Sie schon eine Idee, wie es dann weitergeht?
Ali Rezaie: Ich möchte sehr gerne weiter bei REWE arbeiten, allerdings zunächst nur in Teilzeit. Solange mein Sohn noch klein ist, benötige ich mehr Zeit, um mich um ihn zu kümmern. Das wird sicher leichter, wenn er zur Schule geht. Dann könnte ich mir vorstellen, wieder Vollzeit zu arbeiten und mich auch weiter zu qualifizieren, zum Beispiel für eine Tätigkeit als Schichtleiter. Ich weiß, das bedeutet viel Verantwortung und erfordert hohe zeitliche Flexibilität. Denn Schichtleiter packen immer mit an, wenn ein(e) andere(r) Mitarbeitende(r) plötzlich ausfällt. Als Alleinerziehender mit einem kleinen Sohn könnte ich einen solchen Job nicht machen, aber in ein paar Jahren wäre das möglich.
one: Was sagen Freunde und Bekannte zu Ihren Plänen?
Ali Rezaie: Alle reden mir gut zu. Sie sehen, dass es mir Spaß macht, mit Menschen zu arbeiten. Manchmal beglückwünschen sie mich auch. Eine Tätigkeit im Handel, so sagen sie, sei eine zukunftssichere Sache.