one: Herr Weiß, was waren die Gründe für die Reform?
Stefan Weiß: Der Außendienst in seiner klassischen Struktur war lange die richtige strukturelle Ausrichtung im Zusammenspiel mit den Märkten. Jetzt ist es an der Zeit, uns zu verändern. Sie kennen alle den steigenden Wettbewerbsdruck durch den Discount, und auch der Onlinehandel spielt eine zunehmende Rolle. Wir haben eine Antwort darauf, eine klare Strategie: noch mehr Unternehmertum und Individualität in den Märkten mit dem Ziel, jedem Kunden an jedem Standort das anzubieten, was er sich dort wünscht.
Stefan Weiß
Das ist unsere Differenzierungsmöglichkeit. Durch unsere Erfolge der letzten Jahre war jetzt der Zeitpunkt da, an dem wir aus einer Position der Stärke heraus agieren können und nicht auf etwas reagieren müssen.
one: Was sind die Vorteile, wo liegen die Herausforderungen?
Stefan Weiß: Was die Herausforderung betrifft, sprechen wir von einem großen Change, von einem Veränderungsprozess innerhalb der Organisation mit komplett neuen Strukturen und inhaltlich neuen Rollen und Aufgaben. Ziel ist es, den Nutzen und den Mehrwert des Außendienstes für die Kaufleute und Marktmanager zu erhöhen. Wir streben die Akzeptanz des Außendienstes und des Vertriebs insgesamt durch Kompetenz und nicht durch Hierarchie an.
„Wir haben mit dem Projekt ‚K2020‘ einige Meilensteine gesetzt.“Stefan Weiß
one: Mit welcher Zielsetzung möchten Sie diesen Mehrwert erreichen?
Stefan Weiß: Diese Frage haben wir uns in einer sehr breit angelegten Transparenzphase in über 200 Interviews mit Kaufleuten, Marktmanagern, Außen- und Innendienstmitarbeitern beantworten lassen. Ganz wichtig war uns, dass wir den Außendienst so bauen, wie REWE ihn benötigt, und dass der Außendienst der DNA der REWE entsprechend entwickelt wird. Im Ergebnis kam ganz klar heraus: Ja, wir brauchen einen Außendienst, aber der muss kompetenter Ansprechpartner und Sparringspartner auf Augenhöhe sein.
Jürgen Rölle Jürgen Rölle: Der Außendienst setzt nun genau da an, wo der tatsächliche Bedarf ist. Marktmanager und Kaufleute, die zum Beispiel neu in ihrer Position sind, benötigen mehr operative Unterstützung. Hier gilt es die Marktchefs zu befähigen und zu trainieren, durch vor-, nachmachen und beibehalten. Bei starken und sehr starken Marktmanagern und Kaufleuten hingegen geht es nicht um die operative Unterstützung: Gefragt ist hier ein Challenger, jemand, der den Kaufmann herausfordert und die letzten fünf Prozent rausholt.
Stefan Weiß: Der starke Kaufmann oder auch Marktmanager braucht jemanden, mit dem er gemeinsam die Strategie entwickelt, die das Geschäft voranbringt.
Jürgen Rölle: ... und der auch entscheiden und umsetzen darf!
Stefan Weiß: Stimmt, das ist ein ganz wichtiger Punkt! Der neue Vertriebsleiter hat alle Informationen und kann die auch 1:1 an den Kaufmann weitergeben. Der Stille-Post-Effekt wird zukünftig vermieden. Durch die Hierarchiestufen ging in der Vergangenheit viel an Überzeugungskraft verloren.
Die Bezeichnungen im Vertrieb
neu | alt |
Vorsitzender der Geschäftsleitung Region | Regionsleiter |
Geschäftsleiter Vertrieb Region | Vertriebsleiter |
Geschäftsleiter Kaufleute Region | MaRK |
one: Wie sind die ersten Erfahrungen?
Jürgen Rölle: Zu den Vertriebsleitern und Gebietsmanagern, die durch den eigenen Change-Prozess gegangen sind und ihre neue Rolle gefunden haben, haben wir schon eine gute Resonanz der Kaufleute und Marktmanager, die uns bestätigt. Wenn wir es insgesamt betrachten, sind wir sehr gut unterwegs. Die Kolleginnen und Kollegen fragen sich nicht, ob sie das neue Außendienstkonzept umsetzen können.
one: Demnach lautet die Frage vielmehr, wie setze ich das neue Konzept optimal um?
