Antonia Greifenberg-Bouhaik ist so gut wie blind – und ertastet mit Erfolg Auffälligkeiten und Tumore in der weiblichen Brust. Viele Krankenkassen übernehmen das, die REWE Group unterstützt Vorsorgemaßnahmen wie diese mit Zeitgutschriften.
Bei einem Webinar des REWE Group-Gesundheitsmanagements stellte sie ihre Arbeit bereits einmal vor: Antonia Greifenberg-Bouhaik, 40 Jahre alt, drei Kinder, ist medizinisch taktile Untersucherin (MTU). Geboren wurde sie mit nur einem funktionierenden Auge, fühlte sich dadurch aber nicht wirklich eingeschränkt. Als sie 31 Jahre alt war, löste sich bei ihrem sehfähigen Auge die ganze Netzhaut ab. Zwei Jahre lang konnte sie – damals mit zwei kleinen Kindern – nichts sehen. Mittlerweile ist die Sehkraft auf dem einst gesunden Auge bei 20 bis 30 Prozent.
„Das war wie ein Vorhang, der sich schloss. Aber nach zwei Jahren dachte ich, irgendwann musst du doch auch mal wieder arbeiten. Als ich von den discovering hands hörte, klang das für mich wie ein Sechser im Lotto, denn das vereinte meine Interessen für das Medizinische und das Soziale – und die Ausbildung wendete sich an blinde und sehbehinderte Frauen.
Der in Mülheim/Ruhr ansässige Träger discovering hands bildet blinde und sehbehinderte Frauen zu Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTUs) aus, die im Rahmen der Brustkrebsfrüherkennung eingesetzt werden. Hintergrund: Blinde und sehbehinderte Frauen verfügen über einen überlegenen Tastsinn. Das ermöglicht es ihnen, kleinste Gewebeveränderungen in der weiblichen Brust zu erkennen und so einen Beitrag zur Früherkennung von Brustkrebs zu leisten. Dabei gehen sie nach einer medizinisch anerkannten und wissenschaftlich abgesicherten Methode vor, mit der sie erwiesenermaßen noch kleinere Gewebeveränderungen als sehende Mediziner:innen erkennen können. Die MTU arbeitet weitgehend selbstständig, aber immer unter Verantwortung eines Arztes. Ihr Einsatz erfolgt in Frauenarztpraxen und Kliniken.
Quelle: discovering-hands.de
Antonia Greifenberg-Bouhaik Nachdem ich angenommen wurde, organisierte ich einen Kita- und einen Grundschulplatz in Berlin und ging für ein halbes Jahr dorthin. Die Ausbildung dauerte insgesamt neun Monate, ein halbes Jahr Schule in Berlin, dann drei Monate Praktikum. Es war eine sehr intensive Zeit mit ganz viel Anatomie und intensiver Praxiszeit mit Probandinnen. Wir lernten, wie sich Tumore anfühlen, wie man mit den Ärzt:innen kommuniziert und wie mit der Patientin. Besonders für den Umgang mit der Patientin braucht es Empathie und einen gewissen Abstand. Eine Diagnose stelle ich zwar nicht, aber wenn ich eine Auffälligkeit finde, sage ich es der Patientin. Alles weitere klären dann die Gynäkolog:innen.
Bei der Brustuntersuchung gehen wir nach einem klaren Schema vor. Erst mache ich eine Anamnese und befrage die Patientin, zum Beispiel nach Risikofaktoren. Danach untersuche ich die zur Brust gehörigen Lymphknoten, am Hals, unter der Achsel, an der Brust, das Schlüsselbein. Dann streiche ich die Brust systematisch aus. Dabei würden mir Temperaturunterschiede oder größere Zysten auffallen. Dann lege ich die Patientin auf den Rücken und klebe eine Art Koordinatensystem auf die Brust. Die liegende Position hat den Vorteil, dass ich den Brustkorb als natürliche Unterlage nutze. Er dient als Widerstand, und das hilft beim Tasten.
Entlang dieses Koordinatensystems gehe ich dann von links nach rechts und dann wieder von rechts nach links. Dabei kreise ich mit dem Finger in die Tiefe. Ich muss richtig reindrücken oder reindrehen. Das mache ich dann Quadrant für Quadrant. Denn so kann ich dem Arzt oder der Ärztin genau mitteilen, in welchem Feld ich eine abklärungswürdige Auffälligkeit im Gewebe entdeckt habe.
