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09.10.2019
one-Umfrage
Was Azubis erwarten
09.10.2019
Ausbildung statt Studium
Vom Hörsaal hinter die Fleischtheke
ArticleId: 2430magazineDer Markt ist der beste Ort, Nachwuchs zu rekrutieren: REWE- und Adeg-Kaufleute sowie Personalexperten verraten, wie sie trotz Nachwuchsmangel Azubis gewinnen – und warum es nicht schlimm ist, wenn nicht gleich jeder Bewerber in der Ausbildung seinen Traumberuf sieht.https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/9/a/csm_TT_10_02_TopThema_Azubis_Kaufleute-Tipps_mgt_st_fa5d87d409.jpg„Wer uns kennt, findet uns klasse“Azubisuche: Tipps von Machern
REWE-Markt als Recruiting-Center
„Wer uns kennt, findet uns klasse“
von Bettina Rees & Achim Bachhausen

Der REWE-Markt ist der beste Ort, Nachwuchs zu rekrutieren: Corinna Trier spricht über den Wert von Fußballvereinen, Schülerjobs und warmherzige Bewerbungsgespräche. Und REWE-Kaufleute geben Tipps, wie sie potenzielle Azubis von sich überzeugen.

one: Frau Trier, Sie sind Profi in Sachen Personalentwicklung. Dennoch sagen Sie: Die besten Recruiter arbeiten im REWE-Markt vor Ort?
Corinna Trier: Ja, es sind gerade die Marktmanager oder Kaufleute, die die Botschaft, „REWE ist der beste Arbeitgeber im Ort“ glaubwürdig vermitteln können. Sie sind meist gut vernetzt im Ort oder im Stadtteil: Fußballverein, Schule, Kirchenchor… Und sie sollten unbedingt ihre Marktmitarbeiter einbinden, die ja wiederum auch ihr lokales Netzwerk aus Familie, Freunden, Vereinskollegen haben, in dem sie mit ihnen sprechen: Ich suche neue Azubis, kennt Ihr jemanden? Das ist der erste Weg.

one: Und der zweite Weg, auf dem wir erfolgreich Azubis finden...?
Corinna Trier: Er führt über Schülerpraktikanten und geringfügig Beschäftigte (gfB): Wenn sie gut behandelt werden und sich im Markt wohlfühlen, dann suchen sie in der Regel unter ihren Freunden die nächsten Praktikanten und Jobber – oder aber sie interessieren sich selbst für eine Ausbildung. Marktchefs haben gute Erfahrungen gemacht, wenn sie bei den gfB aktiv das Interesse daran wecken, denn gerade Gymnasiasten sind oft nicht so gut über die Ausbildungsmöglichkeiten bei REWE informiert. Das sagen uns auch viele der Abiturienten unter unseren Azubis: Wir waren vorher gfB in einem REWE-Markt und fanden das so gut, dass wir uns beworben haben. Und auch die Bewerbungsphase bewerteten sie positiv: Unser Einstellungsprozess geht mittlerweile sehr schnell. Und die Vorstellungsgespräche wurden als „warmherzig“ und „menschlich“ beschrieben.  Wer uns kennt, findet uns auch klasse.

„Der Marktverantwortliche sollte dem Azubi von Anfang an zeigen: Ich fördere Dich, ich gebe dir Verantwortung, ich traue Dir etwas zu.“
Corinna Trier

one: Wie unterstützen Sie vom HR-Kompetenzcenter aus den einzelnen Kaufmann oder die Marktmanagerin dabei?
Corinna Trier: Wir in der Zentrale tragen ohne Zweifel zur Imagebildung bei. Durch Plakate, Messeauftritte oder Social Media-Kanäle können wir Interesse wecken. Aber die Entscheidung für den REWE-Markt als Ausbildungsplatz fällt vor Ort.

