Welche Bedeutung haben Netzwerke heute in Unternehmen? Brauchen wir sie und wenn ja: Wie funktionieren Netzwerke in der digitalen Arbeitswelt? one sprach mit Lukas Fütterer, Manager bei Daimler, Ramona Swhajor aus dem Bereich IT Wissen der REWE Systems und Angela Müller vom Learning Center Handel Deutschland über die Vernetzung – und wie man mit einer einfachen Methode Mitarbeiter im Unternehmen verbinden kann.
Miteinander verbunden sind auch die REWE-Kaufleute – nicht nur, weil sie Genossen sind. Im Online-Netzwerk REWEformer Online tauschen sich 70 Prozent der Selbstständigen regelmäßig aus. one stellt es vor. Bestens vernetzt sind die Kaufleute auch in der Politik: Vom Bürgermeister bis zum Minister. Public Affairs gehört für viele zum täglichen Geschäft.
Kennen Sie di.to. und das Netzwerk Backoffice? In der REWE Group gibt es bereits zahlreiche Netzwerke. one stellt einige vor. Sie sind selbst Teil eines Netzwerks? Schreiben Sie uns und machen es unter Ihren Kollegen bekannt!
Zum Blind Date in die Kantine? Ein REWE digital-Team hat die App „Lunch Shuffle“ programmiert. Die Idee: Mitarbeiter bekommen per Zufall Einladungen zum Mittagessen mit Kollegen, die sie noch nicht kennen. Kann das gut gehen? one hat die App getestet.
Wozu braucht man eigentlich Netzwerke? Das haben wir Kollegen aus der gesamten REWE Group gefragt. Was sie unter netzwerken verstehen und warum Netzwerke nicht nur für persönlich Vorteile bieten, sondern auch das Unternehmen voranbringen, erzählen Sie in one.
Wie macht man beim Yoga den herabschauenden Hund? Und wie kann ich bei der Weinverkostung über die Einschätzung lecker oder nicht-lecker hinauskommen? Beim Summercamp der REWE digital konnten Kollegen von Kollegen lernen - auch zu Themen, die im Arbeitsalltag eher nicht anzutreffen sind. one war dabei.
one: Warum brauchen wir eigentlich Netzwerke?
Lukas Fütterer: Die Geschäfts- und Arbeitswelt bei Daimler verändert sich hinsichtlich Geschäftsmodellen, Produkten und Dienstleistungen. Als Stichworte seien hier nur autonomes Fahren oder Shared Mobility genannt. Zusammenarbeit wird cross-funktionaler, internationaler und hierarchie-übergreifend, wir arbeiten mit Kollegen unabhängig von Ort und Zeit zusammen. Dies funktioniert in (sozialen) Netzwerken besonders effektiv, dafür müssen wir aber auch die Grenze zwischen „wir“ und „die da“ auflösen.
Angela Müller vom Learning Center Handel Deutschland Angela Müller: Unsicherheit, zunehmende Komplexität und Schnelllebigkeit - auf diese Phänomene unserer digitalen Arbeitswelt können Netzwerke eine Antwort geben. Stellen Sie sich vor, Sie kommen neu in ein Unternehmen oder bearbeiten ein neues Projekt und möchten schnellstmöglich, in komplexen Strukturen Ihr Ziel umsetzen. Ein offener Umgang und ein Netzwerk, bei dem Sie wissen, dass Sie mit allen Fragen auf Kollegen zukommen können, helfen in kurzer Zeit die richtigen Stakeholder zu finden. Es entstehen Synergien über Abteilungen hinweg, die Sie nutzen können, um Projekte gemeinsam anzugehen. Aus persönlicher und unternehmerischer Sicht lassen sich so Zeit und Kosten reduzieren. Hinzu kommt, dass durch einen offenen Umgang, die Motivation steigen kann, eigene Ziele mit der Unterstützung anderer umzusetzen.
Ramona Swhajor: Genau. Mit Netzwerken können wir nicht nur endlich Silos aufbrechen. Sie bieten in einer dynamischen Zeit auch den Raum für Austausch, offene Diskussionen, eine konstruktive Streitkultur und Vertrauen. Darüber hinaus helfen sie, eine Fehlerkultur zu etablieren.
one: Wie kann ich Netzwerke in Unternehmen etablieren?
Ramona Swhajor: Working out Loud (WOL) ist ein tolles Hilfsmittel, um über Netzwerke mehr Offenheit und Transparenz nicht nur ins Unternehmen zu tragen. Hier trifft man sich unabhängig von Themen, um gemeinsam an selbstgesteckten Zielen zu arbeiten. Gleichzeitig hilft WOL die Orientierung zu behalten in einer Arbeitswelt, die sich immer schneller verändert und weiterentwickelt. Das Besondere an WOL ist auch, dass es eine Graswurzelbewegung ist, die bottom-up in Unternehmen getragen wird. Genauso haben wir es bei der Systems gemacht. Irgendwann fangen einfach einige Mitarbeiter an und es ist immer so, dass sich WOL dann weiter im Unternehmen ausbreitet. Es ist eine Bewegung, die – das zumindest haben mir bereits viele Kollegen berichtet – jedem etwas bringt und sich deshalb schnell im Unternehmen verbreitet.
one: Was unterscheidet WOL dabei von anderen Instrumenten?
