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Gespräch mit Unternehmenscoach Britta Biernacki
„Shit happens - aber sicher wird sich dieser Fehler als Meilenstein erweisen...“
von Bettina Rees
Woraus besteht eine gute Fehlerkultur im Berufsleben? Die Zutaten kennt Psychologin Britta Biernacki: eine wohlwollende Besprechungskultur, ein guter und klarer Führungsstil - und nicht zuletzt eine liebevollere Einstellung zu sich selbst.
Psychologin Britta Biernacki
one: Frau Biernacki, was fällt Ihnen ein zu dem Begriff „Fehler im Beruf...“?
Britta Biernacki:
Scham, Schuld, Versagen... Fehler sind negativ besetzt. Fehler sind schmerzlich. Fehler sagen mir, ich erfülle meinen eigenen Anspruch, meine eigene Leistungsorientierung nicht. Das gewünschte Ergebnis ist nicht herausgekommen. Der Gedanke dabei ist: ICH habe versagt, ohne die mögliche Lernerfahrung darin zu entdecken und ohne den Zusammenhang zu berücksichtigen.

one: Warum werden Fehler im Beruf gemacht?
Britta Biernacki:
Ganz sicher ist fehlende oder mehrdeutige Kommunikation eine zentrale Fehlerquelle: Ich verstehe eine Aufgabe nicht, weil die Information unklar und der Auftrag diffus ist. Diffus, weil der Auftrag vielleicht gar nicht so konkret, sondern als eher „lautes Nachdenken“ des Chefs über mehrere Hierarchieebenen zu mir gekommen ist. Mir sind seine Erwartungen somit nicht wirklich klar. Vor allem neue Mitarbeiter neigen dann dazu, sich fraglos durchzuwühlen. Das führt oft zu Frust. Häufig steht das übrigens in Zusammenhang mit nicht gelungener Einarbeitung.

Fehler entstehen auch, wenn wir unkonzentriert sind. Und dafür gibt es viele Gründe: Angst, Druck, zu große Veränderungen. Wir sind ja für eine wettbewerbsorientierte Leistungsgesellschaft sozialisiert. Da ist ein offener Umgang mit Fehlern nicht wirklich vorgesehen.

one: Wie unterstützt man einen offenen Umgang mit Fehlern, insbesondere mit Blick auf neue Mitarbeiter?
Britta Biernacki:
Durch die richtige Besprechungskultur. Neuen Mitarbeitern kann man zum Beispiel sagen: Das ist Neuland, da musst Du jetzt einfach durch. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass deine zwanzigste Power Point Präsentation völlig anders aussehen und deutlich schneller gemacht sein wird als die erste. Man sollte mit neuen Kollegen klarer sein und entspannter, mehr nachfragen und regelmäßig die Erwartungen abgleichen. Das minimiert den Stressfaktor enorm. Und dadurch die Fehlerquote. Und man sollte sich Gedanken machen, wie Fehler in der jeweiligen Unternehmenskultur bewertet werden.

one: Wie kommt ein Unternehmen zu einer guten Fehlerkultur?
Britta Biernacki:
Der Begriff „Fehlerkultur“ bezeichnet die Kultur, die in einem Unternehmen herrscht, wenn Fehler passieren. Wie reagiert das Umfeld? Gibt es Rückhalt, Verständnis oder aber Sanktionen?

Entscheidend sind dabei Führungsstil und Führungskultur. Welche Fehlerkultur lebt der Chef vor? Stellt er sich vor den Mitarbeiter? Setzen sich alle gemeinsam an einen Tisch? Werden Fehler in der Abteilung als Erfahrungswert, als Lernbereicherung bewertet? Denn man könnte ja statt „da ist ein Fehler passiert“ sagen: „Jemand hatte eine Idee, sie ist aber nicht aufgegangen“.

Damit das nicht noch einmal in dieser Form passiert, ist es notwendig, gemeinsam herauszufinden: Was wurde vergessen, was wurde missverstanden?
An welcher Schnittstelle waren zentrale Infos nicht zugänglich oder sind verloren gegangen? Waren die Zuständigkeiten für alle Beteiligten klar geregelt? Das führt sicherlich zu Erkenntniszuwachs, Sicherheit und Verbundenheit im Team. Sowohl bei neuen als auch bei eingespielten Teammitgliedern.

Kurz: Es ist toll, wenn das Team hier konstruktiv reagiert und Fehler als wichtige Indikatoren versteht, als Warnsysteme, die wertvolle Informationen liefern. Nach dem Motto: „Shit happens, aber im Rückblick wird sich der Fehler sicher als Meilenstein erweisen.“ Das setzt natürlich nach Projektabschluss Reflexion und Evaluation im Team voraus. Und hier findet sich die gute, die wohlwollende Besprechungskultur wieder.

one: Wie geht man selbst gut mit den eigenen Fehlern um?
Britta Biernacki:
Fehler sind menschlich. Der Umgang damit, also ob ich für mein „fehlerhaftes Verhalten“ Verantwortung übernehme, hat zuallererst etwas mit meinen eigenen Werten zu tun. Halte ich mich nur dann für wertvoll, wenn ich perfekt bin? Meine innere Einstellung hat einen sehr starken Einfluss darauf, wie ich mit Fehlern umgehe. Daher besteht für jeden einzelnen die größte Herausforderung darin, die eigene vielleicht überkritische Einstellung in eine „wohlwollend-lösungsorientierte“ zu wandeln. Für diesen Lernprozess ist ein passender, professioneller „Sparringpartner“ sicherlich eine gute Unterstützung.

one: Ihr Tipp?
Britta Biernacki:
Seien Sie achtsam - mit sich und mit anderen.

Britta Biernacki, Mitarbeiter- und Führungskräfteberaterin des Gesundheitsdienstleisters B.A.D., bietet seit Mai 2016 an allen drei Kölner Zentralstandorten eine psychosoziale Sprechstunde für Mitarbeiter und Führungskräfte. Als ausgebildete Mediatorin und Konfliktcoach unterstützt und vermittelt sie auch beim richtigen Umgang mit Fehlern.
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