Der Arzt bzw. die Ärztin macht dann den Ultraschall, stellt die Diagnose und plant das weitere Vorgehen. Ich überbringe der Patientin „nur“, was ich ertastet habe. Das fällt mir immer noch schwer, vor allem wenn ich denke, das ist nichts Harmloses. Aber es gehört dazu. Und es ist ja auch was Gutes, denn wir MTUs finden 30 Prozent mehr als die Gynäkolog:innen und schon viel kleinere Tumore.
So unterstützt die REWE Group Sie bei der Vorsorge:
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten für jede wahrgenommene Krebsvorsorgeuntersuchung eine Stunde Zeitgutschrift. Teilnehmende Geschäftseinheiten sind REWE Markt GmbH, PENNY Markt GmbH, DER Touristik, Kölner Verwaltung, toom Baumarkt und die teilnehmenden REWE-Partnerkaufleute. Mehr zu den Zeitgutschriften steht auch in der REWE Group-Broschüre "Du bist wichtig".
Die medizinisch-taktile Untersuchung dauert 30 bis 60 Minuten, je nach Brustbeschaffenheit. Das ist – neben der hohen Quote an ertasteten Auffälligkeiten – die zweite Stärke meiner Tätigkeit: Ich habe einfach Zeit. Die Patientin kann mit mir sprechen, sie kann Fragen stellen, sie kann aber auch schweigen. Und es ist einfach eine andere Art der Brustvorsorge. Meines Erachtens ist es optimal, in regelmäßigen Abständen aufeinander folgend alle drei Präventionsmöglichkeiten durchzuführen: Ultraschall beim Gynäkolog:innenbesuch, Mammografie und eben unsere taktile Untersuchung.
Ich bin in gynäkologischen Praxen, die mit meinem Arbeitgeber kooperieren. Das gibt es schon in vielen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, und man muss dort nicht Patientin sein, um einen MTU-Termin zu vereinbaren.
Die Rückmeldungen der Patientinnen auf meine Arbeit sind übrigens nur gut. Das ist so herrlich. Gratis ist die Untersuchung zwar nicht, aber es gibt knapp 30 Krankenkassen, die die Kosten übernehmen. Einfach mal dort anrufen.“
Bessere Früherkennung, höhere Heilungschancen
Brustkrebs ist mit etwa 30 Prozent aller Krebsfälle die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland, im Schnitt erkranken jährlich knapp 70.000 Frauen an einem „Mammakarzinom“.Jüngere Frauen sind nur selten betroffen, erst ab dem 40. und besonders ab dem 50. Lebensjahr erhöht sich das Risiko, um ab dem ca. 70. Lebensjahr wieder abzusinken. Das mittlere Erkrankungsalter für Brustkrebs liegt bei etwa 64 Jahren, wobei jede vierte Betroffene jünger als 55 Jahre und jede Zehnte jünger als 45 Jahre alt ist.
Wenn auch die häufigste Krebsart bei Frauen, so ist Brustkrebs aber nicht die gefährlichste. Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar, rund 87 Prozent aller Frauen mit Brustkrebs-Diagnose sind nach 5 Jahren noch am Leben. Diese positive Entwicklung hat mit der verbesserten Früherkennung zu tun, aber auch mit den Fortschritten in der Therapie.
Die Brustkrebsforschung geht davon aus, dass etwa ein Viertel der heutigen Brustkrebserkrankungen durch einen gesünderen Lebensstil – also eine gesunde Ernährung, Normalgewicht, wenig Alkoholkonsum, mehr körperliche Aktivität und kein Nikotin - vermeidbar wäre.
Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft
Weiterführende Links:
So arbeiten die medizinisch-taktilen Untersucherinnen MTUs:
https://www.discovering-hands.de/
Hier finden Sie gynäkologische Praxen, die mit MTU kooperieren:
https://www.discovering-hands.de/praxisfinder
Tipps und Anleitungen für die Selbstuntersuchung:
https://www.discovering-hands.de/methodik/selbstuntersuchung-ats
Im Intranet findet sich die REWE Group-Broschüre: Du bist wichtig
https://intranet.rewe-group.com/contentpage/bltc9cf998a0b62f9af