Über den jeweiligen Ausbildungsplatz hinaus bietet REWE jedoch für alle Mitarbeiter eine Reihe von interessanten HR-Angeboten, wie die Zertifizierung berufundfamilie, unsere Gesundheitsleistungen: Wir bei REWE haben so viele HR-Instrumente zur Mitarbeiterbindung. Und hier kommen wir von der Zentrale ins Spiel: Wir stellen den Marktverantwortlichen die entsprechenden Infos zur Verfügung. Der Markt ist ganz klar der größte Magnet, aber unsere Angebote sind gute Instrumente, um aus Azubis langfristige Mitarbeiter zu machen.

one: Von der Azubirekrutierung zur Mitarbeiterbindung: Wo liegt hier die Rolle des Marktchefs?
Corinna Trier: Der Marktverantwortliche sollte dem Azubi von Anfang an zeigen: Ich fördere Dich, ich gebe dir Verantwortung, vielleicht für die Obst- und Gemüseabteilung, vielleicht als Azubibeauftragter, ich traue Dir etwas zu. Und ich lasse dich ziehen, wenn Du als ehrgeizige Nachwuchskraft in der REWE-Welt Karriere machen willst.

Corinna Trier leitet das HR-Kompetenzcenter der REWE-Region Süd

Was muss ein Unternehmen bieten, um als Ausbilder für Schüler interessant zu sein?

„Teamfähigkeit ist wichtig“
Markus Haferl, Adeg-Kaufmann in Atzenbrugg
„Es ist auch in Österreich sehr schwierig, Lehrlinge zu bekommen. Bisher war es durch Mundpropaganda oder dank der berufspraktischen Tage der Schulen so, dass wir immer wieder welche gefunden haben. Letzteres funktioniert so, dass die Kinder im 7. und 8. Schuljahr jeweils drei Tage in Betrieben mitarbeiten sollen. Durch diese Maßnahmen haben wir fast jedes Jahr Auszubildende gefunden. Doch seit zwei bis Jahren ist die Lehre ins Hintertreffen geraten, weil alle Kinder weiterführende Schulen besuchen und anschließend studieren wollen. Diesen Jugendlichen bieten wir die Möglichkeit der Lehre mit Matura. Hier kann ein Azubi seine Ausbildung im Betrieb machen und im Abend- oder, wenn es der Betrieb zulässt, Tageskurs die mit dem deutschen Abitur vergleichbare Matura machen. Mit dieser Maßnahme und der Erhöhung der Lehrlingsentschädigung, eine Art Gehalt, wollen wir wieder mehr junge Menschen in die Betriebe bringen.

Bei der Auswahl ist mir ist der persönliche Eindruck das Wichtigste. Ich habe da einen kleinen Fragebogen mit Hausverstandsfragen* entwickelt, den lasse ich ausfüllen. Das Zeugnis ist für mich nicht so wichtig. Ich lasse die Mädels und Burschen dann auch ein bis zwei Tage in den Abteilungen probearbeiten und hole mir Feedback von den Mitarbeitern. Dabei kommt es vor allem auf die Teamfähigkeit an, denn nur gemeinsam können wir dem Kunden gegenüber eine Topleistung bringen.

Außerdem wichtig sind:

  • Freundlichkeit: Man muss den Umgang mit und vor allem die Kunden mögen, sonst ist man falsch in einem „dienenden“ Beruf.
  • Ordnung und Sauberkeit, vor im Umgang mit der Ware sind unerlässlich. So wie man es für sich schön haben will, soll es auch der Kunde erleben.
  • Hilfsbereitschaft und Einsatzbereitschaft für den Kunden und für den eigenen Erfolg sind die Voraussetzung, um einen guten Job zu behalten.

Super ist es, wenn ein Azubi auch in andere Abteilungen will und nicht nur das macht, was ihm aufgetragen wird. Selbstständig arbeiten, vorausschauend mitdenken und sich Gedanken über saisonale Bestellungen machen, sind ebenso wünschenswert.“

*(Hausverstand = gesunder Menschenverstand)

„Die größte Herausforderung sehe ich darin, dass Image zu verbessern“
Eva Rippers, REWE-Kauffrau in Grevenbroich
„Aktuell bilden wir neun junge Menschen zu Verkäufern und Einzelhandelskaufleuten aus. Wichtiger als Top-Schulnoten sind Zuverlässigkeit, Spaß an der Arbeit und am Umgang mit Menschen.