Stefan Weiß: Wir reden von einem riesigen Veränderungsprozess, von über Jahre gewachsenen Strukturen, die neu ausgerichtet werden. Das Entscheidende ist: Alle verstehen die Sinnhaftigkeit der neuen Struktur und ihre Ausrichtung. Das ist die Basis für den Veränderungsprozess. Als Außendienstmitarbeiter Mädchen für alles zu sein, ist heute nicht mehr zeitgemäß. Der zweite wichtige Punkt ist die bedarfsgerechte Betreuung: Ein starker, gestandener Kaufmann braucht einen anderen Rat als ein junger Marktmanager, der gerade gestartet ist. Entscheidend ist, dass der Markt einen kompetenten Ansprechpartner hat und sich nicht mehr mit mehreren Meinungen auseinandersetzen muss, wie es in der Vergangenheit manchmal der Fall war.
Jürgen Rölle: In der alten Struktur ist eine saubere Abstimmung fast nicht möglich gewesen. Wir haben nun kleine, schlagkräftige Teams gebildet. Der Vertriebsleiter ist jetzt der Ansprechpartner. Er ist der direkte Vorgesetzte für alle Marktmanager und der entscheidungsfähige Ansprechpartner für die Kaufleute in seinem Gebiet. Er betreut direkt die Märkte mit Potenzial und die starken und sehr starken Märkte. Er steuert die Gebietsmanager Ware und die rückwärtigen Bereiche abgestimmt und zielorientiert in die Märkte. Der Vertriebsleiter setzt zum Trainieren, Befähigen und Absichern seinen Gebietsmanager Vertrieb in die entwicklungsfähigen Märkte seines Gebietes ein.
„Die Sinnhaftigkeit ist komplett verstanden worden.“Stefan Weiß
Stefan Weiß: Der Außendienstmitarbeiter muss sich zielorientiert, bedarfsgerecht und effizient auf den jeweiligen Standort, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kaufmanns oder Marktmanagers vorbereiten. Das ist genau das, was die Märkte von uns gefordert haben.
one: Was ändert sich im Innendienst und in den zentralen Diensten?
Jürgen Rölle: Im Grunde ist es ganz einfach: Wenn ich was vom oder über den Markt wissen will, frage ich den Marktmanager oder Kaufmann. Wenn ich was vom Außendienst wissen will, frage ich den Außendienst. Ich frage nicht mehr wie früher den Außendienst, wenn ich etwas über die Märkte wissen will. Neu ist die ganzheitliche Betrachtung der Kommunikation. Diese Aufgaben werden in der neuen Funktion des Teamleiters Clearing-Stelle im Innendienst gebündelt. Dieser ist die Schnittstelle zwischen einerseits Märkten und Außendienst und andererseits den Fachabteilungen in den Regionszentralen und der Zentrale.
Stefan Weiß: Wir haben traditionell eine hohe Schlagzahl an Umbauten, um die sich in der Vergangenheit die Bezirksmanager gekümmert haben. Um den Außendienst an dieser Stelle zu entlasten, haben wir eine weitere neue Stelle geschaffen, den Teamleiter Umbau und Neueröffnung. Dieser ist in den Regionen verankert und plant und koordiniert mit der Bauabteilung die Um- und Neubauten. Die Ladenlayouter setzen diese dann gemeinsam mit der Bauabteilung und dem Marktchef vor Ort um. Zusätzliche Unterstützung holen wir uns durch externe Dienstleister.
one: Ihre Zwischenbilanz zu „Kompetenz 2020“, kurz gesagt?
Stefan Weiß: Die Vorteile dieses seit Jahrzehnten größten Veränderungsprozesses liegen auf der Hand: Der Außendienst kommuniziert auf Augenhöhe mit den REWE-Kaufleuten; der Bezirksmanager kann und muss nicht mehr Mädchen für alles sein. Schlussendlich führt dies alles zu mehr Individualität und damit Wettbewerbsfähigkeit an jedem Standort – das ist eine große Chance.
Die Fragen stellte Achim Bachhausen.
- Vertriebsleiter (neu) Region X, Gebiet Y
- Gebietsmanager Vertrieb
- Gebietsmanager Ware Obst + Gemüse
- Gebietsmanager Ware Kolo + Frische
- Gebietsmanager Ware Service + Gastro
- Gebietsmanager Ware Non-Food
- Gebietsmanager Ware
- Teamleiter Clearing-Stelle
- Teamleiter Umbau & Neueröffnung
- Vertriebskoordinator CM
Service + Gastro