Ines Barkowsky hat in einem Bereich gearbeitet, in dem besonders großer Mangel an Fachkräften besteht: der Betreuung von demenzkranken Menschen. Diese Arbeit verlangt große psychische Stabilität und wird unmöglich, wenn man – wie die 35-Jährige - gesundheitlich angeschlagen ist und sich zudem alleinerziehend um zwei Kinder kümmern muss. Im Rahmen der Teilqualifizierung zur Verkäuferin bei REWE hat die Berlinerin einen verständnisvollen Kaufmann gefunden, der ihr familienfreundliche Arbeitszeiten ermöglicht.
one: Als gelernte Hauswirtschaftlerin haben Sie eine Weiterbildung zur Pflegeassistenz absolviert und Demenzkranke betreut. Arbeitssuchende mit einer solchen Qualifikation müssen sich üblicherweise nicht lange nach einem Job umsehen…..
Ines Barkowsky: Ja, aber der Umgang mit demenzkranken Menschen verlangt viel Kraft. Das wurde für mich als Alleinerziehende vor einigen Jahren zum Problem, nachdem mein zweites Kind geboren wurde und ich einen ernsten Krankheitsbefund erhielt. Kurzum: Ich war psychisch nicht mehr in der Lage diese Arbeit zu machen – so gerne ich den Beruf ausgeübt habe. Denn ich arbeite sehr gerne mit Menschen.
one: Wie haben Sie erfahren, dass REWE eine Teilqualifizierung zur Verkäuferin anbietet?
Ines Barkowsky: Mein Arbeitsvermittler hat mir irgendwann einen Flyer zugeschickt, in dem auf dieses Programm hingewiesen wurde. Das klang für mich spannend, weil ich nach dem Ausstieg aus meinem erlernten Beruf eine Zeit lang im Einzelhandel gearbeitet hatte - und das mit sehr viel Freude, weil ich, wie gesagt, den Kontakt mit Menschen schätze. Jetzt bin ich seit Mai 2023 bei REWE dabei und habe es nicht bereut.
one: Was ist die größte Herausforderung für Sie?
Ines Barkowsky: Es ist manchmal nicht leicht, sich nach einem langen Tag, abends, wenn die Kinder im Bett sind, noch einmal an den Tisch zu setzen und zu lernen. Vor allem, wenn man schon zwei Ausbildungen abgeschlossen hat. Aber gut, da muss ich durch und das schaffe ich auch. Ich bin froh, dass ich an diesem Programm teilnehmen kann und will im nächsten Jahr die Prüfung vor der IHK bestehen.
one: Wie schaffen Sie es als Alleinerziehende, die Ausbildung und die Betreuung Ihrer beiden Kinder zu stemmen?
Ines Barkowsky: Das klappt nur, weil ich bei einem tollen Kaufmann tätig bin, der meine Arbeitszeit auf 8 bis 15 Uhr festgesetzt hat. Später am Nachmittag oder abends muss ich grundsätzlich nicht arbeiten. So schaffe ich es, meinen Jüngsten, der ist gerade vier Jahre alt, pünktlich von der Kita abzuholen. Mein Großer ist zwölf Jahre alt und meist bis zum frühen Nachmittag in der Schule. Wenn im Markt früh morgens Obst und Gemüse angeliefert werden, kann es passieren, dass ich auch schon einmal um 6 Uhr anfange. Aber für diese Tage finde ich für den Kleinen mit Unterstützung des Vaters eine individuelle Lösung.
one: Und wie läuft es in den Wochen, in denen Sie zur Schule gehen?
Ines Barkowsky: Die Schule beginnt morgens um 9 Uhr und endet um 15.30 Uhr. Aber ich habe eine vergleichsweise lange Anfahrt. Manchmal benötige ich 50 Minuten für eine Strecke. Trotzdem lässt sich die Kinderbetreuung an diesen Tagen leicht organisieren. Schwieriger ist es dann, wie gesagt, am Abend noch einmal die Bücher herauszuholen und sich zu konzentrieren.
one: Haben Sie sich die Arbeit im Markt so vorgestellt, wie Sie sie jetzt erleben? Oder ist vieles ganz anders, als Sie gedacht haben.
Ines Barkowsky: Nein, dabei habe ich keine Überraschungen erlebt. Ich hatte ja bereits eine Zeit im Einzelhandel gearbeitet und kannte viele Abläufe. Am liebsten sitze ich an der Kasse oder packe Kolo. In der Betreuung von demenzkranken Personen habe ich gelernt: Wenn man Menschen freundlich entgegentritt, kommt in der Mehrzahl der Fälle auch Freundlichkeit zurück. Das gilt auch für den Alltag im Markt. Nach dem hoffentlich erfolgreichen Abschluss der Ausbildung würde ich gerne auch in diesem Markt weiterarbeiten. Denn ich verstehe mich wirklich gut mit allen Kolleginnen und Kollegen.
one: Wie reagieren Freunde und Bekannte, wenn Sie erzählen, dass Sie eine Ausbildung zur Verkäuferin absolvieren?
Ines Barkowsky: Da gibt es nur Zuspruch. Sogar meine Ärztin findet es toll, dass ich mich entschieden habe, noch eine Ausbildung zu machen.
Der Fachkräftemangel schlägt sich in sinkenden Bewerberzahlen nieder. Gleichzeitig gibt es rund 1.5 Millionen Personen, die arbeitslos und geringqualifiziert sind, die also über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ein Pilotprojekt des Recruiting Centers setzt genau hier an: Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den lokalen Jobcentern und Bildungspartnern werden Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte im Rahmen einer Teilqualifizierung (TQ) für Verkaufs-Tätigkeiten in REWE und PENNY-Märkten ausgebildet.
Wir wollten von Projektteilnehmer:innen wissen, wie das Projekt ihnen geholfen hat, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Wir haben Kaufleute, Bezirksleiter:innen, Marktmanager:innen und HR-Partner:innen gefragt, wie es ihnen vor Ort hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Mitarbeitende der Bundesagentur für Arbeit und der Bildungsträger erklären, wie sie das Projekt betreuen.