one: Herr Professor Koch, jeder kennt das: Selbst wenn am Anfang die Motivation noch da ist, das Gelernte in die Tat umzusetzen – mit der Zeit fallen die meisten in ihre Routinen zurück. Warum fällt uns die Umsetzung so schwer?
Axel Koch: Meine Forschung zeigt: Nur 20 Prozent der Menschen sind wirklich transferstark und können gelernte Inhalte nachhaltig im Arbeitsalltag umsetzen. Vielen ist gar nicht bewusst, welche Einstellungen und Selbststeuerungstechniken wichtig sind, um nach Fortbildungstagen das Gelernte wirklich umzusetzen. Nach den Fortbildungstagen werden sie dann von ihrem Tagesgeschäft überrannt oder unterschätzen den Zeitaufwand, der zur Umsetzung von Veränderungen notwendig ist.
Prof. Dr. Axel Koch
one: Welche Rolle spielt das Thema „Selbstverantwortung“ in Ihrem Transferstärke-Modell?
Axel Koch: Eine ganz wesentliche. Niemand ändert seine Verhaltensweisen, nur weil es ihm ein gut bezahlter Coach sagt. Das muss aus eigenem Antrieb geschehen. Nur wer sich selbst motivieren kann, sich konkret Gedanken macht, wie er Neuerungen in seinen Alltag einbinden kann und aktiv nach Hilfe sucht, wenn er Probleme bei der Umsetzung von Veränderungen hat, kann umsetzungsstark sein.
one: Ist der Mitarbeiter also alleine für die Umsetzung verantwortlich?
Axel Koch: Nein! Auch etwa der Vorgesetzte ist in der Pflicht. Er muss sich Zeit nehmen, um den Mitarbeiter im Veränderungsprozess zu unterstützen. Der Chef sollte Interesse zeigen und dem Mitarbeiter genügend Zeit zur Umsetzung freihalten. Wenn der Mitarbeiter etwa an einem Seminar teilgenommen hat, in dem es darum ging, besser zu präsentieren, ist es sinnvoll, ihn im Arbeitsalltag stärker in kommende Präsentationen einzubinden und direktes Feedback zu Präsentations-Situationen zu geben. Aktive Unterstützung des Umfelds ist ein Schlüssel für Umsetzungsstärke.
„Jeder kann seine Transferstärke ausbauen!“Axel Koch
one: Kann jeder Mitarbeiter seine Transferstärke ausbauen?
Axel Koch: Ja, jeder kann seine Transferstärke verbessern. Es geht darum, sich selbst bei der Umsetzung des Gelernten besser zu steuern. Dazu muss man allerdings seine psychologischen Stellhebel kennen.
one: Das Learning Center der REWE Group hat ab diesem Jahr Angebote geschaffen, bei denen Mitarbeiter Unterstützung bekommen, Gelerntes in die Praxis umzusetzen. An welche Zielgruppe richtet sich das Angebot?
Axel Koch: Grundsätzlich kann jeder Zentral-Mitarbeiter daran teilnehmen. Es eignet sich etwa sehr gut für junge, angehende Führungskräfte. Die Erfahrung zeigt, dass sich besonders Mitarbeiter aus Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen von der Transferstärke-Begleitung angesprochen fühlen. Sie sind sehr an ihrer persönlichen Entwicklung interessiert und wollen wissen, wie sie sich verbessern können. Zugleich hilft Ihnen das Wissen aus dem Transferstärke-Modell, später eigene Mitarbeiter in ihrer Entwicklung optimal zu unterstützen. So profitiert das Unternehmen doppelt von dem Transferstärke-Modell.
one: Wie läuft so ein Beratungs-Prozess ab?
Axel Koch: Das Angebot ist einerseits an bestimmte Seminare geknüpft. Hier unterstütze ich die Teilnehmer individuell dabei, die konkreten Inhalte des Seminars in die Tat umzusetzen. Zum anderen bietet das Learning Center Transferstärke auch losgelöst an, wenn Kollegen einen Entwicklungsbedarf vor Augen haben, aber die PS noch nicht ganz auf die Straße bringen. Wenn ein Mitarbeiter meine Transfer-Begleitung zu seiner regulären Fortbildung hinzubucht, machen wir vor dem eigentlichen Seminar einen kurzen Persönlichkeitscheck: Der Mitarbeiter schätzt selbst ein, wie transferstark er schon ist – und an welchen der vier Faktoren er glaubt, noch arbeiten zu müssen. In einem persönlichen Auswertungsbericht verbunden mit einem Auswertungsgespräch erfährt der Teilnehmer, mit welchem psychologischen Know How er seine erkannten Risiken abbauen und so seine Lernziele effektiv erreichen kann. So geht der Mitarbeiter bereits achtsam in sein Seminar.
„Wer seine Transferstärke verbessert, erreicht seine Lernziele effektiver – und hat auch mehr von zukünftigen Weiterbildungen.“Axel Kochone: Können Sie uns dafür ein Beispiel nennen?
Axel Koch: Wer sich etwa früher schnell von Rückschlägen entmutigen ließ, kann bereits im Seminar an seinem „positiven Selbstgespräch“ arbeiten und sich klarmachen, dass er nicht direkt im Anschluss an das Seminar alle Inhalte umsetzen kann. Dadurch ist der Mitarbeiter besser auf mögliche Rückschläge vorbereitet. Nach dem Seminar kann der Mitarbeiter in regelmäßigen Reflektionen noch vorhandene Schwächen erkennen und bekommt im Rahmen von zwei Follow-up-Coachings Tipps, wie er weiter im seinem Berufsalltag daran arbeiten kann. Am Ende ergibt das einen Doppelnutzen. Der Teilnehmer erreicht sicher seine Lernziele und steigert gleichzeitig seine Transferstärke. Das zahlt sich dann auch für künftige Weiterbildungen aus.