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Peter Maly, Bereichsvorstand REWE Group, zum Ausstieg aus dem Handzettel
„Ein Gewinn für die Umwelt“

REWE will im Sommer 2023 den Print-Handzettel einstellen. one sprach mit Bereichsvorstand Peter Maly über den Effekt für Umwelt, Klima und Ressourcen, moderne Möglichkeiten der Kundenkommunikation und das Feedback der Kaufleute. 

one: Als erster Lebensmittelhändler in Deutschland wagt REWE den Ausstieg aus der Prospektwerbung. Und das, obwohl eine Vielzahl deutscher Konsumenten den Handzettel immer noch zur Kaufvorbereitung nutzt. Warum macht REWE das?

Peter Maly: Die REWE Group verschreibt sich seit Jahren in ihrer Unternehmensstrategie konsequent der Nachhaltigkeit und transformiert in diesem Sinn sukzessive und erfolgreich ihre Prozesse und Angebote. Vor allem auch mittels Digitalisierung – dort wo sich für Kunden Mehrwert ergibt. Im Rahmen von Tests in verschiedenen REWE-Regionen haben wir in den letzten Monaten erfolgreich den Einsatz von verstärkter Preiskommunikation über digitale Kanäle anstatt des gedruckten Handzettels im Markt erprobt. Insofern sind wir bereit, den gedruckten Handzettel im Sommer 2023 für alle REWE-Märkte einzustellen und damit auch einen signifikanten Beitrag für Umwelt, Klima und Energieeinsparung zum Klimaschutz durch Ressourcenreduktion zu leisten.

one: Was bringt der Verzicht auf den Handzettel für die Umwelt?

Peter Maly: Der Effekt zum Wohl für Umwelt, Klima und Ressourcenschonung ist immens: REWE lässt aktuell wöchentlich rund 25 Millionen Handzettel verteilen. Dafür wurden 2021 mehr als 73.000 Tonnen Papier produziert und bedruckt. Papierproduktion und Druck sind besonders energieintensiv und sind für 90 % des CO2-Fußabdrucks von Handzetteln verantwortlich. Insofern ist die beste Werbung für die Akzeptanz der Entscheidung der Gewinn für die Umwelt.

Die Einsparpotenziale infolge der Umstellung auf die digitale Handzettelkommunikation werden an folgenden Vergleichen pro Jahr anschaulich: Wir belassen mit der Einstellung des Handzettels rund 390.000 m³ Holz in der Umwelt, das entspricht der verbauten Holzmenge von 356 REWE Green Farming-Märkten. Die Umstellung spart außerdem 1,1 Millionen m³ Wasser und gut 70.000 t CO2, das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von mehr als 60.000 Pkw´s mit Verbrennungsmotor. Bei Energie sparen wir pro Jahr rund 380 Millionen kWh, das entspricht dem Jahresstromverbrauch von 100.000 Vier-Personen-Haushalten. 

one: Was passiert bis zu der Umstellung im Sommer 2023?

Peter Maly: Bis zur Umstellung im Sommer 2023 werden wir den Handzettel in gewohnter Form für Kund:innen und Marktauslage weiterhin produzieren und verteilen. Aufgrund der angespannten Papiersituation und um heute bereits nachhaltiger zu werden, wird der gedruckte Handzettel noch in diesem Jahr in Auflage und Seitenanzahl reduziert und in ein schmaleres Format überführt. In einem ersten Schritt wird REWE bereits ab Anfang August 2022 die Auflage der Papier-Handzettel um rund vier Millionen Stück reduzieren. 
 
one: Der Entscheidung ging eine einjährige, regionale Testphase voraus. Was hat der Test gezeigt?

