Vielfalt leben und vielfältig lieben: Das Bekenntnis zu Diversity, das die REWE Group mit ihrer Unterschrift unter die Charta der Vielfalt abgelegt hat, schließt alle Menschen in ihrem international tätigen Unternehmen ein. Unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Und unabhängig davon, in welchem Land sie arbeiten.
Das Schwulen- und Lesbennetzwerk di.to. ist seit wenigen Jahren nun auch bei der REWE International AG aktiv und engagiert sich für die Belange der österreichischen und osteuropäischen Kolleginnen und Kollegen ein, die anders lieben. Karl Gietler, Irene Pawelka und Markus Kuntke sind von Anfang an dabei:
Verband die di.to.-Gründung mit seinem Outing: Karl Gietler
„Verglichen mit di.to. in Deutschland ist bei uns in Österreich noch alles eine Nummer kleiner. Die Herausforderungen sind aber ähnlich, denke ich. Ob Österreich konservativer ist als Deutschland – darüber lässt sich streiten. Gestartet sind wir 2016 – zu viert, zwei schwule Kollegen und zwei lesbische Kolleginnen. Auch für mich persönlich war dieses Ereignis ein Wendepunkt, denn ich habe die Gründung von di.to. zum Anlass für mein Outing genommen. Gut, ein paar enge Kollegen im Betriebsrat haben schon vorher Bescheid gewusst, aber für die meisten war dies dann doch eine Überraschung. Die Reaktionen? Es gab ein paar Fragen, aber dann sind alle sehr schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen. So wie es auch sein sollte, finde ich.
Wer uns anspricht, sucht neben Kontakt und Austausch häufig ganz praktischen Rat. Etwa, wenn sich ein schwuler Marktmitarbeiter gemobbt fühlt. Dann reden wir mit den beteiligten Personen und suchen nach einer Lösung. Was meist heißt: ein anderer Arbeitsplatz. Oder kürzlich haben wir auf Bitten eines Transgenders dessen Kollegen erläutert, in welchem psychischem Zwiespalt Menschen stecken, die sich nicht mit dem nach der Geburt eingetragenen Geschlecht identifizieren. Nach meiner Erfahrung gehen die Mitarbeiter in den Filialen und in den Märkten häufig offener und mutiger mit dem Thema sexuelle Vielfalt um als die Kollegen und Kolleginnen in der Zentrale. So ist es sicher auch kein Zufall, dass zu unseren Stammtischen überwiegend Filialmitarbeiter kommen. Ich vermute, in der Zentrale ist die Hemmschwelle eines Outings größer – noch. Da haben viele Angst, es könnte ihrer Karriere schaden.
di.to. in anderen Ländern zu etablieren, wird nicht einfach werden, dessen sind wir uns sein bewusst. Osteuropa ist nicht Köln oder Wien. Dort haben es LGBT sehr schwer und sind echten Repressalien ausgesetzt. Aber wir wollen es trotzdem versuchen. In meiner Rolle als Betriebsrat habe ich vor einigen Monaten Kontakt zu der Geschäftsführung von PENNY und Billa in Tschechien aufgenommen und bald darauf auch Gelegenheit gehabt, di.to. dort vorzustellen. Da waren viele Zuhörer perplex; sie wussten gar nicht, dass es ein solches Netzwerk bei der REWE Group gibt. Ich hoffe sehr, dass sich die Kollegen und Kolleginnen in Tschechien uns bald anschließen. Wenn das klappt und wir erste Erfahrungen gesammelt haben, können wir vielleicht das nächste Land angehen. Osteuropa, wir kommen!“
Zunehmend Zuspruch von „weiblichen Mitstreitern“: Irene Pawelka
„Ich bin von Anfang an bei di.to. dabei. Zum einen, weil ich LGBT*) lebe, zum anderen, weil es mir als Betriebsrätin ein besonderes Anliegen ist, dass sich alle Kollegen und Kolleginnen an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen. Ich selber bin seit meinem Start bei Billa im Jahr 2002 sehr offen mit dem Thema umgegangen. Ich habe mich nie verstellt; alle haben mich so kennen und hoffentlich schätzen gelernt, wie ich bin. Ich habe von Anfang an jedem gesagt: Wenn ihr irgendwelche Fragen habt, sprecht mich an. Das hat immer funktioniert.
Deshalb kann ich nur jedem raten: Je offener du dich gibst, umso weniger wird getuschelt und hinterfragt. Natürlich gibt es mal einen blöden Spruch. Aber das muss man dann wegstecken. Ich sehe ein, dass das nicht jeder schafft. Und so gibt es eben Kollegen oder Kolleginnen, die privat geoutet sind, aber nicht an ihrem Arbeitsplatz. Oder auch umgekehrt. Das macht es dann ungeheuer kompliziert.