Angela Müller: Vom Ursprung her ist WOL eine Haltung, ein Mindset, das viele Kollegen schon mitbringen: Offenheit, Mut, Transparenz und eine Fehlerkultur, in der Fehler auch erlaubt sind. Die WOL-Lernmetholde in Circlen (so nennen sich die Gruppen, in denen sich die Teilnehmer treffen, Anm. d. Red.) unterstützt diese Haltung und hilft sie zu entwickeln oder auszubauen.
Lukas Fütterer, Manager DigitalLife Strategie bei Daimler Lukas Fütterer: Bei Daimler heißt WOL ganz praktisch für das Arbeitsumfeld: Arbeit sichtbar machen und zielgerichtet Netzwerke auch über Abteilungsgrenzen hinweg aufzubauen. Wenn ich zum Beispiel einen WOL-Circle mit Kollegen aus Einkauf und Human Resources bilde, ist anschließend viel mehr Verständnis für die Perspektive der anderen da. Es ist die niedrigschwellige Ermutigung, die Kollegen in die eigenen Arbeitsprozesse einzuladen und damit für sich selbst, für andere und für das Unternehmen Mehrwerte zu schaffen.
Ramona Swhajor: Für mich liegt die Besonderheit beim Stichwort „Absichtslosigkeit“. Wie auch beim informellen Lernen brauchen wir Autonomie, Vertrauen und einen hierarchiefreien Raum, damit Mitarbeiter wachsen können. Diese Rahmenbedingungen bietet WOL den Teilnehmern, wenn die Methode richtig gelebt wird.
one: Wie kann WOL in einem Unternehmen etabliert werden?
Lukas Fütterer: Wir sind Anfang 2016 mit WOL bei Daimler gestartet. Fünf Mitarbeiter haben einen Circle gegründet und wir haben ausprobiert, ob die Methode uns im Arbeitsalltag hilft. Was sie tat. Wir waren begeistert. Unsere Erfahrungsberichte haben dazu beigetragen, dass sich WOL immer weiter im Unternehmen verbreitet. Schnell kam der Austausch mit Bosch dazu, wir haben intern eine Community gegründet und die Circle Guides von John Stepper gemeinsam mit ihm an unsere Rahmenbedingungen angepasst. Inzwischen ist WOL fester Bestandteil unserer DigitalLife@Daimler Strategie, die ganz auf vernetzte Zusammenarbeit setzt. Mit WOL kann man Netzwerke nachhaltig im Unternehmen etablieren. Es ist kein Strohfeuer, sondern die Beziehungen und Lernerfahrungen, die mit WOL aufgebaut werden, sind besonders stabil.
Ramona Swhajor: Auch wir sind im März dieses Jahres einfach mit einem Kick-off-Meeting mit 32 Teilnehmern gestartet. Danach fanden sich schnell viele Kollegen, die einen Circle suchten. Interessanterweise haben sich auch viele ältere Kollegen für WOL interessiert.
Angela Müller: Ein zweites Kick-Off-Meeting fand gerade erst im Juni statt. SGE- übergreifend starteten wir mit acht weiteren Circles und mehr als 40 Teilnehmern. Das Besondere ist, dass sich die Teilnehmer untereinander in der Regel noch nicht kennen und aus unterschiedlichen Bereichen und Geschäftsfeldern kommen, wie aus der Zentrale, Vollsortiment, Discount, Baumarkt, Touristik, etc. Sie können SGE-übergreifend voneinander lernen und zusammenarbeiten. Seitdem bekommen wir regelmäßig Anfragen von Mitarbeitern, die Interesse an einem Circle haben. Die einen sind neugierig, die andern haben Gutes von Kollegen gehört. Nun werden wir im September ein zweites Treffen organisieren – für Erfahrene und Neu- Interessierte. So können sich WOL und die Netzwerke innerhalb der REWE Group weiter ausbreiten.
Ramona Swhajor aus dem Bereich IT Wissen der REWE Systems und Angela Müller vom Learning Center Handel Deutschland
one: Klingt unkompliziert.
