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© Getty Images | Sezeryadigar
Maik Hengsbach im Interview
„Sauber, ansprechend und rund“
von Bettina Rees

Warum ganze Bohnen im Trend liegen, REWE auf Fairtrade setzt, Robusta unterschätzt wird – und Grimassen ein Indikator für schlechten Kaffee sind: Ein Gespräch mit Kaffeekenner Maik Hengsbach von REWE.

one: Herr Hengsbach, was sind die derzeitigen Kaffeetrends?

Maik Hengsbach: Die beiden großen Trends bleiben auch weiterhin die ganzen Bohnen für Vollautomaten und dahinter – seit das Patent darauf gefallen ist – die Nespresso-kompatiblen Kapseln (NCC) in Aluminium. Am meisten wird zwar weiterhin Filterkaffee verkauft, aber das Segment wächst nicht mehr. Viele setzen die klassische Filtermaschine eher als Zweitgerät bei größeren Besuchsrunden ein. Der Vollautomat, der auf Knopfdruck ganze Bohnen frisch mahlt, entwickelt sich zum Liebling der Kaffeekonsumenten, der Ab- und Umsatz von Espresso- und Caffè Crema-Bohnen wächst stetig.

Maik Hengsbach one: Ist Filterkaffee ein Auslaufmodell?

Maik Hengsbach: Filterkaffee ist immer noch Marktführer bei Absatz und Umsatz, aber die ganze Bohne holt auf. Der gesamte stationäre Kaffeemarkt in Deutschland beläuft sich auf rund 4,2 Milliarden Euro, davon entfällt fast ein Drittel auf gemahlenen Filterkaffee, die Tendenz ist stagnierend-stabil. Corona hat ein bisschen geholfen, weil die Leute zu Hause waren und mehr Filterkaffee getrunken haben. Aber Caffè Crema und Espresso ganze Bohne zusammengenommen haben den Filterkaffee nicht nur fast erreicht, sondern verzeichnen auch ein viel größeres Wachstum. Wenn sich diese Entwicklung linear so weiterentwickelt, kann man sich ausrechnen, wann die beiden den Filterkaffee überholt haben.

one: Wie beeinflussen diese Trends die Regalplatzierung?

Maik Hengsbach: Das heißt für die Produktplatzierung, dass ich das Regal so anpasse, dass ich diese Trends dementsprechend widerspiegele. Der Platz für Filter bleibt stabil oder wird leicht zurückgebaut, wir weiten Caffè Crema und Espresso ganze Bohne aus und auch die NCC-Kapseln, die auf dem Vormarsch sind. Heute entscheiden die Kund:innen anhand ihrer Maschine, welchen Kaffee sie kaufen. Die jeweilige Lieblingssorte sucht man dann über den Geschmack oder den Preis. Das heißt: Eine klare Regalstruktur, wie wir sie empfehlen, hilft den Verbraucher:innen im Markt enorm – wir segmentieren sauber in Filterkaffee, ganze Bohnen, Einzelportionssysteme, also Pads und Kapseln, und Instantkaffee. Das bedeutet, wir nähern uns über die jeweilige Kaffeemaschine beziehungsweise die Zubereitungsform dem Produkt – so muss niemand bei Artikeln suchen, mit denen er oder sie gar nichts anfangen kann.

© Getty Images | simarik

one: Die Preise für Lebensmittel steigen. Gilt das auch für Kaffee, und wenn ja, warum?

Maik Hengsbach: Die aktuelle Rohwarenpreisentwicklung basiert im Grunde auf Frost in Brasilien im letzten Jahr, der – gefolgt von einer Dürre – zu massiven Schäden an den Kaffeepflanzen geführt hat. Dadurch sind die Ernteaussichten speziell in Brasilien für die nächsten Jahre nach unten korrigiert worden. Da Brasilien als wichtigstes Produzentenland für Kaffee eine Leitfunktion hat, hat dies Auswirkungen auf den Börsenpreis und somit auf quasi alle Kaffees weltweit. Darüber hinaus leidet der Kaffeemarkt auch unter den weltweiten Problemen in der Logistik (Stichwort Containerfrachtmarkt) und auch immer noch unter den Coronafolgen. Infektionen der Arbeitenden auf den Plantagen, in der Logistik, in den Kaffeeaufbereitungsmühlen und den Häfen haben die Prozesse und Kostenstrukturen massiv gestört. Zudem heizen Spekulationen die Situation und somit die Preise an der Börse weiter an.

„Entsprechend der Kaffee-Leitlinie der REWE Group findet sich unter unseren Eigenmarken übrigens kein Produkt mehr, das nicht zertifiziert ist. Bei REWE Feine Welt arbeiten wir zudem mit Kooperativen zusammen, zum Beispiel für unseren Incahuasi Crema aus Fairtrade-zertifizierten Biobohnen“
Maik Hengsbach
Senior Category Buyer

one: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit generell beim Kaffeekauf?

Maik Hengsbach: Das Thema Nachhaltigkeit ist auch beim Kaffee nicht mehr wegzudenken, hier kann man sich gut an den Zertifikaten orientieren, wie Rainforest Alliance oder Fair Trade. Entsprechend der Kaffee-Leitlinie der REWE Group findet sich unter unseren Eigenmarken übrigens kein Produkt mehr, das nicht zertifiziert ist. Bei REWE Feine Welt arbeiten wir zudem mit Kooperativen zusammen, zum Beispiel für unseren Incahuasi Crema aus Fairtrade-zertifizierten Biobohnen. Und unter unseren REWE Bio Pads haben wir jetzt einen „Frauen-Kaffee“ etabliert, der aus einer von Frauen betriebenen Kaffee-Kooperative in Peru stammt. Generell lässt sich sagen: Bio- oder Fairtradekaffee ist noch nicht der Massenmarkt, aber der Anteil an Nachhaltigkeit steigt – und somit die Erträge der Bauern.

one: Ob bio oder konventionell: Was zeichnet eigentlich einen guten Kaffee aus und woran erkenne ich diesen? 

Maik Hengsbach: Zuallererst ist guter Kaffee Geschmackssache und über den streitet man ja nicht. Die gängigen Sorten sind die Arabica- und die Robusta-Bohne. Der klassische „100 % Arabica Kaffee“ ist höherpreisig und wird auch sehr häufig als Qualitätsmerkmal eingesetzt. Einem guten Espresso hilft aber eher eine gute Mischung aus Robusta und Arabica, denn Robusta sorgt für den gewissen „Wumms“, für den typischen Geschmack und die notwendige bittere Note. 

Die meisten Kaffeesorten – außer bei REWE Feine Welt - sind eine Mischung aus verschiedenen Herkunftsländern, wie Guatemala, Costa Rica oder Brasilien. Jede Kaffeebohne hat ihren eigenen Charakter, und am Ende bekommen Sie ein gewisses Geschmacksprofil. Dem einen schmeckt dies, der anderen das. Das muss jeder für sich austesten. Für mich gilt: Ein Kaffee muss sauber, ansprechend und rund schmecken. Man sollte kein Störgefühl haben oder das Gesicht verziehen, denn dann stimmt etwas nicht.  

Maik Hengsbach, Senior Category Buyer, trinkt sehr gerne REWE Feine Welt Incahuasi Caffè Crema, weil er „bio und Fairtrade ist – und einen tollen Geschmack hat“.  

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