Ich finde, die Gesellschaft in Österreich ist beim Thema sexuelle Vielfalt in den vergangenen zehn Jahren offener geworden. Viele sagen heute: Okay, es gibt LGBT*). Lasst uns kein großes Thema draus machen. Dass diese Haltung nicht noch stärker verbreitet ist, liegt für mich daran, dass es an Aufklärung fehlt. Ein Mitarbeiter erledigt seinen Job nicht anders, nur weil er LGBT*) ist. Entscheidend ist doch der Mensch, der Charakter. Das sehen manche noch nicht so. Deshalb ist es gut, dass es di.to. gibt. Wir haben das große Glück, dass wir mit Marcel Haraszti, Vorstand der REWE International AG, einen sehr engagierten Unterstützer haben. Das erleichtert die Arbeit und sorgt für einen starken Rückhalt.
Noch steuern wir alle Aktivitäten von di.to. aus der Zentrale in Wiener Neudorf. Aber wir möchten Schritt für Schritt auch in den Bundesländern mehr Flagge zeigen. Es gibt zum Beispiel eine Kontaktperson in Linz oder kürzlich waren wir auf einer Veranstaltung in Graz – wir fangen gerade erst an, ein Netz zu spinnen. Das ist gut für die Mitarbeiter und auch für REWE International AG, denn es macht ein Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv, wenn es auf Vielfalt setzt.
Auch bei uns in Österreich sind weibliche Mitstreiter bei di.to. deutlich in der Unterzahl. Aber wir werden immer mehr. Je offensiver wir uns präsentieren, umso mehr Zuspruch erhalten wir auch von Kolleginnen.“
* LGBT steht für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also lesbisch, schwul, bisexuell, transgender
Kennt die di.to.-Arbeit in Deutschland und Österreich: Markus Kuntke
„Ich bin nun seit drei Jahren bei der REWE International AG in Österreich; zuvor war ich für REWE in der Region Süd tätig – auch dort habe ich mich bei di.to. engagiert. Deshalb kann ich recht gut vergleichen, wie unterschiedlich das Thema Homosexualität in beiden Ländern angegangen wird. Österreich tickt in dieser Hinsicht noch ein Stück weit anders als Deutschland: Jedem das Seine, aber was als Privatangelegenheit gilt, hat am Arbeitsplatz niemanden zu interessieren.
Wir merken das hier auch gelegentlich in der Kommunikation nach außen: Da stoßen wir nicht nur auf Euphorie. Dennoch denke ich, dass wir hier für di.to. in vergangenen drei Jahren unheimlich viel erreicht haben. Woran das liegt? Die Unterstützung durch den Vorstand ist mindestens so groß wie in Deutschland, wir verfügen über ein ordentliches Budget und REWE in Österreich hat als Marktführer ein sehr gutes Standing. Wenn man hier sagt: Ich komme von der REWE, öffnen sich alle Türen. Das erleichtert unsere Arbeit enorm.
Ich habe anfangs gezögert, als ich gefragt wurde, ob ich mithelfen wolle, di.to. bei der REWE International AG aufzubauen. Der Grund war, dass ich mir unsicher war, ob ich meine Sexualität als Teil des Berufs mit mir tragen wollte. Von mir wusste zwar jeder, dass ich schwul bin. Ich verheimliche das nicht. Aber ich wollte mich nicht darüber definieren lassen. Ich bin nie wegen meiner Sexualität belächelt worden oder musste mir bösartige Kommentare anhören.
Heute bin ich froh, dass ich mich von Anfang an bei di.to. in Österreich engagiert habe. Wichtig ist mir zu betonen, dass wir nicht missionarisch unterwegs sind, sondern dafür sorgen wollen, dass alle Mitarbeiter die gleichen Voraussetzungen haben, sich bei der REWE International AG wohlzufühlen. In vielen persönlichen Gesprächen und auf Veranstaltungen weisen wir darauf hin, dass sexuelle Vielfalt ein wichtiges Thema ist, mit dem man umgehen muss wie mit jedem anderen Thema auch. Es ist gewiss so, dass sich viele Mitarbeiter am Arbeitsplatz nicht outen, weil sie Repressalien fürchten. Da wollen wir Abhilfe schaffen.
di.to. in anderen Ländern zu etablieren, ist eine echte Herausforderung. Man muss realistisch sehen, in welchen Kulturen sich Kollegen insbesondere in Osteuropa bewegen. Homosexualität ist dort vielfach ein absolutes Tabuthema. Es traut sich dort kaum jemand, offen zu sagen, dass er schwul oder lesbisch ist. Aber auch für die Kolleginnen und Kollegen dort gilt: Sie können sich anonym an uns wenden. Dann werden wir auch jenseits von Österreich aktiv. Es ist schon vorgekommen, dass wir aufgrund solcher Hinweise in anderen Ländern interveniert haben – mit Erfolg.“
"Oder kürzlich haben wir auf Bitten eines Transgenders dessen Kollegen erläutert,..."
Die Begriffe "transgender" bzw. "trans" sind Adjektive und sollten nicht als Nomen zur Beschreibung einer Person verwendet werden. Sie reduzieren den Mensch auf diesen einen Aspekt ihrer Identität und wirken damit abwertend. Es ist genauso diskriminierend, wie wenn man Menschen als "der Schwule", "die Lesbe", "der/die Homosexuelle" oder (im Bezug auf Hautfarbe/Herkunft) als z.B. "der Schwarze", "der Türke" bezeichnet.
Eine korrekte Verwendung wäre "die trans(gender) Person", "die trans Frau" bzw. "der trans Mann".