nächster Artikel vorheriger Artikel
10.08.2023
Anzeige
#OnlineAmLimit: Ohne Familienstress unterwegs im Netz
09.08.2023
Mehr als nur Hobby
Wind, Wasser und ich
ArticleId: 4307magazineUm für ein großes Projekt seines Fachbereichs in sehr kurzer Zeit sehr viele Talente zu gewinnen, beschritt Lorenz Determann gemeinsam mit einem HR-Team um Alexandra Welter neue Wege. Das bedeutete viel Arbeit - und noch mehr Spaß. https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/4/1/csm_ts_standard_interviewDW_f6e5dbf94a.jpgBewerbungsgespräche als TeamsacheRecruiting
Die Mitarbeitenden nahmen an der Talentsuche teil. Bildnachweis: Vadym Pastukh - iStock/Getty Images
Recruiting
„Das gesamte Team hat die Bewerbungsgespräche geführt“
von Bettina Rees

Um für ein großes Projekt seines Fachbereichs in sehr kurzer Zeit sehr viele Talente zu gewinnen, beschritt Lorenz Determann, Bereichsleiter im Ressort Customer, Strategy & Analytics, gemeinsam mit einem HR-Team um Alexandra Welter neue Wege: Als Partner auf Augenhöhe begaben sie sich gemeinsam auf die Suche. Zum Erfolg trugen authentisches Storytelling, unterschiedliche Kommunikationskanäle und nicht zuletzt die Mitarbeitenden bei, die aktiv in die Talentansprache integriert wurden. Das bedeutete viel Arbeit - und noch mehr Spaß. 

one: Alexandra, Lorenz: Beschreibt doch zum Einstieg einmal kurz das Projekt, um das sich unser Gespräch drehen wird.

Lorenz Determann: Seit 2020 haben wir im Auftrag von Vorstand Christoph Eltze überlegt, wie wir die REWE Group für die Nutzung moderner analytischer Verfahren wie beispielsweise der künstlichen Intelligenz (KI) neu aufstellen können. Dabei war uns von Anfang an klar: Es handelt sich um ein großes Transformations- und Changeprojekt, das in vielen Dimensionen wirkt. Da ist vordergründig die technologische Perspektive, aber auch eine organisatorische und eine Change-Perspektive. Und wir wollten das Thema beschleunigen und skalieren. Damit gab es also auch eine Recruitingperspektive. Und hier wurde schnell deutlich: Mit den bestehenden Talent Acquisition-Verfahren kommen wir nicht weiter, wenn wir die erforderliche Mitarbeiterzahl im Bereich aufbauen wollen. Wir müssen neue Wege beschreiten. Denn wir wussten ja, wie lange es bis dato dauerte, neue Mitarbeitende einzustellen. Jetzt mussten wir die Schlagzahl erhöhen und es war klar: Auf die altbewährte Weise werden wir das in unserem Zeitrahmen nicht schaffen.

Alexandra Welter: Für uns seitens Talent Acquisition war die Dimension dieser Transformation ebenso neu. Es gab und gibt natürlich überall bei der REWE Group große Veränderungsprozesse, aber die hier vorgefundene Ambition und die Geschwindigkeit dahinter haben uns vor eine ganzheitliche Aufgabe gestellt.

one: Von welchem Zeitraum sprechen wir?
Alexandra Welter:
In einem ersten Schritt musste innerhalb von zwölf Monaten eine mittlere zweistellige Zielzahl an Einstellungen erreicht sein. Und das vor dem Hintergrund eines schwierigen Bewerbermarktes, in dem es deutlich weniger als einen aktiv suchenden Bewerbenden pro Stelle gibt (Hey Jobs Index). Wir wussten also, es wird nicht reichen, eine Anzeige zu schalten sowie auf bewährte Verfahren zu setzen. Um schnell, strukturiert und gut starten zu können, mussten wir vielmehr wissen: Wo ist die Zielgruppe und was macht sie aus?

one: Also sehr schnell sehr viele Menschen finden. Wie verlief die Zusammenarbeit, um das zu erreichen?
Alexandra Welter:
Das Relevante und das Neue war die sehr enge partnerschaftliche Zusammenarbeit von HR und Fachbereich. Denn die Größe, die Komplexität und das Ganzheitliche des Projekts erforderten andere Vorgehensweisen als zuvor. Wir mussten also eng zusammenrücken.