Wie wir an Nachwuchskräfte kommen? Wir nehmen an Veranstaltungen des Jobcenters des Rhein-Kreises Neuss teil und schalten Anzeigen. Das Wichtigste ist aber die Mundpropaganda. Von sechs Auszubildenden konnten wir drei aus den eigenen Reihen rekrutieren, das heißt durch die Werbung unserer jungen Mitarbeiter in deren Bekannten- und Freundeskreis. Die größte Herausforderung sehe ich darin, dass Image zu verbessern, denn für viele ist eine Ausbildung im Handel nur eine Notlösung, insbesondere die Arbeit hinter der Fleischtheke schreckt viele Jugendliche ab. Das ändert sich aber meist, wenn man erst einmal dort gearbeitet hat. Bei uns muss jeder Azubi für vier Monate hinter die Theke, und dann wendet sich das Blatt. Manche wollen schon nach einem Monat nicht mehr weg, weil sie den persönlichen Kundenkontakt und die Arbeit in einer eingeschworenen Gemeinschaft zu schätzen gelernt haben. 

Meine Tipps für ausbildende REWE-Kaufleute: Besuchen Sie die Berufsbörsen der Schulen und machen Sie Schülern, die als geringfügig Beschäftigte in Ihrem Markt jobben und die gut mit Menschen umgehen können, die Ausbildung im Handel schmackhaft.“

„Auch mal machen lassen“
Max Stenten, REWE-Kaufmann in Aachen
„Bei der Azubigewinnung sind wir sehr engagiert. Wir haben immer viele Praktikanten, und potenzielle Auszubildende spreche ich dann an. Die Praktikanten kommen zum Beispiel aus unseren drei Kooperationsschulen, das sind zwei Hauptschulen und eine Förderschule aus der Umgebung. Wir machen „speeddating“, Betriebsführungen, stellen die möglichen Ausbildungsberufe vor. Unsere Azubis kommen aber auch über andere Wege zu uns: Wir konnten viele Jugendliche aus EQJ-Maßnahmen*) in einen regulären Arbeitsvertrag übernehmen. Das ist nicht selbstverständlich. Aktuell haben wir einen Azubi mit Trisomie 21, mit dem wir sehr zufrieden sind. Und nach unserer ersten Ausbildungserfahrung mit einem Flüchtling aus Nigeria, bereiten wir gerade einen zweiten aus Eritrea auf eine Ausbildung bei uns vor.
 
Für all diese Azubis muss man ein Umfeld schaffen und alle Mitarbeiter mit ins Boot holen. Wichtig ist, Verständnis bei den Mitarbeitern dafür zu schaffen, dass sie manches öfter erklären müssen, dass sie manchmal mehr Geduld haben müssen aufgrund der Sprachbarrieren oder der Behinderung . Aber auch, dass sie sie nicht zu sehr „bemuttern“.  Denn auch der Azubi mit Trisomie 21 soll lernen, zum Beispiel den Backshop zu verantworten. Meine Devise ist: Auch mal machen lassen.
 
Denn ich möchte unsere Azubis fördern. Wenn ich den Eindruck habe, das Interesse ist da, möchte ich ihnen so früh wie möglich Verantwortung übertragen. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht: Viele unserer Abteilungsleiter haben als Azubis bei uns angefangen.“

*) EQJ- Einstiegsqualifizierungsjahr: vergütete berufliche Vorbereitungsmaßnahme

Dos/Don'ts

Worauf legen Bewerber den größten Wert – und welche Don'ts lauern in Stellenanzeigen oder beim Bewerbungsgespräch? Im Azubi-Report 2019 geben junge Menschen Antworten. one hat die zentralen Aussagen auf den Punkt gebracht. Hätten Sie gewusst, welche Bedeutung die richtige Gesprächsatmosphäre hat und dass eine Absage nicht automatisch demotiviert?

„Persönliche Empfehlungen sind unverzichtbar“
Danijela Veljkovic, Adeg-Kauffrau in Laxenburg
„Wir nutzen Schnuppertage an Schulen, um für die Lehre bei Adeg zu werben. Auch arbeiten wir im Rahmen von Praxisstunden mit Fachschulen wie der Handelsakademie oder der Hotelfachschule zusammen. Im Rahmen ihres Unterrichts laden wir Schüler zu Betriebsbesichtigungen ein. Auf freie Lehrstellen machen wir in den sozialen Medien und mit Aushang im Laden aufmerksam. Unverzichtbar sind persönliche Empfehlungen, die klassische Mundpropaganda.
 
