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ArticleId: 2039magazineWelche Folgen hat der extrem trockene Sommer für die Beschaffung der REWE Group? Und was bedeuten die schlechten Ernten am Ende für den Verbraucher? one hat bei den Kollegen der Ultrafrische und im Eigenmarken-Einkauf nachgefragt.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/6/a/csm_Auswirkungen_Duerre_Eigenmarken_mgt_st_67e7acc6fd.jpgWelche Folgen die Dürre für die REWE Group hatExtrem trockener Sommer
Warenbeschaffung in Zeiten der Trockenheit
Hitze, Hagel, Herausforderungen
von Stefan Weber & Martin Bondzio (Film)
Welche Folgen hat der extrem trockene Sommer für die Beschaffung der REWE Group? Und was bedeuten die schlechten Ernten am Ende für den Verbraucher? one hat bei den Kollegen der Ultrafrische und im Eigenmarken-Einkauf nachgefragt.
28 Grad sind die magische Grenze. Klettert das Thermometer darüber, gehen viele Pflanzen in den Stand-by-Modus. Auf ihren Blättern und Stängeln verdunstet Wasser, aber ihre Wurzeln ziehen keine weitere Feuchtigkeit aus dem Boden. Die Folge: Gemüsekulturen geraten unter Stress, ihr Wachstum wird gestört – mit negativen Auswirkungen für die Erträge.

In diesem Sommer befanden sich Pflanzen in vielen Teilen Deutschlands und Europas im Dauerstress. Die Wetterstation Baesweiler nahe Aachen beispielsweise verzeichnete von Juni bis Mitte August 29 Tage mit Höchsttemperaturen von mehr als 28 Grad. An zwölf Tagen zeigte das Thermometer sogar Werte zwischen 30 und 37 Grad. Weil gleichzeitig überall im Land Niederschläge ausblieben, fiel die Ernte für viele wichtige pflanzliche Erzeugnisse in diesem Jahr miserabel aus. Mit schlimmen Folgen für die Bauern. Etwa 10 000 der bundesweit 250 000 landwirtschaftlichen Betriebe gelten infolge der Dürre als in ihrer Existenz gefährdet. Das Bundeslandwirtschaftsministerium diagnostizierte den äußerst seltenen Fall eine „Katastrophe nationalen Ausmaßes“ und gewährte den Landwirten Nothilfen.

Welche Folgen haben die schlechten Ernten für die Beschaffung der REWE Group? Und was bedeutet das am Ende für den Verbraucher? one hat bei den Kollegen der Ultrafrische und im Eigenmarken-Einkauf nachgefragt.
Frisches Obst und Gemüse
Um Landwirte und Lieferanten in der schwierigen Situation zu unterstützen, hat die REWE Group verschiedene nachhaltige Maßnahmen eingeleitet. So wurden – nach dem Vorbild der Bio-Helden bei PENNY – für ausgewählte Produkte die Qualitätsanforderungen gelockert, um mehr Ware in die Vermarktung zu schaffen
Kartoffeln: Kleine Kaliber
Dicke Back & Grill-Kartoffeln wird es diesmal nur wenige geben. Die Kaliber fallen deutlich kleiner aus als im vergangenen Jahr. Und es gibt weniger. Statt des sonst üblichen Ertrags von durchschnittlich 12 bis 18 Knollen pro Kartoffelpflanze sind es in dieser Erntesaison lediglich fünf bis zehn Knollen. Experten erwarten Mindererträge von bis zu 40 Prozent. Europaweit fehlen 2018 etwa fünf Millionen Tonnen Kartoffeln. 

Die Folgen: Die Industrie bietet Produzenten von Speisekartoffeln hohe Preise, um ihren Bedarf zu decken. Das werden die Verbraucher zu spüren bekommen. Verbraucher, die Kartoffeln aus der Region bevorzugen, stehen bald möglicherweise vor leeren Regalen. „Wir werden es mit deutscher Ware über den Winter schaffen, allerdings wird die Importsaison deutlich früher beginnen als in diesem Jahr. Im Premiumbereich akzeptieren wir keine Abweichungen; beim Preiseinstieg werden die Toleranzen erhöht; nicht jedoch im Eigenmarken- und REWE Regional-Bereich“, sagt Christiane Brede, Funktionsbereichsleiterin Ultrafrische 1 Obst & Gemüse.

