nach oben
nach oben
Foto: Robert Kneschke - Fotolia
Top Thema: Massgeschneiderte Angebote
Klasse statt Masse
von Sebastian Amaral Anders
Lesedauer: 7 Minuten
Ein Angebot für alle das ist Vergangenheit: Neue Technologien machen im Handel schon in den nächsten zehn Jahren individuelle Angebote für einzelne Kunden zum Standard bis hin zur Vision einer Eigenproduktion zu Hause mit dem 3D-Drucker. Der stationäre Handel steht vor dem Umbruch kann aber auch durch persönliche Sortimente und Dienstleistungen punkten. Welche Veränderungen uns bevorstehen und welche maßgeschneiderten Angebote REWE Group ihren Kunden macht, lesen Sie im Top Thema dieser Ausgabe von one.
Svén Gábor Janszky (Fotos: Michael Pröck)
Zukunftsforscher Janszky im Interview
„In zehn Jahren sieht
der Massenmarkt völlig anders aus“
one: Herr Jánszky, sind technologische Innovationen wie die rasante Entwicklung von Smartphones oder des Online-Handels für den stationären Handel eine Bedrohung oder eine Chance?Sven Gábor Jánszky: Technologie ist erstmal beides - sowohl Chance als auch Gefahr. Die entscheidende Frage ist, wie man damit umgeht. Setzt man sich mit ihr auseinander oder nicht? Bei dieser Frage entstehen Gewinner und Verlierer: Lasse ich alles mit mir geschehen oder nehme ich die Sache selbst in die Hand und gestalte die Veränderung? Es gibt durch neue Technologien Angreifer im Markt, auch im Lebenmittelhandel. Das bedeutet aber nicht, dass man Angst haben muss. Man muss nur aktiv und im besten Fall ein bisschen schneller sein, als die anderen in der Branche. Dann kann man sogar Marktanteile gewinnen und so einer Zeit der Veränderung sehr positiv entgegenblickten. Um nicht unvorbereitet getroffen zu werden, muss man sein eigenes Geschäftsmodell immer wieder selbst angreifen – bevor es ein anderer tut.
one: Welche technologischen Innovationen kommen in den nächsten Jahren auf uns zu?Sven Gábor Jánszky: Wir werden sehen, dass viele Dinge um uns herum zu Internetgeräten werden und ein Display bekommen. Auch Alltagsgegenstände, bei denen wir das überhaupt nicht für möglich gehalten hätten. Brillen, Uhren, Tische, Wände, Tapeten und so weiter. Im Supermarkt genauso: Ob das Einkaufswagen sind, Regale, oder Theken. Selbst einzelne Packungen werden mit der Internetwelt verbunden.
one: Welche Folgen wird das konkret haben?Sven Gábor Jánszky:Wir gehen in eine Welt, in der es völlig normal ist, dass es in einem Laden W-Lan gibt. Kunden werden animiert, ihre elektronischen Geräte zu benutzen, um mit Regalen oder Produkten zu kommunizieren. Auf diese Weise gewinnt das Unternehmen Daten von den Kunden. Auf Basis dieser Daten kann es dem Kunden dann ein besseres Angebot machen. Händler können zum Beispiel Produkte oder Preise individualisieren, etwa für Stammkunden. Damit wird die Bindung zum Kunden verstärkt, und der Kunde bekommt ein besseres Angebot und Einkaufserlebnis. Wenn man das richtig macht, ist das eine echte Win-Win-Situation.
one: Das setzt natürlich voraus, dass die Kunden überhaupt noch in den Markt kommen und nicht nur online einkaufen.Sven Gábor Jánszky: Ich wehre mich immer dagegen, eine Trennung zwischen stationärem und Online-Handel zu errichten. Wenn man das so betrachtet, wird natürlich der stationäre Handel Anteile verlieren und Online gewinnen, weil manche Menschen schlicht nicht mehr in den Laden kommen werden. Aber das wird keine Rolle mehr spielen, denn wenn ich bei REWE oder PENNY etwas im Internet bestelle und nicht in den Laden gehe, bin ich doch trotzdem bei der Marke. 2025 wird der meiste Umsatz – je nach Branche – online laufen. Wir werden uns gar nicht mehr erst die Frage stellen, ob ein Angebot oder Händler nun online oder stationär ist. one: 2025 – das sind gerade mal elf Jahre.Sven Gábor Jánszky: Schon in zehn Jahren wird der Massenmarkt völlig anders aussehen, das ist keine Science-Fiction. Die Technologie ist da. Es kommt jetzt nur darauf an, wie stark die Treiber dieser Entwicklung sind. Und hier sehe ich im Moment einen Tipping Point: Die etablierten Konzerne investieren im Moment sehr viel, weil sie sich von den neuen Playern im Markt bedroht fühlen.
one: Wozu führt dieser Entwicklungssprung bei den Technologien?

Sven Gábor Jánszky: In vielen Branchen werden Experten an Vertrauen der Kunden verlieren, weil Technologie ihnen bessere Antworten geben kann. Der Grund ist ganz einfach: Ein Berater in einem Massenmarkt kennt seine Kunden nicht, weil er sich sicher nicht an jeden einzelnen erinnern kann. Technologie hat es da einfacher. Sie beobachtet den Kunden und sein Kaufverhalten, lernt daraus, erstellt ein Profil und kann den Kunden auf Basis dieses Profils die besseren Angebote machen. Und sobald ein Mensch merkt, dass er von dem Gerät besser beraten wird, vertraut er ihm auch mehr. one: Aber kann ein Gerät tatsächlich persönliche Beratung ersetzen?

Sven Gábor Jánszky: Da müssen wir zwischen Massenmarkt und Premiumsegment unterscheiden. Hier gibt es eine Grundsatzfrage vorab: Sucht der Kunde rational das beste Preis-Leistungs-Verhältnis - hier kann Technologie wie eben beschrieben punkten. Oder geht in einen Premium-Laden, um anderen oder seinem Ego zu zeigen, dass er etwas Besonderes ist: Besonders heimatverbunden, dann geht er zum regionalen Metzger. Oder besonders öko, dann geht er zum Biomarkt. Alles je nach Identität. Wir dürfen aber nicht davon ausgehen, dass einzelne Menschen nur in dem einen oder anderen Segment unterwegs sind. Die Grenzen verlaufen hier fließend. Das Gespräch führte Sebastian Amaral AndersSven Gábor Jánszky, 41, ist Trendforscher und Leiter des Thinktanks "2b AHEAD". Er versammelt jährlich 250 Innovationschefs zu einem Zukunftsworkshop und entwirft mit ihnen zusammen Businessszenarien, die er als Trendstudien herausgibt. Jánszky lehrt im Masterstudiengang "Leadership studies" an der Karlshochschule International University in Karlsruhe.
Mein Kommentar
Kommentieren
Auch interessant
Newsletter