Angela Müller: Ist es auch. Die Einstellung macht den Unterschied. Wer hier mitmacht, bringt die Motivation und den Willen zur Selbstorganisation mit. Ziel ist es, gemeinsam mit anderen eigene Ziele zu erreichen und dadurch einen Mehrwert zu schaffen – für sich, Kollegen und das Unternehmen. Niemand muss, aber jeder kann. Einzig eine Grundhaltung sollten die Teilnehmer mitbringen: Offenheit, Transparenz…
Ramona Swhajor: … und Verbindlichkeit. Abgesehen davon gilt: einfach loslegen. Wir sind Reisebegleiter für die Circles und unterstützen sie bei der Methodik.
Lukas Fütterer: Dabei sollte WOL jedoch selbstorganisiert bleiben, von außen vorgegebene Ziele funktionieren nach unserer Erfahrung nicht. Idealerweise wird die „Graswurzelbewegung“ im Unternehmen irgendwann auch wohlwollend durch Führungskräfte unterstützt, damit sich mehr Mitarbeiter „trauen“ die Methodik auszuprobieren. Mit der Verbreitung von WOL auf Großveranstaltungen, Führungskräfte-Konferenzen und spezifischen Angeboten für das Management sind wir hier gut unterwegs. Letztendlich geht es um die Entwicklung einer Schlüsselkompetenz fürs 21. Jahrhundert.
one: Was unterscheidet die Netzwerke, die in Circles gebildet werden von anderen Netzwerken?
Angela Müller: Die Teilnehmer treffen sich wöchentlich etwa eine Stunde in kleinen Circles von drei bis fünf Leuten. Sie arbeiten dann zielgerichtet daran, Beziehungen und somit ein Netzwerk, aufzubauen, von dem nicht nur sie selbst sondern auch ihre Kollegen einen Nutzen haben. Eine Kollegin beschäftigt sich beispielsweise mit dem Ziel, agile Methoden besser kennen zu lernen. Durch den Austausch in ihrem Circle wurden Kontakte innerhalb der Rewe Group hergestellt, von denen nun weitere im Team in ihrer täglichen Arbeit profitieren.
Ramona Swhajor: Für mich ist der Circle wie Weight Watchers für Netzwerker: Alle Teilnehmer möchten etwas erreichen, eine freiwillige Zielkontrolle findet wöchentlich statt. Wobei es bei WOL nicht um die Erreichung des Ziels geht, sondern um die Aspekte, die man dabei lernt – vernetztes Arbeiten, die Vergrößerung des Netzwerkes und sich auszuprobieren in einem geschützten Raum. Wie auch in einer agilen Lernkultur gilt hier „inspect & adapt“, das Prinzip zur permanenten Verbesserung. Es ist also in Ordnung Fehler zu machen - die Teilnehmer überprüfen sich regelmäßig und können zur Verbesserung Maßnahmen ergreifen, um ihr Vorgehen anzupassen. Es gibt keine vorgegebene Zielerreichung, jeder ist individuell dafür verantwortlich und prägt somit noch mehr die 12 Wochen.
Lukas Fütterer: Diese Freiwilligkeit und Offenheit verbunden mit dem Peer-Group-Support und regelmäßigem Feedback bringen besonders wirkungsvolle Netzwerke hervor. Diese Netzwerke sind Treiber für Innovationen und unterstützen Qualität sowie Geschwindigkeit in der Zusammenarbeit.
Manager Employee NetWorking & Social Intranet
DigitalLife@Daimler Strategie
Twitterkontakt: @lukizzlAngela Müller
Expertin Learning
Abteilung: Learning Center im CoE Personalentwicklung
Im Unternehmen seit 01.12.2017
Twitterkontakt: @angelam3000.
Trainerin und Lernbegleiterin
Bereich: IT-Wissen, REWE Systems
Twitterkontakt: @bleistiftgebiet
Working out Loud ist eine noch junge, informelle Lernmethode, die darauf abzielt Netzwerke im Unternehmen zu bilden. Der Grundgedanke ist, dass diese bei der Erreichung eines persönlichen Ziels unterstützen. Teilnehmer erleben wie sie kollaborativ zusammenarbeiten können. Dadurch wird das Vertrauen unter Kollegen gestärkt. Es gibt keinen, der sein Wissen bewacht, denn Wissen wird bereitwillig geteilt.
Einer der Vordenker von WOL, John Stepper, hat die 5 Prinzipien von WOL formuliert:
- Beziehungen
- Großzügigkeit
- Sichtbare Arbeit
- Zielgerichtetes Entdecken
- Wachstumsorientiertes Denken
Methodik: Die Methode besteht aus einem 12-wöchigen Programm. Kollegen finden sich in 4er- bis 5er-Gruppen zusammen und treffen sich einmal pro Woche für eine Stunde - virtuell oder in Person. Die Methode baut ganz auf die freiwillige Bereitschaft der Einzelnen. In den Circles üben die Teilnehmer selbstorganisiert, anhand eines Begleitprogramms, den Circle Guides, ihr Ziel zu erschließen und zu erreichen.