Vor fünf Jahren unterzeichnete die REWE Group die Charta der Vielfalt, eine Selbstverpflichtung, Diversität im Unternehmen wertzuschätzen und zu fördern. Wo stehen wir heute? One hat mit Personalchefin Daniela Büchel gesprochen.
Dr. Daniela Büchel, Bereichsvorstand Handel Deutschland Human Resources (HR) | Nachhaltigkeit one: Frau Büchel, Sie sind seit vielen Jahren bei der REWE Group beschäftigt. Hat sich der Umgang mit dem Thema Diversität in Ihrem bisherigen Berufsleben verändert?
Daniela Büchel: Ja, das konnte ich auf jeden Fall beobachten. Wir legen heute viel bewusster ein Augenmerk auf Diversität – vor zehn Jahren gab es das in diesem Maße noch nicht. Das liegt sicherlich auch am demografischen Wandel, der Globalisierung und einem grundlegenden Wertewandel: Unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger. Dadurch wird auch eine chancengleiche Teilhabe innerhalb des Unternehmens notwendiger denn je.
one: Vor fünf Jahren ist die REWE Group der Charta der Vielfalt beigetreten. Mit welchem Ziel?
Daniela Büchel: Wir wollten damit ein sichtbares Zeichen sowohl nach innen als auch nach außen setzen und unterstreichen, für welche Werte wir bei der REWE Group stehen: Vorurteilsfreiheit, Wertschätzung und Respekt. Diversity war natürlich schon länger ein Thema für uns als REWE Group, auch ohne dass es dafür eine Absichtserklärung oder ein öffentliches Bekenntnis gab. Das ergibt sich schon daraus, dass wir ein internationales Unternehmen mit Mitarbeiter:innen aus über 150 Ländern sind. Unsere Aufgabe besteht zum einen darin, diese Vielfalt auf produktive Weise zu nutzen und zum anderen, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der sich jede und jeder nicht nur angenommen fühlt, sondern sich individuell einbringen kann. Die Charta der Vielfalt ist unser öffentliches Bekenntnis, das Thema strategisch weiter voranzutreiben.
one: Was hat sich seitdem getan? Wo stehen wir als REWE Group heute beim Thema Diversity?
Daniela Büchel: Wichtig sind konkrete Maßnahmen und messbare Ziele, damit Diversity kein reines Lippenbekenntnis bleibt. Nur so können wir im Unternehmen, aber auch gesellschaftlich etwas bewegen. Daher haben wir zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um die verschiedenen Dimensionen von Diversity zu fördern: Wir möchten zum Beispiel den Frauenanteil in den oberen drei Führungsebenen auf 20 Prozent bis 2023 zu erhöhen. Über alle Führungsebenen hinweg beträgt der Frauenanteil bei uns bereits etwa 46 Prozent, aber auf den oberen Führungsebenen muss sich noch mehr tun. Daher gibt es inzwischen eine Vielzahl von Programmen und Initiativen, um mehr Frauen aus dem Unternehmen in Führung zu bringen, wie das Entwicklungs- und Mentorenprogramm „Women’s Drive“, unser Frauennetzwerk „f.ernetzt“, aber auch die regelmäßige Auditierung durch das „audit berufundfamilie“, mehr Angebote für mobiles Arbeiten, Führung in Teilzeit oder Führung in Jobsharing.
one: Was hat sich in anderen Bereichen getan?
Daniela Büchel: Das LGBTIQ* -Netzwerk di.to. repräsentiert mit inzwischen rund 300 Mitgliedern und diversen Ortsgruppen die LGBTIQ+ Community im Unternehmen. Die Integration kulturell diverser Hintergründe treiben wir mit der aktiven Rekrutierung junger Geflüchteter für Praktikums- und Ausbildungsstellen innerhalb der KIMAT-Initiative voran. Viele Kolleg:innen unterstützen im Rahmen der Projekte „Ehrensache“ oder „Joblinge“ als Mentoren sozial benachteiligte Jugendliche dabei, ein Praktikum, eine Ausbildung, einen Job zu finden - und zu halten. Für mehr Inklusion setzen wir uns unter anderem seit 2017 mit einer strategischen Kooperation zwischen der REWE Group und der Aktion Mensch ein, sowie mit einer Kooperation von toom und der Lebenshilfe. Und wir machen bei myAbility mit - hier bieten wir Masterstudentinnen und -studenten mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankungen ein Coaching- und Trainingsprogramm an. Übergreifend haben wir zuletzt das „Netzwerk Vielfalt“ ins Leben gerufen, um Diversity im Unternehmen über alle Geschäftsbereiche hinweg zu verankern. Denn Diversity Management besteht letztlich aus mehr als vielen Einzelmaßnahmen.
one: Und zwar?
Daniela Büchel: Es ist eine Grundhaltung, mit der wir einander im Unternehmen begegnen: Jeder Mensch ist einzigartig, und möchte auch im Arbeitsumfeld in seiner Einzigartigkeit gesehen und anerkannt werden. Daher müssen wir Vielfalt ganzheitlich denken. Im Grunde braucht jeder Mitarbeitende Diversity-Kompetenz – also die Fähigkeit, die Unterschiede zwischen Menschen bewusst wahrzunehmen und sie in ihrer Vielfalt wertzuschätzen. Das bringt uns auch als Unternehmen voran.
one: Was haben Vielfalt und Wertschöpfung miteinander zu tun?
Daniela Büchel: Sehr viel. Wertschöpfung beginnt dann, wenn jedes Teammitglied sein oder ihr bestes Potential zeigen kann. Wenn jedoch Menschen Teile ihrer Persönlichkeit am Arbeitsplatz verstecken müssen und deshalb Nachteile auszugleichen haben, schadet das der Motivation und Produktivität. Außerdem beleuchten diverse Teams Themen aus vielen verschiedenen Perspektiven. Das ist wichtig, denn wenn zehn Menschen mit gleichem Background, gleichem Geschlecht und gleicher Herkunft in einem Raum sitzen, wie sollen sie da die Vielfalt der Marktgegebenheiten, Kunden- und Mitarbeiterwünsche berücksichtigen? Echte Diversität führt also meistens zu besseren Ergebnissen.
one: Warum ist ein öffentliches Bekenntnis von Unternehmensseite zu (mehr) Diversität wichtig?
Daniela Büchel: Unternehmen sind keine Inseln, sondern ein wichtiger Teil der Gesellschaft und gestalten diese maßgeblich mit. Deshalb verstehen wir es als unsere unternehmerische Verantwortung, Diversität und die Teilhabe aller aktiv zu fördern – auch über die Unternehmensgrenzen hinaus. Durch unsere „Stück zum Glück“ Aktion, einer gemeinsamen Initiative von REWE, Procter & Gamble und der Aktion Mensch, fördern wir beispielsweise inklusive Spielplätze in ganz Deutschland. Denn es gibt in Deutschland zu wenige Spielflächen, wo Kinder mit und ohne Behinderung zusammenkommen können. Mehr als 30 Spielplatzprojekte haben wir schon umgesetzt. Beim CSD sind wir seit Jahren mit einem eigenen Wagen dabei und setzen mit Regenbogenfahnen vor unseren Märkten in ganz Deutschland ein Zeichen für Vielfalt.