Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser: Moderne Führung setzt auf Kooperation, Kontext und Transparenz. Wie das geht und was das für Führungskräfte und Mitarbeitende bedeutet, erklären Sabine May aus dem Bereich Executive HR und REWE Nord-Vertriebsleiter John David Neuhaus.
Ein brüllender Chef, der lautstark seine Mitarbeitenden zusammenfaltet – so sah lange Zeit das Bild des Chefs aus. Autoritär war das passende Persönlichkeitsmerkmal, das Führungsmotto lautete (frei nach Lenin): „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.
John David Neuhaus Nicht erst seit der Pandemie und der damit einhergehenden Tendenz zum flexiblen Arbeiten sehen sich Chefs der alten Schule vor Probleme gestellt. Denn Kontrolle war auch an Präsenz im Büro geknüpft. Doch mit der Corona-bedingten Dezentralisierung des Arbeitens stellt sich die Frage: Sollte es nicht heißen „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“? Führung mit Transparenz und Kontext ist gefragt. Doch wie genau sieht das aus? Und wie verändert das die Zusammenarbeit? Darüber haben wir mit John David Neuhaus, REWE-Vertriebsleiter in der Region Nord und mit seinen , in unserem Podcast Arbeitswelten gesprochen.
Kontextorientierte Führung lebt davon, dass die Führungskraft den Mitarbeitenden vertraut und Transparenz schafft. „Es geht immer darum, offen zu kommunizieren und Hintergrundinformation zu liefern. So können Mitarbeitende nicht nur Entscheidungen ihrer Führungskräfte besser akzeptieren, sie werden auch befähigt, selbst gute Entscheidungen zu treffen“, sagt Sabine May, im Bereich Executive HR als Program Manager für die Management Akademie zuständig. Mitarbeiter, so May, sollten ermutigt werden, an ihren Aufgaben zu wachsen. Dazu gehöre auch eine Führungskultur, die Fehler erlaube und die Möglichkeit eröffne, Scheitern als Chance zu begreifen.
Sabine May Statt autoritärer Chefs setzt moderne Führung daher auf Führungskräfte, die stärker wie Coaches agieren, also Fragen stellen und ihre Mitarbeitenden in deren Entwicklung unterstützen. Dazu gehört zunächst, die Mitarbeiter realistisch einzuschätzen. Es kommt darauf an, den Reifegrad der Mitarbeiter zu bewerten: „Führungskräfte müssen im Blick behalten, wieviel Anleitung braucht ein Team-Mitglied noch braucht. Je höher der Reifegrad, desto selbstständiger können Führungskräfte ihre Mitarbeitenden agieren lassen“, so Sabine May.
In Kombination mit einer hohen Informationsdichte können Führungskräfte so ihre Mitarbeitenden ermächtigen, eigenständiger und selbstbewusster zu agieren. Dies hat zum einen den Vorteil, dass Teams in schnelllebigen Zeiten, flexbiler reagieren können – denn Kontrolle kostet Zeit. Doch mindestens ebenso wichtig ist, dass gut informierte Mitarbeiter motivierter sind. Die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit, die vor allem für junge Menschen bei der Jobsuche eine wachsende Rolle spielt, ist mit Transparenz und Kontext besser vermittelbar.