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Lesedauer: 2 Minuten
Kaufmann Josef Stenten im Interview
„Wir müssen diesen Weg gehen“
von Bettina Rees
REWE-Kaufmann Josef Stenten gab Austin Ekwealor-Obiorah eine Chance: Der junge Mann war aus Nigeria nach Deutschland geflüchtet. In dem Aachener REWE-Markt gelang ihm der Jobeinstieg in den Handel. Im one_Interview berichtet Josef Stenten, warum er Austin Ekwealor-Obiora trotz Sprachproblemen eine Ausbildung ermöglichen will – und warum die Integration von Flüchtlingen für ihn gerade jetzt so wichtig ist.

one: Herr Stenten, im Mai 2016 besuchten wir in Ihrem Markt in Aachen Austin Ekwealor-Obiorah, der als Geflüchteter aus Nigeria als Praktikant bei Ihnen beschäftigt war. Oder immer noch ist?
Josef Stenten:
Ja, Austin ist noch bei uns. Mit ihm hat sich alles soweit gut entwickelt. Ende des Jahres soll er dann in die Ausbildung übergehen. Aktuell ist er weiterhin in einer EQJ-Maßnahme. (Anm.d.Red.: Das Einstiegsqualifizierungsjahr für Jugendliche, kurz EQJ, ist ein betriebliches, vergütetes Langzeitpraktikum und soll als Brücke zur Ausbildung dienen.) Dass Austin noch nicht in der Ausbildung ist, liegt an seinen Deutschkenntnissen. Ich dachte anfangs, es geht schneller, aber er tut sich noch immer relativ schwer. 

Daher erhält er derzeit ausbildungsbegleitenden Stützunterricht, drei Mal die Woche paukt er Deutsch und kaufmännisches Wissen. Er steht uns im Markt also wenig zur Verfügung im Moment. Aber ohne diese Unterstützung geht es einfach nicht. „Ohne Deutschkenntnisse geht es nicht“REWE-Kaufmann Josef Stenten

one: Welche Stärken bringt er für die Tätigkeit im Markt mit?
Josef Stenten: Austin ist ganz klar wissbegierig und motiviert. Die Kunden mögen ihn und seine freundliche Art, er kommt gut mit ihnen und den Kollegen klar. Es ist halt nur dieses Sprachproblem da. 

Bei den Kunden sehr beliebt: Austin Ekwealor-Obiorah (Fotos: Achim Bachhausen)

one: Sind Deutschkenntnisse der einzige Unterschied zwischen Austin und, sagen wir, einem deutschsprachigen 16-jährigen Azubi aus dem Nachbarort?
Josef Stenten:
Natürlich bringt Austin andere Erfahrungen mit. Er hat sehr belastende Erlebnisse gehabt in seinem Leben, in Nigeria, als Flüchtling. Das hängt er zwar nicht an die große Glocke, aber wir merken ja, wenn er traurig ist. Dann tut sich eine Kluft auf zwischen ihm und uns, die viel tiefer geht als Sprache. In solchen Momenten gehen wir auf ihn zu und versuchen, ihn wieder zurück zu holen. Uns allen ist klar: Mit ihm müssen wir auf eine persönlichere Art umgehen als mit einem einheimischen Azubi. 

REWE-Kaufmann Josef Stenten mit Praktikant Austin Ekwealor-Obiorah, Jobcoach Natalie Eisfelder und REWE-Teamkollegin Shqipe Berisha (Foto: Achim Bachhausen) one: Warum entschieden Sie sich im vergangenen Jahr überhaupt dafür, einen Geflüchteten einzustellen?
„Eine Partei wie die AfD oder deren Gedankengut darf nicht noch mehr Oberhand gewinnen“REWE-Kaufmann Josef StentenJosef Stenten: Es gibt einfach zu wenig Mitarbeiter, wir müssen diesen Weg gehen. Die Mühe rechnet sich wirtschaftlich vielleicht noch nicht, aber wir sammeln damit wichtige Erfahrungen. Menschen wie Austin Ekwealor-Obiorah ins Team zu integrieren, das ist wichtig für die Zukunft des Handels. Und das meine ich nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Sondern ganz einfach menschlich. Eine Partei wie die AfD oder deren Gedankengut darf nicht noch mehr Oberhand gewinnen. Das ist ganz einfach nicht im Sinne der Gemeinschaft.

REWE-Kaufmann Josef Stenten betreibt gemeinsam mit seinem Vater Josef und seinem Sohn Max einen Markt in Aachen. Sein Tipp für Kaufleute: „Fangen Sie einfach an, stellen Sie einen Praktikanten oder Azubi mit Migrationshintergrund ein, und sammeln Sie Ihre Erfahrungen.“ 
Sein Wunsch: Mehr Erfahrungsaustausch zwischen Kaufleuten, die Geflüchtete eingestellt haben. 
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