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Foto: vitavalka - Fotolia
Weingenuss
„Die Story dahinter macht
den Geschmack begreifbar“
von Sebastian Amaral Anders
Lesedauer: 3 Minuten
Jetzt mal ehrlich: Schmecken Sie den Unterschied zwischen einem 20-Euro- und einem 50-Euro-Wein? Andreas Brensing, Chef des zur REWE Group gehörenden Kölner Weinkellers, erzählt im one_Interview, wie wichtig die Geschichte eines Weines beim Genuss der edlen Tropfen ist - und was ein teurer Wein mit einem Porsche Turbo gemeinsam hat.
Andreas Brensing
Herr Brensing, Sie pflegen einen engen Kontakt zu den Winzern, deren Weine sie verkaufen. Steigert es den Weingenuss, wenn man die Story hinter dem Wein kennt?

Andreas Brensing:
Die Geschichte rund um den Wein ist für uns extrem wichtig. So wichtig, dass sie sogar mit in den Listungprozess einfließt. Sie macht den Geschmack begreifbar, indem sie erzählt warum der Wein so ist wie er ist. Wein ist da vielleicht noch eines der wenigen wirklich authentischen Lebensmittel, und mit der Bereitschaft der Kunden für mehr Authentizität auch mehr Geld auszugeben, wird sie natürlich immer wichtiger. Daher tun sich „Industrieweine“, selbst wenn sie gut gemacht sind, bei uns auch äußerst schwer. Werden die Geschmacksnuancen zwischen einzelnen Weinen – auf einem bestimmten Niveau – also überschätzt?

Andreas Brensing:
Nun ja, ein Wein der 1.000 Euro kostet schmeckt nicht unbedingt zehn mal so gut wie einer für 100 Euro, oder 100 mal besser als einer für 10 Euro. Geschmacklich lässt sich dass auch kaum bestimmen.
Sicherlich spielen da Seltenheit und Reputation eine große Rolle bei der Preisfindung, da verhält sich Wein ähnlich wie Kunst. Ist ein van Gogh wirklich zehn mal besser als ein Franz Marc? Da liegt vieles im Auge – oder besser – auf dem Gaumen des Betrachters. Und der kann sich natürlich nicht von der Geschichte rund um das Produkt freimachen. Die größten Qualitätsprünge spielen sich sicher im Bereich zwischen fünf und 50 Euro ab. Aber viel Geld auszugeben, ist keine Garantie dafür guten Wein zu bekommen. Mit einem Porsche Turbo steht man im Zweifelsfall auf der A4 auch nur im Stau, es fühlt sich nur besser an als im Fiat Panda.

Wenn Sie Geschichten erzählen wollen, müssen Sie die auch erstmal kennen – wie pflegen Sie den Kontakt zu „Ihren“ Winzern?

Andreas Brensing:
Es gibt Kollegen die sind drei bis vier Monate im Jahr unterwegs und versuchen, beim Winzer jeden neuen Jahrgang am Fass zu verkosten. Ein wahnsinniger Aufwand. Auch wir besuchen unsere Winzer ab und an – verkosten können wir hier vor Ort aber besser und objektiver. Und auch von Köln aus bekommen wir viele der Geschichten rund um den Winzer mit. Wir telefonieren häufig mit den Produzenten und Köln ist für die meisten natürlich eine Station, wenn sie mal in Deutschland sind. Spätestens auf unserer Hausmesse hier im Weinkeller trifft man sich. Die Geschichten drumherum, die Landschaft, die Historie ist dann ganz klassische Recherche und viel Allgemeinwissen. Daraus formt sich dann die spezifische Geschichte zu dem Wein.
Wie nutzen sie die Story als Argument beim Verkauf?

Andreas Brensing: Gerade bei unbekannten Weinen ist die Geschichte sehr wichtig. Wir versuchen da das gesamte Drumherum zu erzählen. Das kann Geschichte im eigentlichen Sinne sein, wie etwa jetzt bei einem jungen Champagnerwinzer, bei dem wir in einem Original-Jeep, der 1944 beim D-Day dabei war, durch die Weinberge fuhren und von oben die Hügel von Verdun sahen. Aber auch die Persönlichkeit des Winzers und seine Idee des Weines sind wichtig. All das ergibt für den Kunden ein Bild des Weines und macht das Produkt lebendig. Daher ist in unserem Webshop auch  das zentrale Element der WeinBlog, in dem wir die Geschichten erzählen. Und wir versenden mehrmals im Jahr unser WeinBrevier, also eine richtige gedruckte Art von Weinzeitung. Das Gespräch führte Sebastian Amaral Anders

Andreas Brensing ist Geschäftsführer des Kölner Weinkellers. Die mehrfach ausgezeichnete Weinhandlung gehört zur REWE Group und verkauft Weine aus allen zentralen Weinbauregionen im 2.500 Quadratemter großen historischen Gewölbekeller in Köln – dreizehn Meter tief unter der Erde – und über den Webshop: koelner-weinkeller.de
In den Jahren 2010 bis 2013 fotografierte Alexander Basta ausgewählte Winzer, deren Weine der Kölner Weinkeller bezieht, mit einer Fachkamera. „Keine Elektronik, richtig auf Gelatine“, wie ein Winzer treffend feststellte. Eine Auswahl seiner Arbeiten.
Alexandre Favier - Domaine Chante Cigale, Frankreich
Alois Lageder - Weingut Alois Lageder, Südtirol
Bernhard Huber - Weingut Bernhard Huber, Baden-Württemberg
Bettina Bürklin - Weingut Dr. Bürklin-Wolf, Pfalz
Dirk Niepoort - Niepoort Vinhos, Portugal
Dominic Symington - Symington Family Estates, Portugal
Francesco Mazzei - Fonterutoli, Italien
Francois Bannier - Hecht & Bannier, Frankreich
Georg Prinz zur Lippe Proschwitz - Weingut Schloss Proschwitz, Sachsen
Carolin Spanier - Kühling Gillot, Rheinhessen
Dorli Muhr - Weingut Weingut Muhr-van der Niepoort, Österreich
Elisabetta Foradori - Weingut Elisabetta Foradori, Italien
Emanuela Stucchi – Coltibuono, Italien
Erni Loosen - Weingut Dr. Loosen, Mosel
Familie von Schubert Maximin Grünhaus - Weingut Maximin Grünhaus, Mosel
Ginevra Venerosi - Tenuta di Ghizzano, Italien
Markus Schneider - Weingut Markus Schneider, Pfalz
Steffen Christmann - Weingut A. Christmann, Pfalz
Theresa Breuer - Weingut Georg Breuer, Rheingau
Thomas Rinker - Weingut Knab, Südbaden
Tim Fröhlich - Weingut Weingut Schäfer-Fröhlich, Rheinland-Pfalz
Wilhelm Weil - Weingut Robert Weil, Rheingau
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