Ein kleiner Erzeuger vom Land und eine große Supermarktkette wie REWE – wie passt das zusammen? In der Lokal-Partnerschaft hat sich REWE zu verbindlichen Grundsätzen für die Zusammenarbeit mit kleinen und lokalen Erzeugern in der direkten Marktumgebung verpflichtet. REWE-Märkte in ganz Deutschland leben diese Grundsätze schon seit vielen Jahren in ihrer Zusammenarbeit mit Lieferanten aus ihrer Region. Vier regionale Lieferanten und vier REWE-Kaufleute erzählen, wie sie zueinander fanden, welche Bedenken sie hatten – und warum die Partnerschaft heute für beide Seiten ein Gewinn ist.
Vertragspartner
Martin Hofmeir (l.), Inhaber der Kunstmühle, mit den „Senior-Chefs“ Hildegard und Hans Hofmeir „Ehrlich gesagt war ich nicht sofort überzeugt, als mich Raimund Wieselhuber im Herbst 2018 fragte, ob ich mir vorstellen könne, seinen REWE-Markt zu beliefern. Ich hatte Zweifel, ob das gutgehen kann – ein kleiner Handwerksbetrieb und die große REWE. Wie wird das organisatorisch klappen? Und: Werden wir uns auf für uns beide annehmbare Konditionen einigen können? Große Lebensmittelhändler stehen ja in dem Ruf, hart zu verhandeln. Andererseits eröffnete sich uns damit die Chance, Kundenkreise zu erschließen, die alleine schwer erreichbar waren. Schnell habe ich gemerkt, dass meine Bedenken unbegründet waren. Wir konnten uns ohne Probleme auf Lieferbedingungen einigen, die für uns beide vorteilhaft sind.
Wichtig ist auch, dass wir persönlich einen guten Draht zueinander haben. Die Kommunikation ist unkompliziert, manchmal reicht eine kurze Nachricht oder E-Mail. Und bis zum Markt sind es von der Mühle nur knapp vier Kilometer. Mit dem Absatz bin ich sehr zufrieden: Unsere Backmischungen und Typenmehle waren von Anfang an sehr gefragt. Unsere Regalfläche im Markt ist heute mehr als doppelt so groß ist wie zu Beginn der Lieferbeziehung.“
Martin Hofmeir, Kunstmühle Hofmeir, Fahlenbach
Raimund Wieselhuber, REWE-Kaufmann in Rohrbach, mit Ehefrau Melanie „Ich war neu in der Region, hatte vom Hofladen der Mühle Hofmeir gehört und bin aus Neugier einmal hingefahren. Das Konzept hat mir gefallen und ich habe Martin Hofmeir rasch von den Vorteilen einer Lieferpartnerschaft überzeugen können. Aktuell verkaufe ich mit großem Erfolg Mehle und Backmischungen der Kunstmühle in verschiedenen Packungsgrößen. Manchmal ist es nicht leicht, mit kleinen regionalen Lieferanten ins Geschäft zu kommen. Sie fürchten, ein großer Lebensmittelhändler könne ihnen irgendwann die Preise diktieren oder Strafzahlungen fordern, wenn sie aus welchen Gründen auch immer einmal nicht liefern können. Für mich ist klar: Ich werde Produkte aus der Region nicht verramschen. Das muss ich auch gar nicht, denn diese Waren verkaufe ich nicht über den Preis, sondern über das Etikett. Für regionale Produkte zahlen Kunden ohne zu murren einen höheren Preis als für einen anderen für sie anonymen Artikel.
Mir gefällt der unkomplizierte Umgang: Wenn ich einmal unerwartet Ware benötige, schreibe ich eine kurze Nachricht und am nächsten Tag wird geliefert. Martin Hofmeir und ich helfen uns gegenseitig: Ich verkaufe seine Waren und setze mich dafür ein, dass er mit seinem Sortiment auch bei anderen REWE-Händlern in die Regale kommt. Dafür unterstützt er mich als Zugezogenen, mit örtlichen Vereinen Kontakt aufzunehmen.“
Raimund Wieselhuber (Foto mit Ehefrau Melanie), REWE-Kaufmann in Rohrbach
Martin Hofmeir,
Kunstmühle Hofmeir, Fahlenbach
„Die Kunstmühle Hofmeir wird mittlerweile schon seit vier Generationen von unserer Familie an ihrem Standort in Fahlenbach betrieben. Das Getreide beziehen wir regional von Bauern aus einem Umkreis von ca. 40 Kilometer – etwa im selben Radius liefern wir auch Mehl an unsere Kunden.
