one: Herr Souque, die REWE Group bekennt sich zur Charta der Vielfalt, einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft zu Diversity Management. Warum ist Vielfalt für unser Unternehmen wichtig? Welchen Stellenwert hat Diversity für die Zukunft, die Entwicklung der REWE Group?
Lionel Souque: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der REWE Group kommen aus mehr als 140 Nationen. Wir sind längst ein Schmelztiegel aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen, aus verschiedenen Interessen, Meinungen, Neigungen und Bedürfnissen. Kurz: Die REWE Group spiegelt eine bunte und vielseitige Welt wider.
Diese Vielfalt schafft unterschiedliche Perspektiven und fördert die Kreativität. Das ist wichtig, denn innovative und kreative Ideen sind zwingend erforderlich, um den Erfolg unseres Unternehmens fortzuführen und kontinuierlich weiter auszubauen. Das wäre undenkbar mit Menschen, die alle gleich sind. Gerade weil jeder Einzelne, egal in welcher Position, seine individuelle Persönlichkeit mit einbringt, entstehen innovative Denkansätze, die auch mal ausgetretene Pfade verlassen und einen anderen Weg einschlagen. Insofern hat Diversity für die Entwicklung der REWE Group einen hohen Stellenwert.
one: Wie kommt es der REWE Group konkret zu Gute, wenn sie Vielfalt in ihrer Belegschaft fördert?
Lionel Souque: Wir müssen auch in Zukunft als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Denn die Gewinnung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für unsere Märkte ist eine große Herausforderung, die wir nur meistern können, wenn wir die Charta der Vielfalt konsequent umsetzen. Das heißt: Mitarbeitern unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, sexueller Identität, Herkunft oder Behinderung einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz bieten, der allen Mitarbeitern gleiche Chancen bietet. Wenn wir diesen Anspruch einer vielfältigen Mitarbeiterstruktur konsequent umsetzen und fördern, sind wir ein attraktiver Arbeitgeber, bei dem man arbeiten möchte.
„Wir möchten die Menschen ermutigen, ganz sie selbst zu sein.“Lionel Souqueone: Für viele begrenzt sich Diversity Management auf einzelne Dimensionen, wie Frauenförderung oder Inklusion. Nur wenige Unternehmen fassen das Thema weiter. Wie ist es bei der REWE Group?
Lionel Souque: Diversity Management ist für uns weit mehr als der Anspruch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen oder Menschen mit Behinderung die gleichen Chancen zu bieten. Vielmehr möchten wir die Menschen ermutigen, ganz sie selbst zu sein und keine Scheu zu haben, sich bei uns auf ihren Wunschberuf zu bewerben. Das erfordert in erster Linie, dass wir im Management diese gewünschte Offenheit auch signalisieren und vorleben. Hier haben die Führungskräfte und Vorgesetzte eine besondere Verpflichtung.
one: Ist Diversity Management in erster Linie ein Personalthema oder ein Thema der Unternehmenskultur? Wie stehen die Mitarbeiter zu dem Thema?
Lionel Souque: Sowohl als auch. Diversity Management ist nicht nur ein reines „Fachbereichsthema“, sondern es muss gelebte Unternehmenskultur sein. Wir müssen in diesem Sinne eine Organisationskultur pflegen, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung jeder und jedes Einzelnen geprägt ist. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Vorgesetzte wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Werte erkennen, teilen und leben. Im Klartext heißt das, dass wir die Umsetzung des Diversity Managements auch zum Thema des internen und externen Dialogs machen müssen.
Aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen habe ich bisher nur positives Feedback erhalten. Es gibt genug Beispiele aus der Praxis, wo Diversity Management-Themen bereits umgesetzt sind. Ich denke da an di.to., das Netzwerk der REWE Group für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle. Das Netzwerk lebt und wird weiter ausgerollt.
Wie überall im Leben, trifft man auch im Berufsleben sicherlich auf Menschen, die weniger tolerant sind. Das sollte jedoch immer zum Anlass genommen werden, sich vor diesen Menschen klar zu positionieren.
„Jeder Einzelne ist aufgerufen, mitzuwirken, wenn es um Toleranz und Respekt geht.“Lionel Souqueone: Welche Diversity-Maßnahmen sind bei der REWE Group bereits eingeführt? Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Lionel Souque: di.to. habe ich bereits erwähnt. Neben der ausgesprochenen Wichtigkeit der Akzeptanz von homosexuellen Mitarbeiter/innen und der selbstverständlichen Integration von ausländischen Kolleginnen und Kollegen, ist jeder Einzelne aufgerufen, mitzuwirken, wenn es um Toleranz und Respekt geht. Die REWE Group ist durch ihre Vertriebslinien in ganz Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern bekannt. Immer wieder werden wir im privaten Bereich angesprochen, ob man sich bei uns bewerben kann, obwohl man sich selbst nicht als „klassischer“ Bewerber sieht, vielleicht weil man einen anderen Pass, eine Behinderung oder eine andere sexuelle Orientierung hat.
Um hier mit einem klaren „Ja!“ antworten zu können, arbeiten wir an der Überprüfung unserer Personalprozesse. Denn hier muss sichergestellt sein, dass diese den vielfältigen Fähigkeiten und Talenten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserem Leistungsanspruch gerecht werden.
one: Der deutsche Handel wird immer noch vor allem von deutschen Managern geführt (Ausnahmen bestätigen die Regel...). Wie viel Wert legt unser Unternehmen beim Recruiting auf Internationalität?
Lionel Souque: Ich selber fühle mich als Ausländer bei der REWE Group seit Jahren wohl und dieses Empfinden sollen alle, die bei uns beschäftigt sind, haben. Unser Management hat sich mit der Unterzeichnung der Charta unter anderem auch zum europäischen Recruiting verpflichtet. Von den Beschäftigten in Deutschland und Österreich haben rund 20.000 einen ausländischen Pass.
Um dem Nachwuchsmangel zu begegnen, setzt die REWE Group in Deutschland auf junge Menschen aus dem Ausland und bildet sie in ganz unterschiedlichen Berufen aus. Es sollen gezielt angehende Auszubildende und Führungskräfte aus dem europäischen Ausland geworben werden. Auch diesen neuen Mitarbeitern möchte die REWE Group eine langfristige Perspektive bieten. Und dabei spielt Diversity Management eine wichtige Rolle.