Zwiebeln: Dünne Dinger
Produkte aus der Region wird es 2018 nicht überall zu kaufen geben, denn mancherorts betragen die Ernteausfälle bis zu 100 Prozent. Und wenn es etwas zu ernten gibt, besitzen die Zwiebeln häufig besonders dünne Schalen, sind innerlich verbräunt und leiden unter Stängelfäule. Statt der sonst üblich 40 bis 60 mm messen sie nur 35 bis 55 mm.

Die Folgen: „Wir werden die Saison mit einigen Mühen überstehen. Geplant sind Sonderaktionen mit extra kleinen Zwiebeln. Auch wird die Importsaison früher beginnen, weil aus deutscher Ernte weniger Zwiebeln verfügbar sind. Zudem ist deren Lagerfähigkeit aufgrund qualitativer Mängel begrenzt“, erläutert Christine Brede.

Kohlgemüse: Kleine Köpfe
Blumenkohl und Broccoli sind knapp. Auch Lieferanten aus Spanien, Frankreich, Polen und Belgien verfügen aktuell nur über geringe Mengen, die sie zu hohen Preisen anbieten. Bei Broccoli entspannt sich die Lage allmählich ein bisschen. Weißkohl und Rotkohl sind ebenfalls knapp.

Die Folgen: Die REWE Group prüft aktuell, ob sie schon jetzt in Spanien Kohl anbauen lässt, um die Warenversorgung über den Jahreswechsel hinaus sicherzustellen.

Salate: Rare Rote
Es gibt nur wenig bunte Salate. Vor allem rote Sorten kommen nicht ins Wachstum. Immer wieder werden Mengen abgesagt, weil die Salatköpfe zu klein sind. Die REWE Group hat Anforderungen an die Gewichte reduziert. In Spanien ist die Eisbergsalat-Ernte aktuell noch für den inländischen Markt vorgesehen, da die Warenversorgung in Deutschland im normalen Saisonverlauf sichergestellt ist.

Die Folgen: Gemeinsam mit der Eurogroup hat die REWE Group als Ergänzung und zur Absicherung der Mengen aus Deutschland zusätzliche Anbauplanungen für Eisbergsalat in Spanien vorgenommen. In den nächsten Wochen können die ersten größeren Mengen verladen werden. 

Karotten: Mickrige Mengen 
In einer normalen Saison werden pro Erntebox etwa 300 Kilogramm Karotten gepackt; in diesem Jahre sind es aufgrund der hohen Ausfälle (insbesondere in Nordrhein-Westfalen) voraussichtlich lediglich 180 Kilogramm. Die Saison wird vorzeitig zu Ende gehen und es bleibt abzuwarten, wie sich die Lagerware qualitativ entwickelt.

Die Folgen: „Es ist dringend notwendig, frühzeitig in Spanien, Portugal und auch in Israel Karotten anzubauen. Das hat der Einkauf bereits sichergestellt. Zudem haben wir Länge und Gewichte der Karotten neu definiert. In die 2-Kilogramm-Beutel werden auch kleinere und kürzere Möhren gepackt", sagt Christiane Brede.

Porree: Schlappe Stangen
Experten erwarten einen größeren Engpass bei Lauchgemüse, da die Landwirte etwa in der Pfalz und in Niedersachsen aufgrund der Hitze Ernteausfälle von bis zu 40 Prozent beklagen. 

Die Folgen: Die REWE Group wird auch hier deutlich früher in die Importsaison wechseln müssen. Der Einkauf plant alternative Herkünfte mit Marokko und Spanien. Das Preisniveau für die Importware ist noch nicht abzusehen.

Äpfel: Starke Stücke
Im vergangenen Jahr hatten Frost und Hagel der Ernte in vielen europäischen Ländern stark zugesetzt; diesmal wird der Ertrag deutlich höher sein, insbesondere in Polen und Italien. Anders als zunächst erwartet, wird es keine Übermengen aus deutschen Anbaugebieten geben. Infolge der Hitzeperiode werden – je nach Anbaugebiet und Sorte – verstärkt kleine Kaliber und Äpfel mit schwachen Ausfärbungen geerntet werden. 