Lorenz Determann: Ich hatte so ein Projekt in solch einer Dimension noch nie zuvor durchgeführt. Uns allen war klar: Da kommt etwas Großes auf uns zu, da müssen wir anders agieren. Dieses anders Agieren besteht aus zwei Komponenten: Wenn wir zuvor eine neue Stelle besetzten, haben wir mit HR immer punktuell kooperiert. War die Stelle besetzt, haben wir uns voneinander verabschiedet. Diesmal aber brauchte es den permanenten, gemeinsamen Austausch und das Schaffen einer gemeinsamen Arbeitsstruktur. Die zweite Komponente:  Davor kam HR eher eine Dienstleistungsrolle zu: Wir brauchen neues Personal, HR „beschaffte es“. Diese Rollenverteilung haben wir von Grund auf verändert. Um erfolgreich sein zu können, haben wir einen gemeinschaftlichen Ansatz gewählt. Heißt: mit am Tisch sitzen, auf Augenhöhe agieren und als Partner, nicht als Dienstleister, die Aufgabe mit uns lösen.

Also haben wir schnell verschiedene Arbeitsgruppen, so genannte Work Streams, gegründet…

Alexandra Welter: Und wir haben seitens HR einzelne dieser Work Streams geleitet, so wie meine Kollegin Ruth Meimberg, die als Head of Talent Acquisition Corporate Functions für den Workstream Talent Acquisition verantwortlich war.

Da wir ja nicht nur intern, sondern auch sehr viel extern suchten, gehörte unter anderem ein umfassendes Verständnis des Zielbildes und damit gutes Story Telling mit zu unserem Konzept. Lorenz und sein Bereich haben uns hier gut mitgenommen. Sie nahmen sich Zeit, Einblicke in ihre Arbeit zu geben. Das half uns dabei, unsere Stellen und den Fachbereich nach außen gut und voller Überzeugung zu vermarkten. Das gelang so gut, weil wir permanent an einem Tisch saßen. Diese Nähe und die Transparenz waren super. Wir wussten, was wir am Talentmarkt erzählen können, das hat uns sehr geholfen, potenzielle Kandidat:innen im Rahmen des Sourcings anzusprechen. Wenn ich eine gute Story erzählen und Emotionen erzeugen kann, dass man hier dabei sein muss, ist das die halbe Miete.

Lorenz Determann: Das Storytelling war natürlich Aufwand, wir haben hier viel Zeit investiert, um Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu schaffen. Aber da war auch diese intrinsische Motivation, gemeinsam etwas ganz Neues auszuprobieren

„Wichtig sind authentisches Storytelling, Nahbarkeit, Einblicke zu geben in die Arbeitswelt bei uns.“
Alexandra Welter

one: War dieses Ausprobieren eine Art von „try and error“? 
Alexandra Welter:
Das Stichwort ist Lernen, wir haben auf unserem „Talent Acquisition Navi“, wie wir es nannten, immer neue Tasten bespielt. Das war mal eine andere Form von Videos, eine eigene Landing Page mit vielen Infos für die Kandidatinnen oder auch Podcasts. Und all das in einer Geschwindigkeit, die zum Erfolg beim Besetzen der Stellen geführt hat. Aber auch der ganze Spirit war Teil des Erfolgs. Es hat allen riesigen Spaß gemacht, Teil der Transformation zu sein und einen Beitrag zum Gelingen zu leisten.

Lorenz Determann: Verglichen mit vorherigen Bewerbungsprozessen war das eine ganz andere Art, über Talente und über die Zielgruppe nachzudenken. Wir fragten das bestehende Team: Warum seid Ihr bei uns, was findet Ihr gut? All das haben wir dann nach außen getragen. Es war viel try dabei und erstaunlich wenig error. Der Weg nach vorne war relativ gradlinig.

Insgesamt hatten wir rund 500 Bewerbungen, auch weil wir auf für uns neuen Kanälen wie Instagram eine gewisse Bekanntheit und Sichtbarkeit erreichen konnten. Das funktionierte tatsächlich sehr gut, die „alten Kanäle“ hingegen verloren an Stärke.

one: Die klassische Stellenanzeige funktioniert also nicht mehr?
Alexandra Welter:
Die Stellenanzeige ist auf keinen Fall tot, darüber generieren wir gerade zu Anfang Traffic und Aufmerksamkeit über die Suchmaschinen wie Google. Als Initialzündung ist das gut, dann müssen wir weitere Schritte im Employer Branding gehen. Wichtig sind authentisches Storytelling, Nahbarkeit, Einblicke zu geben in die Arbeitswelt bei uns. Unsere Videos sind nicht auf Hochglanz gebürstet: Da erzählen Kolleg:innen einfach, wer sie sind, was sie machen, singen auch mal ein Lied… Niemand ist gecastet und all das macht es charmant und glaubwürdig. Mit dem Content, den wir aus dem Bereich bekommen hatten, konnten wir unsere Botschaften in den unterschiedlichsten Kanälen gut platzieren und nach und nach unsere zielgruppenspezifische Gewinnungsstrategie aufbauen.

