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Betriebsleiterin Birgit Kutzner-Schwartz in der Produktion
one_Interview mit Birgit Kutzner-Schwartz
„Frauen sollten sich was trauen“
von Achim Bachhausen

Sie ist die einzige Frau in der Herrenrunde der Wilhelm-Brandenburg-Betriebsleiter. Hier erzählt Birgit Kutzner-Schwartz, wie sie aufgenommen wurde und was sie anderen Frauen in ähnlicher Situation raten würde.

Erste und bislang auch einzige Leiterin eines Produktionsbetriebes der REWE Group: Birgit Kutzner-Schwartz one: Frau Kutzner-Schwartz, Sie haben schon immer in einer Männerdomäne gearbeitet – wie war und ist das?

Birgit Kutzner-Schwartz: Ich komme aus dem Handwerk, meine Eltern hatten eine Fleischerei. Schon früh bin ich mit meinem Papa sonntags auf die Wiese gefahren und habe die Schlachttiere ausgesucht. Wir waren immer eine große Familie mit den Mitarbeitenden und den Lehrlingen. Von daher kenne ich diese Branche, das ganze Metier.
 
one: Wie kam es eigentlich zu der beruflichen Veränderung?

Birgit Kutzner-Schwartz: Ich bin seit 2001 hier in Timmendorfer Strand bei Wilhelm Brandenburg, habe dann zwölf Jahre lang Qualitätsmanagement und Produktentwicklung geleitet. Mein damaliger Chef hatte dann die Idee: Würden Sie auch in die Technik gehen? Das fand ich sehr spannend und hab´ gesagt: Mach ich. Ich hab´s nie bereut. Seit 2013 verantworte ich die Technik im Betrieb, habe in der Zeit sehr viel dazugelernt. Seit 2015 bin ich stellvertretende Betriebsleiterin gewesen. Nachdem der bisherige Betriebsleiter sich für einen Wechsel entschieden hatte, hat man mich gefragt, ob ich das machen würde. Für mich war das nur eine logische Konsequenz, dass ich das jetzt mache – in Vollzeit sozusagen und nicht nur in Vertretung. 
 
one: Haben Sie lange überlegen müssen?

Birgit Kutzner-Schwartz: Nein, ich habe nicht lange überlegen müssen, als man mich gefragt hat. Es hat sich ja ein bisschen abgezeichnet, obwohl ich mich als Bereichsleiterin sehr wohl gefühlt hatte. Da habe ich ja schon einiges abgedeckt, was zur Betriebsleitung gehört.
 
one: Wie gehen Sie mit der männlichen Dominanz um?

Birgit Kutzner-Schwartz: Ich mache da gar keinen großen Unterschied. Jeder macht seine Arbeit. Für mich ist das nicht zu unterscheiden, ich komme mit Frauen genauso gut klar wie mit Männern. Wir sind ein total gutes Team hier in Timmendorfer Strand. Es macht Spaß, mit den Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten. Ich verstehe mich als Teamleitung. Die Mitarbeiter:innen stehen hinter mir, sie haben mir gesagt, dass sie mich unterstützen werden.
 
one: Wie hoch ist eigentlich die Frauenquote in Timmendorfer Strand?

Birgit Kutzner-Schwartz: Wir haben einen großen Frauenanteil, allein schon durch die Verpackung. In der Produktion ist es eine Männerdomäne, wobei es auch dort Frauen gibt, die zum Beispiel Maschinen bedienen. Klar, in der Verwaltung arbeiten auch mehrere Frauen. Das frühere Bild ist gar nicht mehr so: Verwaltung nur Frauen, Produktion nur Männer, das ist mittlerweile sehr gemischt.
 
one: Gab es Akzeptanzprobleme?

Birgit Kutzner-Schwartz: Wir haben ja mittlerweile sechs Produktionsbetriebe bei Wilhelm Brandenburg, da bin ich die einzige Frau. Trotzdem ist das total normal. Meine Kollegen haben mich alle herzlich aufgenommen und gesagt: Wir finden es ganz toll, dass Du in dieser Runde bist. Akzeptanzprobleme gab es keine. Niemand hat mich komisch angeschaut oder beäugt. Dann war das auch erledigt, und man widmet sich den alltäglichen Dingen und Herausforderungen, die hat ja jeder, egal ob Mann oder Frau. Letztlich zählen die Ergebnisse.

one: Was hat sich für Sie durch die Berufung zur Betriebsleiterin geändert?

Birgit Kutzner-Schwartz: An meiner Einstellung hat sich nichts geändert. Die Verantwortung ist nochmals größer geworden. Vorher hatte ich 40 Mitarbeitende, heute über 500. Ich spüre auch die Verantwortung für jede einzelne Mitarbeiter:in, egal was er oder sie macht. Man muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird. Aber prinzipiell kann mich jeder ansprechen, und das ist auch ganz wichtig.
 
one: Worauf haben Sie sich am meisten gefreut?

