
Es gibt ein Kino, abseits vom Mainstream, in dem Situationen wichtiger sind als Story, Bilder bedeutender als Worte und Zwischentöne tiefgründiger als Dialoge. Wie gut das als Satire taugt, beweisen in diesem Herbst zwei Filme. Yorgos Lanthimos legt in „Bugonia“ die Geschicke der Menschheit in die Hände eines Verschwörungstheoretikers. Ari Aster konzentriert das oft absurde Drama der Covid-Pandemie auf die Kleinstadt „Eddington“ in New Mexico. Weitaus düster mysteriöser geht es in dem neuen achtteiligen Miniserie „The Beast in Me“ mit Claire Danes und Matthew Rhys bei Netflix zu.
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Alles beginnt mit Bienchen und Blümchen und hört genau dort auch wieder auf. Dazwischen aber lässt Regisseur Yorgos Lanthimos wilde Verschwörungstheorie auf berechtigte Wut prallen und zündelt dabei mit Slapstick, Philosophie und purem Horror. Vieles in „Bugonia“ ist nicht so ernst gemeint, als dass man es nicht ernst nehmen könnte. Es geht um nichts Geringeres als den kollektiven Nervenzusammenbruch der Menschheit, personifiziert durch Jesse Plemons, der die Welt zu retten versucht. Er muss dafür lediglich seine Chefin (Emma Stone) aus dem Weg räumen, die er für ein Alien hält.
© Focus Features
Das experimentelle Tanztheater in seiner Heimatstadt Athen inspiriert den 1973 geborenen Yorgos Lanthimos zu seinen ersten Kurzfilmen. Seitdem choreographiert er sogar Dialoge, wovon die satirische Romanze „The Lobster“ (2015) mit Colin Farrell ebenso zeugt, wie das Königinnendrama „The Favourite“ (2018), für das Olivia Colman 2019 den Oscar gewinnt. Zur Muse aber wird Lanthimos fortan Emma Stone. Mit ihr dreht er die Neo-Gothic Komödie „Poor Things“ (2023, Oscar für Stone), die Dramödie „Kinds of Kindness“ (2025) und nun „Bugonia“, den übrigens Regisseur Ari Aster co-produziert hat.
Filmgenre: Science Fiction Satire
Länge: 119 Minuten
Regie: Yorgos Lanthimos
Mit: Emma Stone, Jesse Plemons, Aidan Delbis, Alicia Silverstone
Altersfreigabe: ab 16
Verleih: UPI
Start: 30.10.2025
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2020 hat man sich in Eddington, New Mexico, an einiges gewöhnt: Covid, Maske tragen und Bürgermeister Ted Garcia. Letzterer steht kurz vor seiner Wiederwahl, als ihm der örtliche Sheriff unerwartet Konkurrenz macht: Joe Cross ist als aufrechtem Verteidiger von Freiheit und Wahrheit jedes Mittel zum Sieg recht.
Wenn auf der Leinwand eine unberechenbare Naturgewalt in Menschengestalt gebraucht wird, ist Joaquin Phoenix natürlich erste Wahl. In „Eddington“ rempelt er mit sichtbarer Lust durch den staubigen Südwesten, als ob jede Ähnlichkeit mit lebenden Politikern reiner Zufall wäre.
© Leonine
Mit dem Neo-Western „Eddington“ wollte Ari Aster um 2017 sein Spielfilmdebüt geben. Nun ist es der vierte Film des 1986 gebürtigen New Yorkers geworden, nach den beiden schwarzhumorigen Horrorfilmen „Hereditary“ (2018) und „Midsommar (2019) und der Zweite mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle nach dem Psychodrama „Beau Is Afraid“ (2023). Aster, der in Santa Fe und Los Angeles Regie studiert hat, wirft in allen seinen Filmen einen originellen neuen Blick auf klassische Genres, das zeitgenössische Amerika und sein Lieblingsthema Familie, bzw. Wahlverwandtschaften.
Filmgenre: Gesellschaftssatire
Länge: 145 Minuten
Regie: Ari Aster
Mit: Joaquin Phoenix, Pedro Pascal, Emma Stone, Austin Butler, Luke Grimes
Altersfreigabe: ab 16
Verleih: Leonine
Start: 20.11.2025
© Netflix
Was man nicht alles tut, um sich selbst nicht zu treffen. Die Erfolgs-Autorin Aggie etwa geht sich und dem Schmerz über den Tod ihres kleinen Sohns damit aus dem Weg, dass sie ihren neuen Nachbarn Nile bespitzelt. Der ist nicht nur ein Immobilien-Mogul mit großer Geste, sondern auch ein Familienvater, dessen Ehefrau einst unter ungeklärten Umständen verschwunden ist.
Claire Danes, berühmt für ihre psychotische CIA-Agentin Carrie in „Homeland“ trifft auf Matthew Rhys, der seine mühelose Gratwanderung zwischen harmlos und brandgefährlich schon in „The Americans“ unter Beweis stellte. Beste Zustaten für einen Psychothriller in achte Episoden mit einem Hauch von Hitchcocks „Fenster zum Hof“.
Genre: Mysterydrama
Länge: ca 480 min
Entwickler: Gabe Rotter
Mit: Claire Danes, Matthew Rhys, Brittany Snow, Leonard Gerome
Altersfreigabe: ab 16 Kanal: Netflix
Seit: 13.11.2025
© Deutschlandradio
Jedes Mal, wenn man eine 80 Jahre alte Zeitung aufschlägt oder eine Nachrichtensendung aus den 80er Jahren sieht, erlebt man Vergangenheit in der Gegenwartform – ungefiltert, unsortiert und noch nicht in einen größeren Zusammenhang gesetzt. Umso interessanter sind die Tagebucheinträge des Schriftstellers und Literaturwissenschaftlers Victor Klemperer, die vom Kaiserreich über die NS-Zeit bis zum Aufbau der DDR reichen. In den 15 Folgen des Podcasts „Die Geschichte geht weiter“ gleicht Historikerin Leonie Schöler Klemperers erstaunlich akkurate Vorahnungen mit der Realität ab.
Art: Podcast
Entwickler: Deutschlandfunk
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