Wie sieht sie aus, die Seele eines Menschen, der sich vor seiner Umwelt versteckt? Regisseur Darren Aronofsky hat in „The Whale“ mit dieser Frage Brendan Fraser auf Oscar-Kurs geschickt. Durch die ausdruckvollen Augen von Leonie Benesch bekommt man Einblick in „Das Lehrerzimmer“ einer Oberschule in Aufruhr. Und die BBC-Serie „The English“ wartet mit einem Wilden Westen auf, wie man ihn bisher noch nie gesehen hat.
„Ist dir schon einmal aufgefallen, dass Menschen gar nicht in der Lage sind, sich nicht zu kümmern?“ Es ist eine der philanthropischsten Fragen, die man derzeit im Kino zu hören bekommt. Und der, der sie stellt, ist einer, der den Glauben an die Menschheit tatsächlich nicht verloren hat. Umso mehr aber den Glauben an sich. In den Jahren, die Literaturdozent Charlie sich vor der Menschheit versteckt hat, ist er physisch zum Wal geworden. In der Seele aber ist er ein Schmetterling. Mit „The Whale“ bringt Regisseur Darren Aronofsky die höchsten Instinkte im Menschen zum Klingen.
Brendan Fraser
Es ist ein großes Kompliment an das Maskenbild und an den Schauspieler, wenn erst bei der Oscar-Verleihung auffällt, dass beides überhaupt benötigt wurde. So geschehen bei den diesjährigen Academy Awards: sowohl der realistisch wirkende Fat Suit, als auch Brendan Fraser, der ihn mit seiner fesselnden Darstellung wieder vergessen lässt, werden mit einem Oscar ausgezeichnet. Für den 1968 in Indiana geborenen Fraser ist „The Whale“ ein Comeback als Protagonist Leinwand. Nach großen Erfolgen mit drei Teilen Action-Komödie „Die Mumie“, wurde es 2008 still um ihn.
Filmgenre: Tragödie
Länge: 119 Minuten
Regie: Darren Aronofsky
Mit: Brendan Fraser, Sadie Sink, Ty Simpkins, Hong Chau, Samantha Morton
Altersfreigabe: ab 6
Verleih: Plaion Pictures
Start: 27.4.2023
Aktion, Reaktion, Überreaktion. Autor und Regisseur Ilker Çatak erzählt in „Das Lehrerzimmer“ die universelle Geschichte von der vermeintlich guten Tat und ihrer völligen Eskalation. Kamerafrau Judith Kaufmann liefert dazu die Klaustrophobie eines deutschen Gymnasiums. Wer glaubt, schon alle Arten von Schuldramen gesehen zu haben, hat noch nicht in die großen, vielsagenden Augen von Leonie Benesch geblickt. Als sie glaubt, einen Taschendieb überführt zu haben, fliegen der hochmotivierten Mathe- und Sportlehrerin ihre eigenen Ansprüche um die Ohren.
Leonie Benesch
Der Umstand, dass Leonie Benesch in London Schauspiel studiert hat und sie in internationalen Serien wie „The Crown“, „Counterpart“, „Spy City“, „In 80 Tagen um die Welt“ und zuletzt „Der Schwarm“ tragende Rollen spielte, lässt vermuten, sie wäre eine Britin. Dabei ist Benesch 1991 in Hamburg geboren und gilt seit Michael Hanekes hochprämiertem schwarz/weiß Drama „Das weiße Band“ (2009) als schauspielerische Entdeckung. Und Benesch hat nicht enttäuscht, sei es in drei Staffeln „Berlin Babylon“ oder in Heinrich Breloers Doku-Drama „Brecht“ (2019).
Filmgenre: Schuldrama
Länge: 98 Minuten
Regie: Ilker Çatak
Mit: Leonie Benesch, Michael Klammer, Rafael Stachowiak, Anne-Kathrin Gummich
Altersfreigabe: ab 12
Verleih: Alamode Film
Ab: 4.5.2023
Dass die Realität beileibe nicht weniger spannend ist als die Legende, hat sich an keinem Genre besser bewiesen als am Western. Dafür stehen Filme wie „The Revenant“ und „Homesman“, aber auch die Serien „Deadwood“ und „Godless“. Der Sechsteiler „The English“ geht noch einen Schritt weiter, dividiert den traditionellen weißen männlichen Helden gleich ganz aus der Rechnung und konzentriert bei der Suche nach Recht und Ordnung auf eine europäische Frau und einen Pawnee Mann. Was Entwickler und Regisseur Hugo Blick dabei zutage fördert, neben skurrilen Charakteren und eindrucksvollen Landschaften, sind ein paar Wahrheiten, die sogar eingefleischten Western-Fans neu sein dürften.
Genre: Historiendrama-Serie
Länge: 320 Minuten
Entwickler: Hugo Blick
Mit: Emily Blunt, Chaske Spencer, Ciarán Hinds, Toby Jones, Tom Hughes, Rafe Spall
Altersfreigabe: ab 16
Vertrieb: polyband
Seit: 28.4.2023
Es ist eher selten, dass ein Land ein Videospiel inspiriert, aber das zu Frankreich gehörende Neukaledonien im Südpazifik, hat mit seiner strahlenden Flora und den düsteren Mythen zweifellos das Zeug dazu. Mit „Tchia“ haben die Spieleentwickler von Awaceb ihrer Heimat ein ungewöhnliches Denkmal gesetzt. Tchia ist eine junge Melanesierin, die nicht nur körperlich die Insel erforscht, sondern dabei auch ihre Seele springen lassen kann. Und so ganz nebenbei bringt sie dem Spieler auch noch Drehu bei, eine ausgesprochen wohlklingende Sprache, mit und ohne Ukulele.
Art: Sandbox, Abenteuer
Entwickler: Awacep
Erhältlich für: Windows, PS4, PS5
Adresse:awaceb.com/tchia