Lorenz Determann: Viele der dadurch gewonnenen neuen Kolleg:innen spiegeln uns, was sie für uns eingenommen hat: Bei anderen Unternehmen kamen sie erstmals im Bewerbungsgespräch wirklich mit dem potenziellen Arbeitgeber in Kontakt. Wir hingegen haben versucht, genau das nach vorne zu verlegen. Durch unsere Maßnahmen und die Videos konnten sich die Bewerber:innen anschauen, wer ist das Team, wie sind die Büros, und so weiter. Das half uns, die Bewerbungsgespräche an einem ganz anderen Punkt aufsetzen. Wir konnten direkt mit den Weiterbildungsmöglichkeiten, den Technologien, dem Expertennetzwerk überzeugen. Wir konnten die Ansprache so verändern, dass wir die attraktiven Botschaften, zum Beispiel Arbeitsplatzsicherheit, schon vor das erste Bewerbungsgespräch legten.

„Eine der Kernveränderungen, die wir vorgenommen haben: Recruiting ist nicht mehr nur eine Führungsaufgabe.“
Lorenz Determann

one: Das klingt sehr zeitaufwändig
Alexandra Welter:
Diese partnerschaftliche Ausrichtung gemeinsam mit dem Fachbereich bindet natürlich Zeit, ist aber Voraussetzung für den Erfolg. Wir müssen uns als ein Talent Acquisition Team verstehen. Was aber gutes Recruiting noch ausmacht, ist Schnelligkeit! …

Lorenz Determann: ... Wir waren am Anfang zu langsam, einige Kandidat:innen sind uns von Mitbewerbern weggeschnappt worden. Vorher hatten wir einen durchschnittlichen Ablauf von 45 Tagen, den haben wir sicherlich halbiert. Wenn der Bewerbungsprozess schnell ist, sind wir konkurrenzfähiger.

one: Ihr seid schneller geworden. Welche Veränderungen gab es noch?
Lorenz Determann:
Eine der Kernveränderungen, die wir vorgenommen haben: Recruiting ist nicht mehr nur eine Führungsaufgabe. Wir haben das ganze Team mitgenommen und eingeladen, Bewerbungsgespräche mit zu führen. Das führte nicht nur zu mehr Schnelligkeit, sondern auch zu einer viel höheren Identifikation der Teams mit den neuen Bewerbenden, weil man selber Teil des Ganzen ist. Das haben wir übrigens beibehalten, denn die Bewerber:innen selbst wollen ja auch gerne Kontakt zur Arbeitsebene bekommen und nicht nur zu den Führungskräften. Das haben uns auch viele der Neuen zurückgespiegelt, dass sie es wertvoll fanden, die Erstgespräche mit Kolleg:innen geführt zu haben.

Alexandra Welter: Auf dem Recruiting Summit, bei dem die REWE Group dieses Jahr als Gastgeber Talent Acquisition Expert:innen anderer Unternehmen zum Austausch eingeladen hatte, haben wir dieses Projekt vorgestellt. In einem Einspieler (s. Video) erzählte ein neuer Kollege, was ihn persönlich überzeugt hatte. Dazu gehörte, dass wir ihm die gewünschte Zeit gegeben haben, sich in Ruhe zu entscheiden. Für uns.

one: Ganz herzlichen Dank an Euch beide für das Gespräch!

Alexandra Welter ist seit November 2022 Head of Talent Attraction im Bereich Talent Acquisition. Zum Zeitpunkt des hier beschriebenen Projekts betreute sie als HR-Partnerin unter anderem den Bereich Customer, Strategy & Analytics und leitete einen der Workstreams.

Lorenz Determann ist seit 2019 Bereichsleiter für den Bereich Analytics im Ressort Customer, Strategy & Analytics bei Handel Deutschland. Er trat 2002 in die REWE Group ein.

Mein Kommentar
Kommentieren
Kommentare
Ingrid
vor 8 Monaten und 6 Tagen

Vom Inhalt her sehr interessant, sollte Schule machen!

Sprachlich würde ich mir wirklich weniger englische Begriffe in diesen Artikeln wünschen, auch wenn die einer Sache natürlich gleich einen coolen und professionellen Anstrich geben. Wenn man Inhalt transportieren möchte, macht es Sinn, es in verständlicher Sprache zu vermitteln. Manche Ausdrücke mögen bei Personalabteilungen üblich sein, sind es aber nicht für jeden. Wenn es in dem Artikel schon darum geht, alle "Arbeitsebenen" mitzunehmen, dann wäre es doch toll, wenn das auch sprachlich gelänge.

Kommentieren
Felix
vor 8 Monaten und 13 Tagen

Sehr interessante Vorgehensweise. Vielen Dank für's teilen!

Kommentieren
Auch interessant
Newsletter
Artikel weiterempfehlen

Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen?
Dann empfehlen Sie ihn doch Ihren Kollegen weiter.