Die Folgen: Marktbeobachter prognostizieren einen Preisverfall von bis zu  20 Prozent, insbesondere aufgrund des Mengendrucks aus Polen und Italien. „REWE und PENNY werden Konzepte zur Vermarktung von hitzegeschädigten Äpfeln im Bereich Aktionsware mit Sondergebinden unterstützen“, sagt Christiane Brede. In der Kalenderwoche 39 (Ende September) wird PENNY bundesweit hagelgeschädigte Äpfel, kleine Äpfel sowie schwach gefärbte Ware in 2,5-Kilogramm-Taschen verkaufen. In Kalenderwoche 40 folgt REWE in den Regionen Nord, Südwest, Süd und Ost (nur da, wo die Schäden regional entstanden sind) mit 2-Kilogramm-Taschen voller Äpfel, die sonst nicht in den Märkten angeboten worden wären. 
Verarbeitete Produkte
TK-Pommes Frites
Viele Kartoffel-Lieferanten in Belgien versuchen zu retten, was noch zu retten ist: Sie lassen die Knollen länger im Boden als sonst üblich - in der Hoffnung, dass der nun einsetzende Regen die Kartoffeln doch noch ein wenig wachsen lässt. Auf den meisten deutschen Feldern war das nicht möglich, weil die Pflanzen infolge der Hitze oft komplett abgestorben waren. Allzu lange können die Bauern in Belgien jedoch mit der Ernte nicht warten, denn im Oktober kann es erfahrungsgemäß vereinzelt bereits Nachtfröste geben. "Welche Mengen am Ende fehlen, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Die Schätzungen schwanken zwischen 20 und 30 Prozent. Mitte Oktober wissen wir mehr", erläutert Andrea Gyulai, Senior Buyer TKK/Fisch. Viele Hersteller von Pommes Frites haben ihre Kapazitäten in den vergangen Jahren aufgestockt, können sie nun jedoch wegen fehlender Rohstoffe nicht auslasten.

Die Folgen: „Die Verbraucher werden für Pommes Frites tiefer ins Portemonnaie greifen müssen. Ob 10, 20 oder gar 30 Cent pro Kilo bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass es auch in den nächsten Wochen schöne lange Pommes geben wird“, betont Gyulai. Je nach Marktsituation sei jedoch nicht auszuschließen, dass die Toleranzen im Oktober angepasst werden müssen.

Chips
Kartoffeln sind Mangelware, und die wenigen verfügbaren Knollen sind sehr viel kleiner als in normalen Erntejahren: Für die Produktion von Chips ist das der schlimmste denkbare Fall. „In einer Situation, in der ich mehr Rohware benötige, ist weniger Rohware vorhanden“, sagt Peter Lindner, Einkäufer im Bereich Schokolade & Saison, Gebäck/Zuckerwaren. Trotz intensiver Bemühungen sei es zuletzt kaum gelungen, neue Lieferanten zu akquirieren. „Alle brauchen Ware. Die Bauern können ihre schmale Ernte meistbietend verkaufen", so Lindner. Dennoch würden Chips nicht knapp, aber es könne zu punktuellen Streichungen kommen, insbesondere bei den Aktionsaktivitäten. "Die Versorgung der Märkte ist daher das oberste Gebot." Allerdings werde es schon bald zu drastischen Preiserhöhungen von möglicherweise bis zu 30 Prozent  kommen. Lindner kann sich an keine vergleichbare Situation in den vergangenen 20 Jahren erinnern. „Selbst im Dürrejahr 2006 sind Chips infolge der schlechten Kartoffelernte im Durchschnitt nur etwa 18 Prozent teurer geworden“, erinnert sich der Einkäufer. Zu erwarten ist, dass die Hersteller in den nächsten Wochen sehr aufmerksam in die Tüten der Mitbewerber gucken werden. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Chips hier und da kleiner werden. Die übliche Größe von fünf bis sechs Zentimetern lässt sich angesichts der kleinen Kartoffeln unter Umständen nicht immer aufrechterhalten.