Unseren Mühlenladen, in dem wir unsere Mehl- und Getreideprodukte verkaufen, gibt es seit den 1980er-Jahren, damit zählt er zu den Ersten in Deutschland.“
Raimund Wieselhuber,
REWE-Kaufmann in Rohrbach
„Hier bei uns auf dem Land ist es für einen Lebensmittelhändler besonders wichtig, Produkte aus der Region im Angebot zu haben. Die Kunden greifen gerne zu Waren von Herstellern, deren Namen ihnen geläufig sind, weil sie dort gelegentlich vorbeifahren, oder deren handelnde Personen sie möglicherweise sogar persönlich kennen. Deshalb habe ich mir gleich bei der Eröffnung meines Marktes im September 2018 überlegt, welche heimischen Lieferanten mein Sortiment bereichern könnten.“
gute Arbeit
Heribert Nüßlein mit Familie auf dem Hof Nüßlein „Es war Zufall, dass wir in einem Gasthof ins Gespräch gekommen sind. Bis dahin hatte ich nur kleine Metzgereien beliefert. Die Zusammenarbeit mit dem Handel fand ich kompliziert, aber mit Frau Rudel ging es reibungslos. Als wir begonnen haben, hatten wir 100 Rinder, jetzt sind es 160. Es ist überwiegend Gelbvieh, eine vom Aussterben bedrohte alte Hausrinderrasse. Wir arbeiten in einem geschlossenen System, das heißt: Der Großteil der Kälber stammt von unseren eigenen Kühen. Diese werden entweder zur weiteren Zucht oder zur Mast aufgezogen. Alle unsere Tiere stehen im Offenstall auf Stroh, die Kühe auch in der Sommerweidehaltung. Um im Gespräch zu bleiben, müssen wir was Neues rausbringen und gemeinsam Innovationen entwickeln, wie das Rosékalb, ein besonders zartes Fleisch von jungen Tieren. Voraussetzung für die erfolgreiche Vermarktung ist geschultes Verkaufspersonal.“
Heribert Nüßlein (Foto mit Familie), Hof Nüßlein
Anne Rudel, REWE-Kauffrau in Bamberg
„An unsere erste Begegnung kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich war mit meinem Mann zum Essen in einem Gasthof. Dort habe ich zufällig mitbekommen, wie sich zwei junge Landwirte über neue Vermarktungsmöglichkeiten für ihr Rindfleisch unterhielten. Da bin ich hellhörig geworden, weil ich zu der Zeit auf der Suche nach etwas Regionalem für unsere Fleischtheke war. Kurzerhand habe ich die beiden angesprochen und mich vorgestellt. Wir haben dann in der Folge noch viele weitere Gespräche geführt. So richtig gebrochen war der Bann, als ich Heribert auf seinem Hof besucht habe und er mir ein Kalb in den Arm gelegt hatte. Es hat dann eine Weile gedauert, bis alle Zertifizierungen vorlagen und die Verträge unter Dach und Fach waren. Unsere REWE-Qualitätssicherung hat uns hier tatkräftig unterstützt. Das Fleisch holen wir mit unserem eigenen Kühlauto im nahegelegenen Schlachthof ab. Zum Glück haben wir einen Metzger, der die Rinderhälften für die Theke zerlegt.
Um Preise feilsche ich nicht, sondern zahle dem Bauern, was er verlangt. Das Fleisch ist zwar teurer, aber es schmeckt auch besser. Das bestätigen uns unsere Kunden, denn seit der Einführung steigt der Umsatz mit dem lokalen Rindfleisch kontinuierlich. Inzwischen züchtet Heribert Nüßlein exklusiv für REWE Rudel auch Strohschweine. In der ersten Dezemberwoche sind wir mit dem Verkauf gestartet. Die Kunden sind total begeistert. Wenn man die Ware aktiv vermarktet, haben Regionalität und Lokalität noch viel Potenzial. Das Thema ist wunderbar, aber zeitintensiv. Die Kontaktpflege ist enorm wichtig.“
Anne Rudel, REWE-Kauffrau in Bamberg
Heribert Nüßlein, Hof Nüßlein, Strullendorf
Heribert Nüßlein arbeitet hauptberuflich im Außendienst und ist Landwirt und Rinderzüchter im „vollen Nebenerwerb“. Unterstützt wird er von zwei Teilzeitangestellten. Die Wurzeln des Betriebs in der Nähe von Bamberg reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück.