Peter Maly: Der gedruckte Papier-Handzettel hat im Mix des Handelsmarketings eine lange Handelstradition. Trotzdem wollen wir neben den nachhaltigen Aspekten in Zukunft auch sicherstellen, dass wir Kunden aller Altersklassen erreichen. Insofern waren Tests in unseren Märkten unausweichlich. Denn nur so konnten wir unmittelbar die Reaktion unserer Kunden messen und auswerten. Wir haben während der Testphasen verschiedene Kanäle der Angebotskommunikation angeboten. Hierbei erhöhten und reduzierten wir die Nutzung einiger Kanäle – sowohl klassisch als auch digital - vorübergehend. Natürlich gab es in den Märkten Rückfragen von Kund:innen, die den Handzettel vermissten. In Summe war das überschaubar und Anfragen wurden in den Testmärkten konsequent beantwortet und erklärt. Selbstverständlich wird es auch in Zukunft wöchentlich die über 200 REWE-Sonderangebote geben, nur nicht mehr gedruckt, sondern umweltfreundlich auf digitalen Kanälen wie beispielsweise in der REWE-App sowie zahlreiche Coupons und Vorteile. Das hat dann auch die kritische Kundschaft überzeugt. 

one: Nach Schätzungen des Kölner Marktforschungsinstitutes IFH beträgt der Anteil der wöchentlichen Prospektleser im LEH rund 50 Prozent. Wie wird REWE die Kund:innen künftig mit Angeboten erreichen?

Peter Maly: Wir gehen mit der Zeit und werden in Zukunft auch ohne den gedruckten Handzettel die gesamte Kundschaft vollumfänglich erreichen. Mit der zunehmenden Digitalisierung haben sich die Medienkanäle und damit die Möglichkeiten, Werbung effizient und ressourcensparsamer zu platzieren, erhöht. Gleichzeitig haben sich der Medienkonsum und mit ihm die Wege, wie Kaufentscheidungen getroffen werden, gewandelt.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich für REWE auch in der Kundenkommunikation Möglichkeiten im Sinne der eigenen Nachhaltigkeits- und Klimaziele, den Ressourcenverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu senken und dabei sogar die Sichtbarkeit der Angebote durch eine häufigere und umfassendere Kommunikation zu erhöhen. Im Kern werden die Handzettel-Inhalte digitalisiert. Unverändert bleiben das Prinzip, der Umfang, die Artikelauswahl und die Preisattraktivität der Wochenangebote. Ebenso wird die digitale Version des Handzettels – unter rewe.de/angebote und in der REWE-App – bestehen bleiben. Ergänzend wird REWE die wöchentlich über 200 Aktionsartikel verstärkt in klassischen Medien bewerben sowie die Umstellung durch eine intensive und längerfristig angelegte Marketing- und Nachhaltigkeits-Kampagne unter dem Motto #umdenkbar unterstützen. Auch werden weiterhin in den REWE-Supermärkten Aktionspreis-Etiketten an den Regalen gut sichtbar darüber informieren, welche Artikel in der jeweiligen Woche preisreduziert sind.

one: Wie war das Feedback der Kaufmannschaft?

Peter Maly: Natürlich haben wir unsere Kaufleute von Anfang an kommunikativ mitgenommen. Die Kaufleute und unsere Marktmanager sind für uns der Gradmesser, ob wir derartige tiefgreifende Entscheidungen in die Praxis umsetzen oder nicht. Das Feedback war überaus positiv. Viele Kaufleute, die beispielsweise während der Testphase schon dabei waren, halten den Ausstieg aus dem Handzettel für den richtigen Schritt zur richtigen Zeit und sehen darin eine Neuausrichtung des Aktionsgeschäfts und einen großen Schritt, unseren CO2 Fußabdruck massiv zu reduzieren. 

Für Umwelt, Klima und Energieeinsparung

REWE entscheidet sich als erster Lebensmittelhändler in Deutschland für den Ausstieg vom gedruckten Handzettel.
Darum verzichtet REWE auf den Print-Handzettel.

