Für sein Auslandssemester wollte Marian Fey, Dualer Student bei der REWE Group, sechs Monate lang in Moskau lernen und leben. Wegen der Corona-Pandemie verließ er Russland nach nur sieben Wochen. Wenige Wochen, die ihn dennoch nachhaltig prägten.
Das Studium: Innovativ und hierarchisch zugleich
„Von meinem internationalen Studiengang Marketing an der Plekhanov-Universität für Wirtschaft, die einen sehr guten Ruf genießt, war ich positiv überrascht. Ich hatte mir die Vorlesungen frontaler vorgestellt. Zum Beispiel enthält der Kurs Brand Management viele innovative und agile Elemente. Vor allem ist er sehr praxisnah aufgebaut, die ausländischen Studierenden sollen so für eine spätere Tätigkeit auf oder mit dem russischen Markt interessiert werden. Für ein Projekt beispielsweise sollten wir einen Business Plan für ein deutsches Unternehmen entwerfen, das in den russischen Markt eintritt.
Marian Fey in Moskau Auf der Verwaltungsebene ist die Uni bürokratischer als bei uns. Die Hierarchie ist starrer, das Vorgehen kleinteiliger. Sich in dieses ausgeprägte Regelwerk einzufinden, ist erst einmal anstrengend. Aber wenn man in einem anderen Land studieren oder arbeiten möchte, muss man sich auf Ort und Begebenheiten einstellen.“
Die Menschen: Persönliche Kontakte sind wichtig
„In Russland ticken die Menschen sehr auf der Beziehungsebene. Persönliche Kontakte und gegenseitiges Vertrauen sind wichtig, für das private Leben wie im Job. Als Kölner kam mir das nicht befremdlich vor. Ich vermute, dass die Menschen vor dem Hintergrund der politischen Systeme der vergangenen Jahrzehnte gelernt haben, dass Vertrauen die wichtigste Währung ist – auch und insbesondere auf geschäftlicher Ebene.
Marian Fey schloss im Herbst 2019 seine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel, die er bei der REWE Group in Köln im Rahmen des Dualen Studiums absolvierte, mit IHK-Auszeichnung ab. Das Auslandssemester in Moskau war Teil seines Dualen Studiums, das er im September 2020 beenden wird.
In deutsche Produkte und Arbeitsweisen zum Beispiel hat man hier großes Vertrauen. Ansonsten ist die Haltung gegenüber unbekannten Menschen oder Dingen, die von „außen“ kommen, oft eher von Skepsis geprägt. Ich selber habe in den knapp zwei Monaten in Moskau aber vor allem gute Erfahrungen gemacht. Die Menschen sind sehr hilfsbereit und höflich, es herrscht Ordnung und Sauberkeit. Angesichts der vielen Kameras fühlt man zwar beobachtet, aber sehr sicher. Es hat alles sein ‚Für und Wider`.“
Interkulturalität: Eisbrecher „Bitte, Danke“
„Gute Erfahrungen habe ich auch mit dem Zusammenleben im internationalen Studentenwohnheim gemacht. Auf engstem Raum mit wenig klarkommen, zehn Studierende aus verschiedenen Ländern im gemeinsamen Aufenthaltsraum: Dieses interkulturelle Miteinander war ein weiterer Grund, warum ich ins Ausland gegangen bin.
Erstaunlicherweise sprechen im Moskauer Alltag nur wenige Leute englisch. Die Russischkurse für uns ausländische Studierende waren zwar intensiv, aber natürlich konnten wir nach den wenigen Wochen nicht sehr viel. Es reichte aber für die kyrillischen Schriftzeichen und für „Eisbrecher“, also wichtige Wörter wie Bitte, Danke, Auf Wiedersehen.“
Store Visits: Technik recht weit, Produkte recht teuer
„Natürlich haben mich die Supermärkte in Moskau und Umgebung sehr interessiert. Ganz allgemein lässt sich feststellen: In Moskau sind sie technisch sehr weit. Self-Checkout-Systeme oder Mobile Payment gibt es überall. Das ist super. Auchan ist sehr stark vertreten und sehr modern, Eurospar hat ein gutes Konzept. In Kreml-Nähe, also im Herzen Moskaus, haben sie eine in jeglicher Hinsicht beeindruckende Filiale eröffnet.
In den Vororten hingegen sind die Märkte wesentlich spärlicher ausgestattet und enger, die Ware ist einfach aufgereiht. Was mir noch auffiel: Gute Produkte sind im Verhältnis um einiges teurer als bei uns.
AUSGEZEICHNETER NACHWUCHS, TEIL 2
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Nicht abgehakt: Was ich gern noch gesehen hätte
„Einen Billa-Markt hatte ich auf der Agenda, aber wegen der Corona bedingten Abreise leider nicht mehr geschafft. Auch für Ausflüge reichte die Zeit kaum. Zum Baikalsee bin ich gereist, er ist großartig. Ich habe ihn zugefroren bei Sonnenschein erlebt. Dieses Erlebnis waren die 4000 Kilometer, sechs Flugstunden und zwei Zeitzonen absolut wert. Überhaupt ist die Größe Russlands schwer vorstellbar. Es gibt noch so vieles, was ich gerne sehen gesehen und gemacht hätte. Darunter unbedingt die Mongolei und eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn…
Ich wäre gerne geblieben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Und jetzt? Studieren und bewerben – von zu Hause aus
„Nun beende ich erst mal mein Studium. Derzeit studiere ich von zu Hause aus parallel an der russischen Uni und an der EUFH, das ist möglich gemacht worden. Gleichzeitig versuche ich, das Beste dahingehend aus der Situation zu machen, dass ich mich neben dem Studium schon einmal innerhalb der REWE Group bewerbe. Das geht natürlich besser und intensiver als von Moskau aus. Ich hoffe, ab dem 1. Oktober fest bei der REWE Group einzusteigen.“
Zweimal zogen Marian Feys berufliche Auslandspläne angesichts äußerer Gegebenheiten den Kürzeren: Ursprünglich wollte er im Rahmen seines dualen Studiums ein Auslandssemester in Hong Kong – verbunden mit einem Praktikum bei REWE Far East – verbringen. Die politischen Unruhen und Proteste zwangen ihn zum Umdenken. Seine Wahl fiel dann auf Moskau. Seine Faszination für die russische Hauptstadt speiste sich aus seiner Vorliebe für „Agentenfilme, für die dortige Kultur und wegen der beiden so gewichtigen Pole Religion und Politik“.
Viele Gründe, um sein Interesse zu vertiefen – aber nur wenig Zeit: Corona verkürzte seinen Aufenthalt von ursprünglich sechs Monate auf sieben Wochen. Diese wenigen Wochen nutzte Fey intensiv für Studium, Sprache, Land und Leute.
Anfang Februar kam Fey in Moskau an, am 21. März verließ er es auf Anraten der REWE Group hin. Kurz darauf wurden die Grenzen geschlossen.