Anne Rudel, REWE-Kauffrau in Bamberg
Anne Rudel beschäftigt sich in ihrem Bamberger REWE-Markt seit 25 Jahren mit Regionalität. Nach der Rückführung der Markt-Metzgerei in die Eigenregie suchte sie lokale Produkte für die Bedienungstheke.
Netzwerke
Katja Henn beliefert REWE mit Marmelade und Essig „Begonnen hat alles im Jahr 2018. Damals war ich noch Personalreferentin und habe angefangen, die zu Hause in Overath hergestellte Marmelade zu verkaufen. Der Kontakt zu Frau Wintgens war unkompliziert. Ich habe angerufen, gefragt, Warenproben abgegeben und dann Verkostungen im Markt durchgeführt. Dabei lernt man viel, denn manche Kunden sind kritisch und durchleuchten die Produkte regelrecht. Die Namen der insgesamt 27 Marmeladen- und vier Essigsorten überlege ich mir selbst. Neue Rezepturen probieren wir zuerst in der Familie, bevor sie im kleinen Team in größeren Mengen produziert werden. Nicht alle Sorten sind ständig verfügbar, denn ich verarbeite nur Obst, das saisonbedingt zu akzeptablen Preisen verfügbar ist. 2019 gab´s zum Beispiel keine Johannisbeermarmelade." Das Obst bezieht Katja Henn überwiegend vom Großmarkt oder aus der Nachbarschaft, die ihr jedes Jahr kiloweise Äpfel, Birnen oder Pflaumen vor die Tür stellen. Beim Großmarkt achtet sie darauf, so oft wie möglich Überhangware zu nutzen. Beispiele hierfür sind krumme Äpfel, verformte Erdbeeren oder reife Himbeeren. Denn unperfektes Obst wird oft auf dem Acker vom makellosen Obst getrennt und entsorgt. Deshalb gibt sie diesem Obst eine zweite Chance und kreiert damit tolle Fruchtaufstriche. Mittlerweile beliefert "bykatie" knapp 100 Märkte.
Katja Henn, bykatie, Overath
Ursula Wintgens, REWE-Kauffrau „Wir sind täglich aufs Neue bemüht, unsere Kunden zu überraschen. Anlässe gibt es genug, so feiern wir gerne besondere Tage. Einer ist der ,Tag des Deutschen Butterbrotes´. Einmal gab es für unsere Kunden Weißbrotschnitten, belegt mit der ,byKatie´-Marmelade. Die Kunden waren von den ungewöhnlichen Sorten und den lustigen Namen positiv beeindruckt. Auch die Fruchtessige von Frau Henn haben wir verkostet. Das kommt bei unseren Kunden gut an, nicht nur live im Markt, sondern auch in den sozialen Medien. Wir posten alle Ereignisse bei Facebook und bekommen dafür unzählige Likes und werden hundertfach geteilt."
Ursula Wintgens, REWE-Kauffrau in Bergisch Gladbach-Bensberg
Katja Henn:
Sie hören auf Namen wie „Schlaubirne“, „Fruchtbar“, „Habgier“ oder „Zimtzicke“: die innovativen Marmeladensorten des Start-ups „bykatie“ aus Overath im Bergischen Land. Dahinter steckt die Gründerin und Inhaberin Katja Henn. Die ehemalige Personalreferentin und vierfache Mutter wagte mit der Produktion von Fruchtaufstrichen und Essigen den Schritt in die Selbstständigkeit.
Ursula Wintgens:
Die REWE-Kauffrau betreibt seit über 20 Jahren einen 770 Quadratmeter großen REWE-Markt in Bergisch Gladbach-Bensberg. Im vergangenen Jahr eröffnete sie ebenfalls in Bensberg ihren zweiten Markt. Zusammen mit ihrem rastlosen 84-köpfigen Multi-Kulti-Team versteht sie es, ihre Kunden immer wieder aufs Neue zu begeistern. Ihre Haltung spiegelt sich im Sortiment, das international, aber auch – bergisch-bodenständig – regional ausgerichtet ist.
