Ist auch wirklich drin, was draufsteht? Überzeugt die Qualität der Eigenmarke dauerhaft? Was tun, wenn Kund:innen unzufrieden sind? Fragen, mit denen sich Charlotte Rosendahl und ihr Team Tag für Tag beschäftigen. Warum sie aus Überzeugung den Lieferanten und manchmal auch dem Einkauf auf die Nerven geht, wie man es schafft, dass Eigenmarken glanzvoll bleiben und wie eine Verkostungsapp dabei künftig helfen soll, erzählt die Leiterin Qualitätsmanagement (QM) im one_Interview.
Charlotte Rosendahl, Leiterin Qualitätsmanagement (QM)
one: Frau Rosendahl, sind Sie bei den Kolleg:innen im Einkauf eigentlich beliebt?
Charlotte Rosendahl: Na, ich glaube nicht immer…(lacht). Ich zitiere mal aus meiner inzwischen 16-jährigen Arbeit rund um das Thema Qualität, unter anderem früher auch bei der Metro: ‚Die Rosendahl kostet immer nur Geld und bremst die Prozesse‘. Das ist das Bild eines Qualitätsmanagers, und das stimmt – zumindest bedingt – auch. Ich brauche Geld, wenn irgendwas nicht läuft, oder ich koste Geld, wenn Rückrufe anstehen. Und ich bremse auch schon mal die Prozesse, weil ich sage: Halt, wir brauchen nochmal ein Audit! Also, um es zusammenzufassen: Ja, wir machen uns auch schon mal unbeliebt, das gehört dazu und das nehmen wir in Kauf.
one: Was macht unsere Eigenmarken so gut?
Charlotte Rosendahl: Wir tun sehr viel, um unsere Eigenmarken entsprechend abzusichern – ob bei Food oder Nonfood. Das fängt damit an, dass wir sagen: Wenn du ein Eigenmarken-Lieferant werden willst, musst du viele Voraussetzungen erfüllen. Es kommt nicht jeder bei uns rein, es gibt hohe Hürden. Die Interessenten müssen bestimmte Zertifizierungen vorweisen können. Und auch, wenn sie das tun, ist damit nicht alles erledigt: Ist der Lieferant ganz neu, machen wir zusätzlich ein Audit. Entweder wir selbst oder externe Dienstleister.
Genauso ist es auch bei den Artikeln selbst. Auch da haben wir viele Anforderungen. Das sind ausführliche Spezifikationen, die vorgelegt werden müssen, und alles wird entsprechend vertraglich fixiert. Also ein Spaß ist das sicher nicht immer für unsere Lieferanten – und besonders für solche, die es werden wollen.
one: Und wie stellen Sie sicher, dass unsere Eigenmarken-Produkte auch gut bleiben?
Charlotte Rosendahl: Wir kontrollieren sehr umfangreich entlang der Wertschöpfungskette. Das heißt, wir machen turnusmäßig Verkostungen in unserem hauseigenen Verkostungscenter. Jeder Eigenmarken-Artikel wird da verkostet – auch gegen den Wettbewerb. Corona und die damit verbundene aktuelle Situation macht dies aufgrund der Hygienevorschriften und auch der Warenverfügbarkeit nicht gerade leichter. Darüber hinaus geht jeder Artikel mindestens einmal im Jahr durch ein externes Labor, um zu beweisen, dass alle Qualitätskriterien nach wie vor erfüllt sind.
Weintest im Verkostungscenter Stolberger Str.
one: Werden unsere Eigenmarken also strenger kontrolliert?
Charlotte Rosendahl: De facto übernehmen wir bei Eigenmarken ja eine ganz andere Verantwortung als für andere Artikel. Da müssen einfach bestimmte Dinge anders geregelt werden als sie zum Beispiel für eine Coca-Cola geregelt sind. Also ja – wir kontrollieren die Eigenmarken, im Gegensatz zu den Marken, deutlich strenger.
Natürlich gibt es Gesetze, die gelten für alle – auch für Marken. Das Gesetz ist die Basis und alles darüber hinausgehende sind dann eigene, sprich REWE Group-Anforderungen. Besonders streng sind wir zum Beispiel beim Thema Pestizidrückstände bei Obst und Gemüse.
Zudem versuchen wir, möglichst viele Themen schon im Ursprung abzufangen. Also beispielsweise auf die Shrimpsfarm zu fahren und zu gucken, welche Antibiotika dort eingesetzt werden und ob das vereinbar mit dem deutschen Gesetz ist. All das immer in Abstimmung mit dem Einkauf und den Lieferanten – so versuchen wir, unser Portfolio an gut entwickelten und gut leistenden Lieferanten ständig zu erweitern.
one: Und dennoch gibt es – zumindest gefühlt – immer mehr Produktrückrufe.
Charlotte Rosendahl: Nicht nur gefühlt. Die Anzahl der Rückrufe steigt ständig an, weil die Sensibilität in den Untersuchungsmethoden immer weiter ansteigt. Das ist wie beim Doping: Die Methodik entwickelt sich einfach weiter. Und wer pfuschen möchte, wird dann jetzt eher erwischt, weil einfach die Methodik besser geworden ist.
