Vom Kommissbrot zum Ciabatta: Betriebsleiter Alexander Müller erinnert im one Gespräch an die Meilensteine in der 120-jährigen Geschichte der Glockenbrot Bäckerei und beschreibt, welche Trends heute das Geschäft bestimmen.
one: 120 Jahre sind eine stolze Zahl. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine?
Alexander Müller: Generell ist die Entwicklung vom Handwerksbetrieb über den Mittelstand zur Großbäckerei zu nennen. Ein wesentlicher Meilenstein war sicherlich die Integration in die REWE Group im Jahr 1986. Weitere waren die IFS-Zertifizierung, die Entwicklung der Marke Glockenbrot zur Handelsmarke und die Eröffnung des Betriebs in Bergkirchen im Jahr 2010. Wir hatten ja schon zuvor über den Großhandel die Region der REWE Süd beliefert. Mit dem Neubau hat sich dann die Möglichkeit eröffnet, auf Strecke zu gehen. Mit innovativen Produktionstechnologien wie dem Schneiden und automatischen Portionieren von Stangenbroten waren wir sogar Pionier in Deutschland. Ein letzter Meilenstein war 2019 die Sortiments- und Bündelungsstrategie, in deren Folge in Bergkirchen zum Beispiel Toastbrot für die gesamten Streckenregionen, die Glockenbrot beliefert, hergestellt wird. Lange Linienläufe ermöglichen eine performante Produktion.
one: Welche Produkte stellte die Glockenbrot Bäckerei vor 120 Jahren her? Was war damals das typische Brot? Inwieweit haben sich die Rezepturen über die Jahrzehnte verändert?
Alexander Müller: Wir stellen nach wie vor das schönste Lebensmittel der Welt her. Das Tolle ist: Wir sind modern und bleiben doch ursprünglich und natürlich in der Herstellung, ganz so, wie es „die Oma“ früher gemacht hat. Das Kommissbrot, ein einfaches, haltbares Vollkornbrot, war vor 120 Jahren das Standardprodukt. Heute sind wir viel breiter aufgestellt. In meinen 21 Jahren bei der Glockenbrot Bäckerei haben wir Ciabattas eingeführt, deren Qualität den Vergleich mit dem italienischen Original nicht zu scheuen braucht. Themen wie bewusste Ernährung und gesundheitliche Aspekte wie die Reduktion von Salz, ohne Einschränkungen bei Geschmack und Haltbarkeit, sind heutzutage die Herausforderungen. Rezepturen und Zutaten haben sich über die Jahrzehnte verändert, vor allem aber die Art und Weise der Produktion.
Alexander Müller: Unser neues Leitbild haben Mitarbeitende aus unterschiedlichen Abteilungen und über alle Hierarchieebenen hinweg gemeinsam entwickelt. Seine Botschaft ist: Wir sind alle ein Team, egal auf welcher Ebene. Wir erfüllen Kundenwünsche, schaffen mehr Nähe zum Markt und sind stolz auf das Unternehmen und das gemeinsam Erreichte. Wichtig ist uns, dass das Leitbild gelebt wird und nicht bloß an der Wand hängt. Unsere Mitarbeitenden sollen sich mit dem Leitbild und somit unserem Unternehmen identifizieren können.
one: Was sind aktuell die größten Herausforderungen für die Glockenbrot Bäckerei? Worauf sind Sie besonders stolz?
Alexander Müller: Der Fachkräftemangel und steigende Kosten, zum Beispiel in der Logistik, sind aktuelle Herausforderungen, denen wir begegnen müssen. Heute kann man nicht mehr so langfristig planen wie früher, wir müssen agiler sein. Kurzum, die Anforderungen an Mitarbeitende und Führungskräfte sind heute ganz andere. Dieser interne Kulturwandel spiegelt sich auch im neuen Leitbild wider. Als Betriebsleiter im Werk Bergkirchen bin ich vor allem stolz auf mein Team, das mit mir alle Höhen und Tiefen meistert.
one: Welche Bedeutung haben für Sie die aktuellen Trends, zum Beispiel Regionalität, und wie greifen Sie diese auf?
Alexander Müller: Bei den Zutaten gewinnt Dinkel weiter an Bedeutung. Auch spezielle Rohstoffe, wie etwa Quinoa oder Chiasaat, sind heute in aller Munde. Rohstoffe kaufen wir sofern möglich regional ein, zum Beispiel Getreidemehl. Alle unsere Produkte sind vegetarisch, viele auch für eine vegane Ernährung geeignet. Wir experimentieren auch gerne mal mit ungewöhnlichen Zutaten – so haben wir gerade ein neues Ciabatta mit Urwaldpfeffer aus Madagaskar gelauncht.
one: Wo sehen Sie die Glockenbrot Bäckerei in 120 Jahren, und was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Alexander Müller: Wir sehen uns auch in Zukunft als wichtigen Partner der REWE Group, der seinen Beitrag zur Zielerreichung des Konzerns leistet und dabei unterstützt, dass sich die REWE Group vom Wettbewerb differenzieren kann. Letztlich stellen wir ein Grundnahrungsmittel her, das sicher auch noch in 120 Jahren einen hohen Stellenwert einnehmen wird. Denn: Brot kann man jeden Tag essen.
one: Herr Müller, vielen Dank für das Gespräch.
Alexander Müller, 47, ist Betriebsleiter der Glockenbrot Bäckerei in Bergkirchen.
Der gelernte Bäcker und Diplom-Ingenieur arbeitet seit 21 Jahren im Unternehmen.
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