entwickeln
Imker Rainer Groß „Honig gehört zu den Produkten, die Verbraucher besonders gerne von Erzeugern aus der Region kaufen. Von Imkern, an deren Bienenstöcken sie vielleicht schon einmal vorbeispaziert sind. Ich bin offen für Anregungen von Kunden. Wenn Honig-Liebhaber Ideen für neue Geschmacksrichtungen haben, probiere ich gerne aus. Allerdings hat das Mixen Grenzen. Nicht alle Sorten lassen sich beliebig kombinieren. Aber manchmal passt es. So biete ich beispielsweise Sommerblütenhonig mit einem hohen Anteil Lindenhonig an, den man deutlich herausschmeckt. Neue Wege gehe ich auch bei der Verpackung. Ich fülle den Honig in Mehrweggläser ab, für die ich dann ein Pfand berechne. Die kurze Entfernung zwischen dem REWE-Markt in Waida und meinem Imkerbetrieb macht es leicht, sich immer mal wieder persönlich auszutauschen und gemeinsam zu netzwerken. Andere Vertriebspartner im Lebensmittelhandel habe ich nicht. Aber vielleicht ergibt sich später einmal die Möglichkeit, andere REWE-Märkte in der Umgebung zu beliefern. Allzu weit möchte ich den Radius jedoch nicht ziehen, schließlich soll mein Honig tatsächlich ein Produkt aus der Region sein.“
Rainer Groß, Bienenhof Groß, Bocka
Eileen Wutzler, REWE-Kauffrau „An einem Frühlingstag vergangenen Jahres stand Rainer Groß plötzlich bei mir im Markt und fragte, ob ich mir vorstellen könne, seinen Honig zu verkaufen. Die hohe Qualität seines Honigs kann der Imker leicht belegen – schließlich hat er bereits mehrere Prämierungen des Deutschen Imkerbundes erhalten und zuletzt sogar zwei Ehrenpreise des thüringischen Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Seit Juni vergangenen Jahres verkaufe ich mit gutem Erfolg Honig vom Bienenhof Groß.
Was mir besonders gefällt: Wir entwickeln gemeinsam Innovationen. Wenn meine Kunden Wünsche äußern oder Anregungen für neue Honigsorten geben, versucht Rainer Groß das umzusetzen. Seine Bienenvölker sind in Holzmagazinen an verschiedenen Standorten in der Region verteilt. Dadurch kann er Sortenhonige ernten, zum Beispiel Rapsblüte, Frühtrachthonig oder Sommerblütenhonig. Um neue Sorten bekannt zu machen, veranstalte ich regelmäßig Aktionen in meinem Markt – zum Beispiel gemeinsames Brötchen schmieren mit Honig vom Bienenhof Groß. Umgekehrt lädt der Imker immer wieder Kunden in seinen Betrieb ein, um zu zeigen, wie Honig gemacht wird.“
Eileen Wutzler, REWE-Kauffrau, Weida / Thüringen
Rainer Groß,
Bienenhof Groß, Bocka
„Ich habe 1985 mit der Bienenhaltung begonnen und führe damit eine Familientradition fort. In meinem Hofladen biete ich neben Honig auch Honigwein, Bienenwachskerzen und Kosmetikprodukte mit Honig-Inhaltsstoffen an. Zum anderen verkaufe ich auf ausgesuchten Märkten sowie über das Internet – und seit vergangenem Sommer eben auch im REWE-Markt Wutzler. Das ist für mich eine tolle zusätzliche Option, denn gerade vielen meiner älteren Kunden ist der Weg zum Hofladen ins abgelegene Bocka oft zu weit. Nun verweise ich sie auf den gut erreichbaren REWE-Markt in Weida. Das ist wiederum auch ein Gewinn für Eileen Wutzler.“
Eileen Wutzler,
REWE-Kauffrau, Weida / Thüringen
„Ich habe den Markt in Weida 2006 eröffnet und bin ein großer Fan regionaler Produkte. Denn ich weiß, Kunden schätzen es, wenn Waren aus ihrer Heimat kommen. Das schafft Vertrauen. Und wenn dann die Qualität stimmt, greifen sie gerne zu – auch wenn ein Artikel möglicherweise teurer ist als das Produkt eines anderen Lieferanten. Entscheidend ist das gute Gefühl und weniger der Preis. Der Bienenhof von Rainer Groß ist in Bocka, einem kleinen Ort, nur wenige Kilometer von meinem Markt entfernt.“