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©Getty Images | Maria Argutinskaya
Trends bei Wein, Sekt und Spirituosen
Wetter im Weinglas
von Bettina Rees

Hochwertiger Sekt, smoothe Spirituosen, harmonische Weine: REWE-Einkäufer Antonio Ribeiro über Trends mit Promille – und die Auswirkungen des Klimawandels auf Rebe, Restsüße und Preise im Weinbau.
 

Antonio Ribeiro ist Senior Category Buyer im REWE Wein–Kompetenzcenter one: Herr Ribeiro: Lassen Sie uns mit Wein beginnen. Wie geht es dessen Absatz im zweiten Corona-Jahr?  
Antonio Ribeiro: Auch REWE hat 2020 stark von den coronabedingten, exorbitanten Umsatzsteigerungen profitiert. Dieser Trend hat sich in 2021 fortgesetzt. Bei Wein hat sich die Lage seit Juni etwas „beruhigt“ und sogar etwas zurückentwickelt im Vergleich zu den extrem starken Vorjahresmonaten. Das liegt aber nicht nur an Corona, sondern auch am Wetter. Es war ein schlechter Sommer, auch für den Weinkonsum. Bei den Roten ist vor allem Primitivo aus Süditalien weiter vorne. Stark ist nach wie vor deutscher Wein, vor allem deutscher Weißwein und hier insbesondere der Grauburgunder. Der Abverkauf war so enorm, dass wir teilweise keine Ware mehr hatten. Als sehr gute Alternative haben wir Weißburgunder angeboten. Derzeit denken wir über eine Cuvée aus Weiß- und Grauburgunder nach. Das alles hängt jedoch auch von der preislichen Entwicklung ab. Die schlechten Witterungsverhältnisse in diesem Jahr haben aktuell sehr intensive Gespräche zur Folge.

one: Das Wetter bestimmt den Preis für meinen Wein?
Antonio Ribeiro: Ja, nicht nur in den deutschen Weinanbaugebieten, auch in Frankreich oder Italien kam es zu großen Ausfällen durch die extremen Wetterkapriolen. Als in Baden oder im Bordeaux im Frühjahr die Pflanzen anfingen zu blühen, setzte Frost ein, dem sicherlich 30 bis 40 Prozent der Reben zum Opfer gefallen sind. Die verbliebenen Reben bekamen in diesem Sommer zu wenig Sonne und dafür zu viel Regen ab, was unter anderem den Säuregehalt in die Höhe trieb. Die Kellermeister stehen gerade vor der großen Herausforderung, aus diesem Lesegut das Beste herauszuholen. Kurz: Wir haben weniger und schlechteren Wein. Ganz zu schweigen von den Winzern im Ahrtal, deren Wein vielfach der Flutkatastrophe zum Opfer gefallen ist. 

one: Wie wirkt sich das auf Ihre Preisgestaltung aus?
Antonio Ribeiro: Die Lese ist jetzt abgeschlossen. Im November, Dezember bekommen wir erste Fassproben und damit erste Hinweise auf das Qualitätsniveau, wir steigen dann auch intensiver in die Preis-Verhandlungen mit den Kellereien aus dem In- und auch aus dem Ausland ein. Vorher macht das wenig Sinn, da die erwähnten Wetterkapriolen ja nicht nur deutsche Weinanbaugebiete getroffen haben. 
 

„REWE ist der erste im LEH, der sich dem Thema nachhaltige Rebsorten gewidmet hat.“
Antonio Ribeiro

one: REWE will dem Klima mit dem Projektwein PiWi Cabernet Blanc etwas entgegensetzen… 
Antonio Ribeiro: Ja, seit März führen wir die Exklusivmarke PiWi Cabernet Blanc. Dabei handelt es sich um eine fruchtig-harmonische Rebsorte, die den veränderten Bedingungen, die der Klimawandel mit sich bringt, angepasst ist. Zudem ist sie so robust, dass die Winzer ihre Pflanzenschutzmaßnahmen reduzieren können. Sie ist also nicht nur umweltschonend, sondern auch nachhaltig. REWE ist der erste im LEH, der sich diesem Thema gewidmet hat.

one: Apropos Pflanzenschutz: Wie hält REWE es mit Bioweinen?
Antonio Ribeiro: Unser Sortiment an Bioweinen haben wir kontinuierlich ausgebaut. Wir stehen jedoch vor einer großen Herausforderung, denn die klimatischen Veränderungen setzen den Bio-Weingütern kräftig zu. Wir werden nicht nur ein Preisthema, sondern vor allem auch einen Mengenproblem bekommen. Dennoch geht REWE zu Ostern 2022 mit einem exklusiven Bio-Riesling aus der Pfalz an den Start. Der Preis ist noch nicht endgültig festgelegt, wird jedoch deutlich über dem Durchschnittspreis von drei Euro liegen.

one: Keine Sause, kein Sekt: Corona verhinderte Festlichkeiten, bei denen die Korken knallen. Hat sich Sekt wieder erholt?
Antonio Ribeiro: Ab Sommer 2020 wurde die Stimmung besser und das setzte sich bis zu diesem Sommer weiter fort. Die Konsument:innen kauften wieder mehr Sekt. Auffällig war und ist, dass sie vermehrt zu besseren, höherpreisigen Qualitäten griffen, wie Crémant und Prosecco Spumante…Interessant ist dabei, dass aktuell bei Champagner ein Absatzplus von rund 30 Prozent zu verzeichnen ist, wovon auch unsere Eigenmarke „Charles Bach“ profitieren konnte. 

one: Und zu guter Letzt: Was machen die Spirituosen …?
Antonio Ribeiro: Gehen genauso gut. Wir verzeichnen eine exorbitante Steigerung bei Aperitiven, wie Apérol, Martini oder Lillet. Die Konsument:innen haben sich die Gastronomie nach Hause geholt und selbst gemixt. Gin als Mixbasis ist weiterhin sehr stark. Gut gehen amerikanische und irische Whiskeys, da beide relativ mild und weich schmecken. Sieht man sich diesen Trend zu „smoothen“ Spirituosen an, schließt sich der Kreis zum Wein: Auch hier geht der Trend weiter zu Qualitäten mit einer gewissen Restsüße, die den Wein harmonischer macht. 

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