In einigen Testgebieten wurde der Handzettel vor einigen Monaten probeweise abgeschafft. Das sagen die Kaufleute:
„Wer liest denn heute noch den Handzettel?“

Stefan Lamke: „Als klar war, dass meine Märkte zum Testgebiet gehören würden, war ich sofort Feuer und Flamme. Denn den Handzettel habe ich schon immer kritisch gesehen, und zwar aus zwei Gründen: Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Ich habe mir immer die Fragen gestellt: Wer liest denn heute noch den Handzettel? Ist der Umfang zeitgemäß? Brauchen wir überhaupt so viele Aktionsartikel?
Natürlich sind die Reichweite und die Streuverluste der Handzettelwerbung nicht wirklich messbar. Aber: Nachdem die Verteilung im Spätsommer letzten Jahres in Dresden eingestellt wurde, haben sich nur wenige, meist ältere Kund:innen beschwert. Wichtig ist, diese Menschen mitzunehmen und ihnen die Alternativen aufzuzeigen. Den Smartphone-Nutzer:innen haben wir die REWE-App erklärt und eingerichtet. Die anderen haben wir möglichst charmant eingeladen, sich doch bei einem Besuch im Markt einen Überblick über die aktuellen, gut sichtbaren Aktionspreise zu verschaffen. Genau diese persönliche Ansprache ist es doch, die uns vom Discount abhebt.
Zusammenfassend kann ich sagen: Es ist genau der richtige Schritt zu genau der richtigen Zeit und für mich ein klarer Wettbewerbsvorteil. Wir haben damit den Grundstein gelegt für die Neuausrichtung unseres Aktionsgeschäftes.“

Zur Person
Stefan Lamke führt zwei 500 Meter voneinander entfernt liegende REWE-Märkte in der Dresdener Altstadt. Der 29-Jährige ist in der Region Ost Co-TEK Nachhaltigkeit.

„Ich dachte mir laufen die Kunden weg“

„Ich hatte wirklich Bedenken, als wir den Handzettel abgeschafft haben. Und auch meine Kundinnen und Kunden waren erstmal nicht begeistert. Einige sagten ganz direkt: Wenn wir nicht mehr wissen, was es bei Euch im Angebot gibt, dann kommen wir nicht mehr. Ich weiß von zu Hause wie wichtig der Handzettel ist. Meine Frau schaut sich die Angebote auch jede Woche an.
 
Deshalb habe ich auch gedacht mein Umsatz bricht völlig ein. Aber wir haben Überzeugungsarbeit geleistet. Unsere Kundschaft hier auf dem Land hat einen Altersdurchschnitt von 55 Jahren. Einige haben noch kein Smartphone. Die haben wir im Markt besonders unterstützt und auf die Anzeigen und Angebote vor Ort hingewiesen. Den Kundinnen und Kunden, die ein Smartphone haben, haben wir gezeigt, wie sie über die App den Handzettel digital aufrufen können. 
Es hat dann knapp drei Monate gedauert, bis sich alles beruhigt hat. Die Kunden sind geblieben und der Umsatz auch. Wegen der enormen Umsatzsteigerungen zur Corona-Zeit sind die Zahlen nicht ganz vergleichbar, aber unterm Strich sparen wir ein und der Umsatz ist fast gleichgeblieben. Im Nachhinein muss ich sagen: Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, auf den Handzettel zu verzichten. Und wenn die Kunden künftig zuverlässig per Whatsapp den Handzettel abonnieren können, dann sind wir auf dem richtigen Weg.“

Zur Person
Marco Martin ist seit drei Jahren REWE-Kaufmann mit einem Markt in Heusweiler im Saarland.

