Was der morgendliche Blick in den Spiegel mit der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben zu tun hat und warum man riesig wirkende Probleme wortwörtlich kleinreden kann. PENNY-Führungskraft Carola Müller über den Wert von Sprechen und Zuhören.
Carola Müller one: Frau Müller, das Thema Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben ist für Sie persönlich …
Carola Müller: … meine Herzensangelegenheit. Für mich ist es wichtig, dass die Mitarbeiter:innen gern auf Arbeit kommen. Ich berate bei diesem Thema in erster Linie die Bezirksleiter:innen und Marktleiter:innen, wenn diese mit dem Problem eines Mitarbeiters auf mich zukommen. Wir suchen gemeinsam nach Lösungen, und ich erkundige mich später immer noch einmal, um zu schauen, wie erfolgreich unser Lösungsansatz war.
one: Sie fragen direkt die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter, ob das Problem geklärt ist?
Carola Müller: Ja. Ich versuche, mit ihm oder ihr auf meiner jeweiligen Tour direkt zu sprechen. So erfahre ich, ob die Lösung erfolgreich war. Reden und Zuhören sind das Allerwichtigste. Generell frage ich jede:n Mitarbeiter:in bei einem Filialbesuch: Wie geht es Ihnen? Können wir etwas für Sie tun? Meistens verneinen das die Mitarbeiter, in einigen Fällen nutzen sie mein Gesprächsangebot. Nach einem solchen Gespräch empfinden viele ihr Problem als nicht mehr ganz so groß. Einfach, weil sie ein offenes Ohr oder eine konkrete Lösung gefunden haben. Und da ist es egal, ob das Problem privater oder beruflicher Natur ist
Wenn jemand beispielsweise langfristige Probleme mit dem Rücken hat, versuchen wir, durch Gesundheitsmaßnahmen zu helfen. Manchmal reicht schon ein anderer Kassenstuhl, um das Rückenproblem zu beheben, oder der Rehasport am Mittwochnachmittag wird in den Arbeitsplan integriert. Auch mit der Weiterbeschäftigung in einer anderen Funktion haben wir gute Erfahrungen gemacht.
one: Sie sagten, Sie kümmern sich bei Bedarf genauso um persönliche Probleme?
Carola Müller: Ich teile ein Problem nicht in privat und beruflich ein. Jedes Problem belastet und wirkt sich nachteilig auf das Wohlbefinden und die Arbeit aus. Wichtig ist nur, das Problem anzupacken, wenn es noch ein kleiner Hügel ist und nicht zu warten, bis es zu einem Riesenberg angewachsen ist.
one: Dass eine Führungskraft die privaten Probleme ihrer Mitarbeiter:innen genauso wichtig nimmt wie die beruflichen, das war nicht immer so. Was hat sich verändert in den vergangenen 15/ 20 Jahren?
Carola Müller: Heute kümmern wir uns viel mehr um die Belange unserer Mitarbeiter:innen und schauen genauer hin. Ich bin froh darüber, denn früher war das anders. Klar, damals kamen die Umsätze und die Mitarbeiter sozusagen von allein. Aber mit dem demografischen Wandel und der neuen Arbeitsmarktsituation fand der Umbruch statt – zum Glück. Ich glaube, das danken uns unsere langjährigen Mitarbeiter:innen. Hier im Osten haben wir eine vergleichsweise niedrige Fluktuation, die uns Führungskräfte vor besondere Aufgaben stellt …
one: Stellt eine geringe Fluktuation wie in Ihrer Region denn nicht etwas durchweg Positives dar?
