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FILME & CO. DES MONATS
Wahlverwandtschaften
von Edda Bauer

In „Capernaum“ verlässt ein kleiner Junge seine Familie, um sich auf den Straßen Beiruts eine neue zu suchen. „The Favourite“ lässt zwei Hofdamen auf originell groteske Weise um Gunst, Liebe und Bett einer kindlichen Königin buhlen. Und das Verschwinden eines Mädchens führt eine Reporterin in „Sharp Objects“ acht Folgen lang zurück in den Schoß ihrer ungeliebten Familie.

Kino 1
Capernaum – Stadt der Hoffnung

„Capernaum“ ist für Beirut das, was „City of God“ für die Favelas in Rio des Janeiro war oder „Tsotsi“ für die Straßen Johannesburgs: ein eindringliches Filmdrama darüber, wie eine Stadt, ein Land und seine Politik die Ärmsten der Armen im Stich lässt. Und wie sich Wut und Gewalt schon früh ins Leben von Kindern frisst. „Capernaum“ aber ist mehr als nur eine meisterliche Bestandsaufnahme düsterer Zustände. Zwischen der harten Realität lässt Regisseurin Nadine Labaki auch immer die Aussicht auf eine hellere Zukunft aufblitzen.

Nadine Labaki
Kämpfe, wie man sie heutzutage aus Syrien kennt, erlebte Nadine Labaki als Kind in den 80er Jahren im Libanon. Dennoch schaffte sie es, ihren Schulabschluss zu machen und daran ein Studium für audiovisuelle Kommunikation anzuschließen. Als diplomierte Regisseurin drehte sie Musik-Clips und stand auch selbst vor der Kamera. Mit Hilfe eines Stipendiums der Filmfestspiele von Cannes verwirklichte sie 2007 ihr Spielfilmdebüt „Caramel“. Nach „Wer weiß, wohin?“ (2011) ist „Capernaum“ ihr dritter Langfilm, für den sie 2018 in Cannes den Preis der Jury gewann. 

Filmgenre: Drama
Filmlänge: 126 Minuten 
Regie: Nadine Labaki
Mit: Zain Alrafeea, Cedra Izam, Yordanos Shiferwa, Boluwatife Treasure Bankole 

Altersfreigabe: ab 12
Verleih: Alamode Film
Kinostart: 17.1.2019

Kino 2
The Favourite – Intrigen und Irrsinn

Immer scharf an der Groteske vorbei lavieren sich die Intrigen und der Irrsinn in „The Favourite“. Der griechische Regisseur Yórgos Lánthimos („The Lobster“) hat in seinem ersten Kostümfilm lediglich ein paar Vorzeichen verkehrt und Königsdrama zu Königinnenkomödie gemacht, mit Frauen statt Männern im Zentrum. Darin agieren Olivia Colman, Rachel Weisz und Emma Stone mit lauernder Beherrschung ebenso modern wie preisverdächtig. Die Dinge, die sie tun – mit Hummern, Häschen und Gespielen – verleihen dem Genre zudem einen unerwarteten Schubs ins Absurde.

Olivia Colman
Immer wenn man denkt, es geht nicht besser, setzt Olivia Colman noch einen drauf. Der britische TV-Seher hat sich schon dran gewöhnt, kaum eine der großen Serien kommt ohne das komödiantische Talent der 44-jährigen Engländerin aus, von „The Office“ über „Doctor Who“ bis zuletzt „Fleabag“. Hierzulande kennt man sie vor allem als die einfühlsame Kommissarin in „Broadchurch“. Yórgos Lánthimos verschaffte ihr als gestrenge Hausdame in „The Lobster“ 2015 den großen Durchbruch auf der Leinwand. Demnächst setzt sie sich als mittelalte Elizabeth „The Crown“ der 3. Staffel auf.

Filmgenre: Tragikomödie
Filmlänge: 120 Minuten 
Regie: Yórgos Lánthimos
Mit: Olivia Coleman, Rachel Weisz, Emma Stone, Nicholas Hoult, Mark Gatiss

Altersfreigabe: ab 12 
Verleih: Fox Deutschland
Kinostart: 24.1.2019

DVD
Sharp Objects

Vergangenheit und Gegenwart neigen zum Verschwimmen, vor allem in Gegenden, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Wind Gap, Missouri ist so ein Ort. Erst als ein junges Mädchen dort verschwindet, löst das einen Sturm der Panik aus. Das will sich Reporterin Camille für die ganz große Story zunutze machen. Nicht zuletzt, weil sie Gegend und Menschen seit ihrer Kindheit kennt. Jean Marc Vallée, zuletzt zuständig für die seriellen Familiendramen in „Big Little Lies“, weiß sich diesmal in die Abgründe der Seelen mittelständischer Provinzler zu schrauben. Hingebungsvolle Komplizinnen vor der Kamera sind ihm dabei Amy Adams und Patricia Clarkson.

Genre: Familiendrama
Länge: ca. 450 Minuten 
Regie: Jean Marc Vallée
Darsteller: Amy Adams, Patricia Clarkson, Chris Messina, Eliza Scalen, Matt Craven

Altersfreigabe: ab 16
Vertrieb: Warner Bros Home Video
Im Handel ab: 13.12.2018 

Game
Gris

Hinter pastelligen Wasserfarben, bunt verwaschenen Wäldern und Palästen, die an Sahnetörtchen im Nebel erinnern, liegt die dunkle Seele von Gris. Gris, das Videospiel, erzählt wortlos, aber mit viel sphärischem Gesang von Gris, dem Mädchen, das seine Stimme verloren hat. Damit macht es sich zum perfekten Game für graue Wintertage, weil es wie ein watteweicher Farbtupfer wirkt, in den der Spieler mit meditativer Leichtigkeit immer tiefer hineingezogen wird. Dass es auch noch Rätsel zu lösen gilt, Sprünge zu machen und Wege zu beschreiten, wird fast zur Nebensache.

Game – Gris

Art: Game / Abenteuer
Erhältlich für: Windows, macOS, Nintendo Switch

Adresse:  nomada.studio

Rubriken:
Unterhaltung
Schlagwörter:
Unterhaltung
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