„Die Umstellung ist sehr geräuscharm verlaufen“

Güntner René: Dass wir in einem REWE City für den Test die Printausgabe des Handzettels weggelassen haben, hat keine Spuren hinterlassen. Im Gegenteil: Vorher gab es häufig Verwechslungen, weil es in meinem Gebiet neben dem klassischen REWE-Markt auch zwei REWE City und einen REWE Center gibt. Entsprechend gibt es auch unterschiedliche Print-Handzettel. Das hat bei den Kunden zum Teil eher zu Verwirrung geführt. 
Zudem haben wir in dem REWE City vorwiegend Laufkundschaft, die sich in der Regel erst im Markt nach Aktionsware umsieht und selten vorab in den Handzettel schaut. 
Für alle anderen haben wir mit Wobblern an den Stellen, wo früher die Print-Handzettel auslagen, auf die Alternativen aufmerksam gemacht. Die Kund:innen haben dann den QR-Code gescannt und sich die App heruntergeladen. Dass solche Informationen inzwischen meistens digital verbreitet werden, daran sind die meisten Kund:innen gewöhnt. Es gab aber sowieso nur sehr vereinzelt Nachfragen nach dem Print-Handzettel. Und auch an den Abverkäufen war nicht spürbar, dass wir ihn nicht mehr auslegen. Mein Fazit: In meinem Testmarkt ist die Umstellung weg vom Print-Handzettel sehr geräuscharm verlaufen und wir wollen ihn auch nicht mehr zurückhaben.

Zur Person
René Güntner ist Geschäftsleiter Kaufleute in der Region Südwest. Ein REWE City im Gebiet Leinfelden-Echterdingen gehörte zu den Testmärkten, die bereits im vergangenen Jahr auf den Handzettel verzichteten.

Mein Kommentar
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Kommentare
Ronny
vor 2 Jahren und 3 Monaten

eigentlich schade, alle diejenigen welche bei der Digitalisierung nicht so `up the Date´ sind, werden nicht gesehen.


- Ein Gewinn für die Umwelt -

JA, dies stimmt schon, nur leider werden all diese Menschen in unserer Gesellschaft vergessen, welche diese Möglichkeit nicht nutzen bzw. eher nicht nutzen können (egal, woran dies liegen könnte).

Genau dies solltet ihr bedenken, gerade bei derzeitigen Preissteigerungen sind die Handzettel wieder so was von `up the Date´ - das glaubt ihr nicht!


Spielt bitte nicht die UMWELT gegen die Diversität unserer Gesellschaft aus.

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Robert
vor 2 Jahren und 3 Monaten

Schade dass man nicht auch mal die REWE Kaufleute hier zu Wort kommen lässt, die sehr gehre im Sinne der Kunden die Prospekte beibehalten würden. Gut wenn man einseitige und Berichte zum Vorteil nutzen kann.

Dann gehen wir halt zum Edeka ;-)

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Markus
vor 2 Jahren und 3 Monaten

Unser REWE Markt in Erlensee wusste leider nichts von dem Test im letzten Jahr, sowohl REWE Reising wie auch der Filialmarkt in der Leipziger Straße. Vielmehr wurden Kärtchen ausgelegt, wo draufstand "Kein Handzettel - hier anrufen". In der Hotline der REWE war leider auch erst nach mehreren Nachfragen eine Info zu bekommen, dass man in einem Testgebiet wohnt. Per E-Mail hieß es nur, in unserer Straße wird nichts verteilt. 50m weiter wurden die Handzettel eingeworfen.


Der Verteildienst der Deutschen Post war auch nicht informiert. Hier hieß es, man habe von Rewe zu wenig Handzettel geliefert bekommen. Ein netter Postbote hat uns dann extra den Handzettel eingeworfen.


Wichtig ist, dass ihr über solche Dinge euer Personal und alle angeschlossenen Betriebe informiert.

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Angela Schwalb
vor 2 Jahren und 3 Monaten

Schade, leider werden Senioren immer mehr ausgeschlossen. Mein Vater (fast 81), meine Mutter (fast 78) freuen sich immer auf die Angebotsblätter. Damit stellen sie ihren Einkaufszettel zusammen. Sie haben kein Smartphone oder sonstiges. Welche jungen Leute schauen auf Angebote, weder digital noch auf Papier.

Senioren fallen hinten runter, gleiches Thema bei der Schließung von Bankfilialen. Meine Eltern haben kein Onlinebanking.

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Ronny
vor 2 Jahren und 3 Monaten

sorry, Penny ist teilweise nicht wirklich günstiger als Rewe

H.Vollbrecht
vor 2 Jahren und 3 Monaten

Hallo

Ganz einfach

ERSTMAL ZU PENNY

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