Carola Müller: In den 1990ern waren unsere Mitarbeiterinnen jung, ihre Kinder aber schon verhältnismäßig groß, weil die meisten damals zeitig Kinder bekamen. Das Thema Kinderbetreuung stellte sich also kaum. Heute sind dieselben Kolleg:innen älter, wir setzen uns also mehr mit gesundheitlichen Fragen auseinander. Das BEM (betriebliches Eingliederungsmanagement) spielt eine größere und wichtige Rolle – auch hier müssen wir miteinander reden und gemeinsam nach Lösungen suchen. Wichtig ist immer, dass die Betroffenen wissen, sie gehören zum Unternehmen und der Kontakt zum Team bleibt erhalten. Ich selbst erkundige mich nach den jeweiligen Mitarbeiter:innen bei meinen Markt- und Bezirksleiter:innen, wenn ich die Filiale besuche.
one: Warum ist das Kontakthalten wichtig?
Carola Müller: Bei PENNY sind die Marktteams verhältnismäßig klein. Es gibt ein enges Miteinander. Und wenn der Kontakt bleibt, ob bei Krankheit oder in Elternzeit, dann bedeutet das für die Betroffenen, die in Kontakt bleiben wollen: Ich bin nicht weg, ich gehöre weiter dazu. Wenn zum Beispiel eine Kollegin nach ihrer Elternzeit wiederkommt, erhält sie eine verkürzte Einarbeitung, damit sie wieder auf dem aktuellen Stand der Filialabläufe ist. So steht sie nicht vor einem Berg von unlösbaren Aufgaben.
one: Zum Schluss die Frage: Warum engagieren Sie sich so stark für das Thema Vereinbarkeit?
Carola Müller: Das bin einfach ich… Handel verbunden mit der Dienstleistung am Kunden ist meine Berufung. Ich bin seit über 20 Jahren in dieser Führungsposition. Wenn meine Mitarbeiter morgens beim Blick in den Spiegel nicht „O Gott, schon wieder ein Arbeitstag“ sagen, sondern „Schön, ich freue mich auf meine Arbeit“: Dann haben wir alles richtig gemacht.
Carola Müller, seit1990 bei Penny in verschiedenen Funktionen und seit 1999 Verkaufsleiterin in der Region Ost, betreut derzeit knapp 800 Mitarbeiter:innen in 86 Märkten.
„Während Corona haben sich alle Kolleg:innen untereinander geholfen, die Schichten wurden möglichst gut, zum Beispiel für die Alleinerziehenden angepasst.
Corona hat es vielleicht verschärft, aber auch sonst ist Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben unser normales Tagesgeschäft“
Carola Müller
Nicht jeder Mitarbeiterwunsch kann erfüllt werden, aber jeder wird ernst genommen: HR-Partnerin Gina Kaack weiß, dass Führungskräfte Vereinbarkeit dann unterstützen, wenn sie sehen, dass dadurch der Laden läuft.
Gina Kaack „Jede PENNY-Region hat eine buf-Patin, also eine HR-Partnerin oder HR-Expertin, die als Ansprechpartnerin für Vereinbarkeitsthemen zwischen Führungskräften und Mitarbeiter:innen fungiert. Ich bin in dieser Funktion für PENNY in Norderstedt in Kontakt mit sehr vielen Mitarbeiter:innen in unterschiedlichen Lebensabschnitten.
Was mich froh macht an meiner Tätigkeit? Mitarbeiterzufriedenheit. Bei uns arbeiten viele Frauen. Viele haben Kinder. Wenn man als Mutter (oder Vater) sein Kind gut versorgt weiß, fällt die Arbeit leichter und sie macht mehr Spaß. Dazu gehört auch Planungssicherheit. Es ist wichtig zu wissen, wann und wie die Woche gearbeitet wird, um mögliche private Termine vereinbaren zu können. Hierzu gehört auch, dass wir als Arbeitgeber ansprechbar sind. Dass die Mitarbeiter:innen das Gefühl haben: Wir werden gehört. Und man sollte immer daran denken: Lebensphasen verändern sich: eine Ausbildung wird abgeschlossen, eine Familie gegründet, die Kinder werden selbständiger.
