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Jacqueline Adams
„Ich bin froh, mit fast 50 noch einmal eine Ausbildung angefangen zu haben“ 
von Stefan Weber

Jacqueline Adams war fast 50 Jahre alt, als sie im Mai 2023 die Teilqualifizierung zur gelernten Verkäuferin bei REWE begann. In ihrem Berufsleben hatte die examinierte Krankenschwester zuvor bereits eine Menge erlebt – auch im Einzelhandel. Jetzt noch einmal eine Ausbildung machen? In die Schule gehen? Lernen? Die Berlinerin hatte kurz gezögert. Heute ist sie froh über ihre Entscheidung: „Vielleicht gibt man sich noch mehr Mühe, gerade weil man nicht mehr 20 ist.“ 

 

one: Schule oder Markt – wo fühlen Sie sich wohler? 
Jacqueline Adams:
Was für eine Frage! Natürlich im Markt. Praxis, Kontakt mit Menschen – das ist mein Ding. Ein Job, bei dem ich den ganzen Tag am Schreibtisch sitze, wäre nichts für mich. Aber klar, Schule muss auch sein. Schließlich mache ich ja eine anspruchsvolle Ausbildung, inklusive IHK-Prüfung. 

one: Was hat Sie motiviert, nach vielen Jahren im Beruf noch einmal eine Ausbildung zu machen? 
Jacqueline Adams:
Mein Traumberuf seit Kindertagen war Krankenschwester. Ich habe auch eine entsprechende Ausbildung gemacht und in dem Beruf gearbeitet. Aber irgendwann konnte ich aus gesundheitlichen Gründen nicht weitermachen. Danach habe ich unter anderem in der Versicherungsbranche gearbeitet, im Einzelhandel und zuletzt als Busfahrerin. Ganz ehrlich: Mit fast 50 Jahren noch einmal eine Ausbildung zu machen, war zunächst nicht mein Plan. Als ich dann aber erfahren habe, dass die Qualifizierung bei REWE nur wenige Monate dauert und auch bezahlt wird, habe ich es mir anders überlegt. Denn ich möchte im Einzelhandel mehr machen als nur Waren verräumen. 

one: Die Kurzausbildung, bestehend aus zwei Modulen, haben Sie schon vor längerer Zeit erfolgreich abgeschlossen. Dann haben Sie verlängert und absolvieren nun eine vollständige Ausbildung, inklusive IHK-Abschluss. Warum? 
Jacqueline Adams:
„Wenn schon, dann richtig“, habe ich mir gesagt. Mit einem IHK-Abschluss habe ich etwas in der Hand. Das macht mich unabhängig – auch wenn ich mich sehr wohl fühle bei REWE und hier auf jeden Fall gerne weiterarbeiten möchte. Aber wer weiß, was in ein paar Jahren ist? Übrigens haben fast alle in meiner Ausbildungsgruppe sehr schnell für sich entschieden, das komplette Programm zu absolvieren. 

one: Wie alt sind die anderen Gruppenmitglieder?
Jacqueline Adams:
Drei haben den 50. Geburtstag schon hinter sich, die anderen sind Mitte 30. Wir sind ein tolles Team, helfen uns in der Schule gegenseitig und haben auch viel Spaß miteinander. 

one: Fällt das Lernen schwer, wenn die Schulzeit schon so lange zurückliegt? 
Jacqueline Adams:
Zugegeben, von allein läuft das nicht. Ich muss in der Schule eine Menge tun, aber es macht mir Spaß. Und das wiederum motiviert weiterzumachen. Gut ist, dass ich zeitlich weniger unter Druck stehe als viele junge Mütter oder Väter, die neben dem Beruf auch noch ihren Nachwuchs betreuen müssen. Meine Stiefkinder sind erwachsen und meine Frau hat viel Verständnis, wenn ich einmal mehr Zeit zum Lernen brauche, weil zum Beispiel in Kürze ein Test ansteht. Nicht zu vergessen: Wir haben einen tollen Dozenten, der uns intensiv unterstützt und das Lernen leicht macht. 

one: Ihr liebster Platz im Markt? 
Jacqueline Adams:
Ich arbeite in einem großen, von einer Kauffrau geführten Markt. Da ist immer viel zu tun. Jeder muss alles machen. Besonders gern sitze ich an der Kasse. Dort hat man direkten Kontakt zu den Kunden. Aber ich mag es auch „Pappe zu ziehen“, wie wir sagen. Also, in den Regalen für Ordnung zu sorgen und Ware zu verräumen. Als „Nachteule“ arbeite ich am liebsten Spätschicht, das heißt bis 23 Uhr. Ohnehin habe ich viel Glück mit „meinem“ Markt: Ich habe nette Kollegen und Kolleginnen sowie einen Chef, mit dem man über alles reden kann. 

one: Wie reagieren Familie und Freunde, wenn Sie hören, dass Sie noch einmal eine Ausbildung absolvieren? 
Jacqueline Adams:
Lob und Verständnis von allen Seiten! Vor allem meine Mutter und mein jüngster Bruder, der in Kiel zufälligerweise auch bei REWE arbeitet, sind superstolz auf mich. Ich bin froh, dass ich mich so entschieden habe. 

 

 

Zurück ins Arbeitsleben
Der Fachkräftemangel schlägt sich in sinkenden Bewerberzahlen nieder. Gleichzeitig gibt es rund 1.5 Millionen Personen, die arbeitslos und geringqualifiziert sind, die also über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ein Pilotprojekt des Recruiting Centers setzt genau hier an: Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den lokalen Jobcentern und Bildungspartnern werden Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte im Rahmen einer Teilqualifizierung (TQ) für Verkaufs-Tätigkeiten in REWE und PENNY-Märkten ausgebildet.  

Wir wollten von Projektteilnehmer:innen wissen, wie das Projekt ihnen geholfen hat, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Wir haben Kaufleute, Bezirksleiter:innen, Marktmanager:innen und HR-Partner:innen gefragt, wie es ihnen vor Ort hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Mitarbeitende der Bundesagentur für Arbeit und der Bildungsträger erklären, wie sie das Projekt betreuen.  

Hier geht es zum Portrait von Susanne Dünkel. Sie ist Leiterin Berufliche Bildung beim Internationalen Bund (IB) in der Region Berlin-Brandenburg. Wir haben in Kooperation mit IB bereits zehn Teilnehmende erfolgreich ausgebildet.

 

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