Birgit Kutzner-Schwartz: Am meisten habe ich mich darauf gefreut, Verantwortung für die Mitarbeitenden zu übernehmen. Was neu ist, sind die betriebswirtschaftlichen Themen, die ich in diesem Umfang vorher so nicht zu bearbeiten hatte. Das ist sehr spannend.
 
one: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

Birgit Kutzner-Schwartz: Wir haben hier an der Küste Fachkräftemangel, und wir sind ja eine Branche, die nicht für jeden attraktiv ist. Es ist harte Arbeit, körperliche Arbeit und da muss man schon etwas für die Mitarbeiterzufriedenheit tun. Aber ich glaube, das gelingt uns ganz gut. Ich denke, als Arbeitgeber sind wir ganz gut aufgestellt. Aber jungen Leuten das schmackhaft zu machen, ist total schwierig. Die wollen andere Berufe lernen, wo sie vermeintlich einfacher Geld verdienen. Das ist schade, denn die Chancen sind ja wirklich gut. Und in der Pandemie hat sich die alte Erkenntnis „gegessen wird immer“ bewahrheitet. Wir hatten zu tun wie nie. Während andere in Kurzarbeit gegangen sind, war bei uns die Hölle los. Da hat jeder gemerkt: Wir sind wichtig, wir werden gebraucht. Das ist ja auch ein schönes Gefühl. Es wäre schön, wenn wir das transportieren könnten, ebenso wie die guten Verdienstmöglichkeiten als Fleischerazubi.

 

one: Glauben Sie, dass Sie anders führen?

Birgit Kutzner-Schwartz: Meinen Führungsstil würde ich als sehr direkt und offen beschreiben. Das habe ich mir auf die Fahnen geschrieben: Ich möchte transparent sein und die Mitarbeiter:innen mitnehmen. Wenn ein Mitarbeiter weiß, warum er etwas tun soll, dann geht das oft schon ganz von alleine. Das gilt insbesondere bei Veränderungen. Wer nur Anweisungen gibt, kann keine Akzeptanz erwarten. Andererseits sind klare Ansagen auch wichtig, damit jeder weiß, woran er ist. Dann ist es natürlich wichtig, dass ich Positives ausstrahle und vorlebe und eine Perspektive gebe. Das überträgt sich auf die Mitarbeitenden. Denn es stimmt ja: REWE ist ein guter Arbeitgeber.
 
one: Wenn Sie einen Wunsch in Richtung des Führungskreises bei Wilhelm Brandenburg äußern dürften – welcher wäre das?

Birgit Kutzner-Schwartz: Es wäre schön, wenn wir für den Führungskreis noch die eine oder andere Frau akquirieren könnten. Nicht, weil es eine Frau sein muss, sondern weil automatisch Frauen dazukommen. Nun ist es mit der Vereinbarkeit von Job und Familie nicht immer so einfach. Das hört sich immer gut an, aber irgendetwas muss dann doch zurückstecken. Wenn ich noch kleine Kinder hätte, wäre es schwierig. Wenn man so einen Job macht, kann man nicht auf die Uhr schauen, da muss man den Rücken frei haben.
 
one: Haben Sie einen Karriere-Rat/-Tipp für andere Frauen?

Birgit Kutzner-Schwartz: Frauen sollten sich etwas zutrauen. Viele Frauen sind sehr ehrgeizig, sind schon in der Schule fleißig. Frauen sollten nicht an sich selber zweifeln, sondern vorangehen und mutig sein. Und man muss sich selber treu bleiben. Man darf sich nicht verstellen, das ist wichtig. Einfach authentisch bleiben.

Zur Person

Birgit Kutzner-Schwartz, geboren in Eutin, ist 53 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Nach dem Abitur studierte sie Lebensmitteltechnologie, baute anschließend in einem Schlachthof die Qualitätssicherung auf.

Über diese Qualifikation kam sie zu Wilhelm Brandenburg, wo sie zunächst als Leiterin QS arbeitete. In ihrer Freizeit schwärmt sie für den Fußballclub HSV oder entdeckt mit Mann und Hund die deutsche und die dänische Küste im eigenen Wohnmobil.

Mein Kommentar
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Kommentare
Ronald Schmidt
vor 2 Jahren und 4 Monaten

Die Diskussion Frauenquote ist in der Gesellschaft immer noch präsent, aber bei Wilhelm Brandenburg unnötig. Frauen werden hier respektiert und ernst genommen und darum geht es stets: um gegenseitigen Respekt und 'Ernstnehmen', egal ob Mann oder Frau.

Alles Gute viel Erfolg.

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C.
vor 2 Jahren und 4 Monaten

Toll! Endlich mehr "Gleichgewicht". Frau Kutzner-Schwartz ist ein gutes Vorbild. Danke für Ihren Mut!

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