Als Arbeitgeber gesprächsbereit zu sein, heißt natürlich nicht, dass wir alles zu hundert Prozent möglich machen können. Es heißt nicht, dass wir jedem Mitarbeiterwunsch nachkommen können. Gesprächsbereit heißt viel mehr, dass wir uns die Zeit nehmen und im Zweifelsfall auch erklären, warum wir, also zum Beispiel die Markt- oder Bezirksleitung, einen Wunsch nicht erfüllen können, zum Beispiel nach einer festen Arbeitszeit. Viele bedanken sich nach einem solchen Gespräch, da sie sehen, ihr Wünsch wurde gehört und ernst genommen, auch wenn er nicht absolut in Erfüllung ging.
Der Discount hat den Ruf, als Arbeitgeber viel zu verlangen, vor allem Flexibilität – sowohl was die Einsatzbereitschaft als auch die Tätigkeit selbst betrifft. Wir haben teils Märkte mit kleinen Teams, in denen es sehr herausfordernd ist, individuelle Wünsche umzusetzen. Würde der Schichtplan in diesen Filialen nur nach Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sein, würde er anders aussehen. Wir versuchen aber, das Beste für alle herauszuholen, also einen Spagat zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen und den Erfordernissen des Marktes zu schaffen. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir uns bemühen, die Märkte vielfältig zu besetzen. Einen Markt nur mit jungen Eltern zu besetzen, die keine Spätschicht machen können, das geht nicht. Nur die Kinderlosen auf die Spätschichten setzen, das geht auch nicht. Hier versuchen wir, so gut es geht auszugleichen, zum Beispiel mit studentischen Aushilfskräften oder Mitarbeiter:innen, die gerne spät arbeiten.
Beruf und Familie funktioniert umso besser, wenn Führungskräfte auch die Vorteile darin erkennen: Wenn der Laden läuft und die Zahlen stimmen, weil sie Wünsche erfüllt haben, zum Beispiel einem Mitarbeiter den Wunsch nach einer Auszeit Sabbatical. Wer das möchte, macht sich vorab Gedanken, wie sich der Wunsch für sein Team am besten gestalten lässt. Dann wird es meist möglich. Und der Mitarbeiter kommt gestärkt und motiviert zurück in den Markt.
Beruf und Familie, das ist ein kulturelles Thema, das auf die Wirtschaftlichkeit einzahlt. Wir müssen wirtschaftlich bleiben, um als Unternehmen erfolgreich zu sein und die Arbeitsplätze unsere Mitarbeiter:innen zu sichern. Aber nur mit ihnen gemeinsam können wir wirtschaftlich sein. Es ist ein Kreis aus Geben und Nehmen.
Das gilt für beide Seiten. Mitarbeiter:innen sollten wertschätzen, was Unternehmen und Führungskräfte ermöglichen und ihnen in Ausnahmesituationen entgegen kommen. Den Führungskräften selbst geht es nicht anders. Nur mit gegenseitiger Wertschätzung und Verständnis ist es möglich, auch schwierige Situationen zu überstehen. Mitarbeiter:innen, die gemeinsam mit ihrer Führungskraft solch eine Situation gemeistert haben, werden motiviert arbeiten und dem Unternehmen gegenüber loyal sein. Und genau solche Mitarbeiter:innen brauchen wir.
Gina Kaack, HR-Partnerin PENNY Norderstedt, zuständig für Verkaufsgebiete Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen sowie für die Verwaltungsbereiche Buchhaltung und Logistik
Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag und das großartige Engagement der Kolleginnen. Das ist genau ein Schritt in die richtige Richtung. Zu erkennen, dass man mit Menschen zusammenarbeitet, dass jeder sein eigenes Päckchen trägt, offen zu sein, aufeinander zuzugehen, zuzuhören und so glückliche Mitarbeiter zu erhalten, die sich verstanden fühlen gerne ihrer Arbeit nachgehen. Sogar wenn man es lieber aus der wirtschaftlichen Perspektive sehen möchte, hat das Vorteile. Vielen Dank, dass Sie diesen Weg gehen!
Liebe Frau Müller, SO habe ich Sie kennen- und schätzen gelernt - eine Führungskraft per Excellence ????. Toll, dass Penny Sie hat. Herzliche Grüße aus dem Ruhestand, Dietmar Burtzlaff