Aber dass jemand pfuschen möchte, werden wir damit nicht verhindern können. Produkte werden durch Prüfung nicht qualitativ hochwertiger. Deshalb ist die enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten auch so wichtig.
Ein Problem, das wir nie lösen werden, ist Food Fraud, also regelrechter, vorsätzlicher Betrug. Kommt das Olivenöl wirklich aus der Toskana oder kommt es vielleicht doch irgendwo aus Serbien? Sie erinnern sich vielleicht noch an den „Pferdefleischskandal“ – vorher hätte niemand Pferdefleisch in Artikeln vermutet oder gezielt danach gesucht!
Toom-Eigenmarken im Einsatz
one: Wie wichtig ist das Feedback von Testern und Kund:innen?
Charlotte Rosendahl: Wir haben natürlich Feedbacks von unseren NGOs. Und wir nehmen das auch ernst, wenn wir zum Beispiel von der Stiftung Warentest einen Hinweis bekommen. Aber noch viel wichtiger ist das, was aus dem Kundenmanagement zurückgespielt wird. Ein Beispiel: Wir hatten einmal mehrere Rückmeldungen, dass sich die Milchverpackung nicht gut öffnen lässt – so etwas schauen wir uns genau an und optimieren. Nicht alles ist natürlich immer so ganz – sprichwörtlich – bierernst zu nehmen: Vor einigen Jahren bekamen wir mal ein ganz süßes Video von zwei Studenten, die schon ordentlich einen gebechert hatten und sich beschwerten, in unserem Schnaps sei zu wenig Alkohol...
Kundenfeedback ist das A und O. Qualität heißt für mich in der Ware: Kommt der Kunde zurück, haben wir unser Soll erfüllt. Wenn der Kunde nicht mehr kommt, dann haben wir was falsch gemacht.
one: Was halten Sie von Kundenbefragungen zu unseren Eigenmarken-Produkten? Häufig werden ja auch bekannte Influencer in den Sozialen Medien zu Produkttests herangezogen.
Charlotte Rosendahl: Influencer einzubinden, ist aus Marketing-Sicht für bestimmte Zielgruppen sicher ein adäquates Instrument. Als Impulsgeber für unsere Arbeit würde ich das jedoch nicht sehen. Charmanter fände ich es, künftig auch die Regionen und Kaufleute mehr einzubinden, die ja heute noch nicht im Verkostungs- und Feedback-Prozess mitagieren.
Wir haben jetzt zum Beispiel, zusätzlich zu unserem Verkostungscenter in der Zentrale, eine Art mobile Verkostungsapp geschaffen. Die könnte man zum Beispiel auch einsetzen, um in der Region zu sagen: Liebe Kolleg:innen, verkostet bitte mal unseren Eigenmarken-O-Saft. Damit das alles aber Sinn macht, sprich, die Ergebnisse auch vergleichbar und auswertbar sind, müssen im Vorfeld einige Dinge beachtet werden, zum Beispiel: Handelt es sich um den gleichen Lieferanten, haben die Tester eine Sensorik-Schulung gemacht – kurz: Ist das alles aussagekräftig? Zudem müssen die speziellen Wordings bekannt sein, um Geschmack, Textur etc. zu beschreiben und zu vergleichen. Da haben wir durchaus noch Potenzial.
Auf https://produkttests.rewe.de/ können sich Interessierte ab 18 Jahre als Produkttester registrieren. Je nach Interessen und Vorlieben besteht die Chance, ausgewählt zu werden:
Auf Grundlage der angegebenen Informationen in den Profilen sowie der bei der Bewerbung abgegebenen Antworten, wählen die Kolleg:innen von REWE die Produkttester aus, die am besten zu dem jeweiligen Testprodukt passen.
one: Inwieweit spielen Ernährungstrends bei Eigenmarken für Sie eine Rolle?
Charlotte Rosendahl: Rezeptur-Optimierungen haben wir immer im Fokus. Dazu gehören Dauer-Trendthemen wie der Gehalt von Salz und Zucker oder Fette. Ebenso gehört das Thema „Nutri Score“, bei dem es ja auch um Nährwertoptimierung geht, bei uns inzwischen zum Tagesgeschäft. Wir haben uns das Ziel gesetzt, immer besser zu werden in den Rezepturen – das wird bei jeder Neuausschreibung und Verkostung auch betont. Und wenn wir über Innovationen reden, wie zum Beispiel im Bereich vegane Artikel, dann betrifft das natürlich nicht nur Änderungen an der Rezeptur, sondern es sind völlig neuartige Artikel. Das ist nochmal ein ganz anderes Feld.
one: Frau Rosendahl, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Ein sehr informativer Artikel ????????
Ich arbeite selber bei der Rewe und fragte mich, bzw. wunderte ich mich, warum manchmal so viele Produktrückrufe kommen...
Jetzt ist es mir viel klarer ????????????????????????
Vielen Dank dafür.
Die "????" waren "Daumen hoch *lach*