Entscheidend für die Wahl eines Auszubildenden ist der Verlauf des persönlichen Gesprächs. In dem sollte ein sichtliches Interesse an Lebensmitteln und am Kundenkontakt erkennbar sein. Ordentliche Umgangsformen, Pünktlichkeit, Freundlichkeit, Verlässlichkeit sind ebenso elementare Voraussetzungen wie eine hohe Lernbereitschaft
 
Worauf es noch ankommt? Auf praktischen Verstand und Kommunikationsstärke. Und dass Dinge nicht einfach nur hingenommen, sondern vom Lehrling auch hinterfragt werden. Technisches Interesse ist ebenso von Vorteil, denn Warenwirtschaftssystem, Waage, Kasse und Bestellgerät wollen bedient werden. Der Bewerber sollte nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sein und mobil genug sein, um verlässlich seine Arbeitsstätte zu erreichen. 
 
Ein guter Lehrling zeichnet sich durch gutes Benehmen und gute Leistungen in der Berufsschule aus. Er möchte Verantwortung übernehmen und widersetzt sich den Anordnungen des Ausbilders nicht. Er bringt eigene Vorschläge in den Arbeitstag ein, zum Beispiel zu Platzierungen, und erkennt selbstständig, wo es etwas zu tun gibt, wenn Ware nachgelegt werden muss oder eine zweite Kasse zu öffnen ist. Ein guter Lehrling akzeptiert die betriebsinternen Abläufe und hält die gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel zur Hygiene, ein. Außerdem lässt er Bereitschaft zur Weiterentwicklung wie dem Besuch angebotener REWE-Seminare erkennen.“

„Nicht der Traumberuf? Nicht schlimm!“
Marco Johnston, Marktleiter vom REWE in Hamburg-Alsterdorf
Marco Johnston (re.) bei der Verleihung zum Supermarkt des Jahres 2018
„Eins sollte man nie tun als Chef gegenüber Azubis: Etwas versprechen, was man nicht halten kann. Ich versuche immer, zu meinem Wort zu stehen, mit den Azubis (und natürlich den Mitarbeitern) anständig und fair umzugehen. Klarheit ist wichtig. Vielleicht auch, weil Azubis häufig mit falschen Vorstellungen zu uns kommen. Aber viele Dinge gehören einfach dazu. An der Kasse zu sitzen, das ist nicht die 100prozentige Erfüllung, aber einfach Teil des Jobs. Viele sind dann enttäuscht, dass sie Kasse machen oder Ware verräumen sollen. Die meisten Azubis würden gerne schnell aufsteigen.

Wenn ich beim Bewerbungsgespräch nach der Motivation frage, sind es zu 50 Prozent die Eltern oder Freunde, die zu diesem Beruf geraten haben. Für den allerkleinsten Teil ist der Lebensmitteleinzelhandel der Kindheitstraum. Viele, die bei uns ihre Ausbildung machen, haben ganz einfach nichts anderes gefunden. Aber - das ist nicht per se schlimm.

Mir ging es damals ja genauso. Mein Traum war Radio-/Fernsehtechniker. Allerdings reichten meine Physiknoten nicht aus. Durch Schülerjobs als „Facharbeiter für Warenbewegung“, also als Packer, hatte ich in den LEH hineingeschnuppert und dann eben dort meine Lehre absolviert. Heute bin immer noch dabei und seit über 30 Jahren in Hamburg-Alsterdorf glücklich. Bei uns passt alles. Der Standort, die Kunden… Ich kann mich wirklich ausleben.

Wichtig ist nur, und das sage ich den Azubis immer: „Im besten Fall habt Ihr 45 Jahre Supermarkt vor Euch mit allen Facetten zwischen Kasse und Karrieremöglichkeiten. Macht Euch Gedanken, ob es das ist, was Ihr wollt.“

Marco Johnston, seit 31 Jahren Marktleiter vom REWE in Hamburg-Alsterdorf hat derzeit 5 Azubis – und 2 leere Lehrstellen.

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