Konserven
Deutsche Verbraucher sind preisempfindlich. Ist ihnen frisches Obst- und Gemüse zu teuer, greifen sie gerne zu Konserven- oder Tiefkühlware. Doch diese Alternative werden sie in dieser Saison nicht immer haben. „Irgendwann sind die Konserven-Regale leer, denn die Hersteller haben einfach zu wenig Ware, die sie verarbeiten können. Das gilt aus heutiger Sicht vor allem für Bohnenkonserven. Bei Obst- und Gemüsesorten, die früh im Jahr geerntet wurden, gibt es dagegen keine Engpässe“, sagt Albin Rebell, Senior-Buyer Gewürze, Konserven, Essig & Öl. Neue Lieferanten etwa in China, Madagaskar oder USA, wo ebenfalls Bohnen geerntet werden, zu gewinnen, sei  schwierig. Zum einen verfügten auch sie über wenig Ware, zum anderen sei sehr genau zu prüfen, in wie weit sie auditiert sind und die Logistik funktioniert. 

Bio-Produkte
Die schlechten Ernten setzen die Einkäufer von Bio-Produkten in diesem Jahr vielfach unter besonderen Zeitdruck. „In den Verhandlungen mit Lieferanten geht es oft darum, sich schnell zu entscheiden und sich den Zugriff auf die Ware zu sichern. Denn niemand weiß, wie die Situation in ein paar Wochen sein wird“, erläutern Volker Lehnertz und Malve-Marie Freischem, Senior Buyer im Biobereich. Bei Haferflocken und Gerste zum Beispiel besaßen sie ein gutes Händchen und kauften zu einem Zeitpunkt,  als das Ausmaß der Misere noch nicht absehbar war. Entsprechend war der Preisaufschlag gegenüber dem Niveau eines normalen Erntejahres nur gering. Kritisch wird die Situation bei Rot- und Weißkohl werden. „Da ist schlicht kaum Ware am Markt verfügbar“, sagt Lehnertz. Bei einigen der vom Partner Naturland zertifizierten REWE Bio-Produkten wird die REWE Group das Versprechen, ausschließlich Ware aus Deutschland zu beziehen in diesem Jahr teilweise nicht halten können. "Bei ausgewählten Produkten wie zum Beispiel den REWE Bio TK Erbsen müssen wir auf EU-Bio-Ware ausweichen", kündigt Malve-Marie Fleischem an. 

Wein
Die besonderen Witterungsverhältnisse in diesem Sommer hinterlassen jedoch nicht nur Verlierer. So sind die Winzer mit dem Jahrgang 2018 sehr zufrieden. Der Weinbauverband Rheinhessen ist sich sicher, dass 2018 „als Ausnahmejahr in die Geschichte eingehen wird.“ Der wärmste April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen führte zu einer verfrühten Blüte. Hohe Temperaturen und eine lange Sonnenscheindauer im Sommer beschleunigten die Reife zusätzlich. „Das Wetter hat zu einem optimalen Zucker-Säureverhältnis beigetragen“, betont Jan-Peer Brenneke, Geschäftsführer Eigenmarken Einkauf und Entwicklung. So habe die Traubenlese bereits Anfang August beginnen können – so früh wie nie zuvor. 
Konservenlieferant J. und W. Stollenwerk
Wenn nichts mehr geht
Die J. und W. Stollenwerk OHG in Kerpen zählt zu den wichtigen Eigenmarken-Lieferanten der REWE Group mit Obst- und Gemüsekonserven. Das traditionsreiche Familienunternehmen betreibt selbst Landwirtschaft, bezieht aber auch Produkte aus kontrolliertem Vertragsanbau mit bäuerlichen Familienbetrieben im Rheinland. Eine Erntesaison wie 2018 hat das 1932 gegründete Unternehmen noch nicht erlebt.
Mindermengen und miserable Qualitäten – Stollenwerk ist (wie viele andere landwirtschaftliche Betriebe und Verarbeiter) nicht in der Lage, seine vertraglich vereinbarten Mengen an den Lebensmittelhandel zu liefern. In dieser besonderen Situation hat das Unternehmen einen landwirtschaftlichen Sachverständigen beauftragt, ein Gutachten zur Erntesituation zu erstellen – um das Ausmaß des Dramas in der Landwirtschaft und in der Dosenfabrik deutlich zu machen und als Argumentationshilfe für die Gespräche mit seinen Kunden, denen Stollenwerk mit (fast) leeren Händen gegenübersteht.
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