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11.02.2015
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11.02.2015
Vereinbarkeit Beruf & Familie
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ArticleId: 413magazineAls Ferdinand zur Welt kam, war für Johannes Zeller klar: "Ich gehe 14 Monate in Elternzeit.“ Angst, den Anschluss zu verpassen oder wegen der langen Auszeit belächelt zu werden, hat er nicht: „Ich genieße es, voll für Ferdinand da zu sein.“https://one.rewe-group.com/fileadmin/_processed_/8/4/csm_JohannesZeller_mgt_standard_7680a6743e.jpgAlles für Ferdinand14 Monate Elternzeit
14 Monate Elternzeit
Alles für Ferdinand
von Stefan Weber
Lesedauer: 5 Minuten
Als Ferdinand zur Welt kam, war für Johannes Zeller klar: "Ich mache Pause vom Job und kümmere mich zusammen mit meinem Partner die längst mögliche Zeit ausschließlich um meinen Sohn." Angst, im Beruf den Anschluss zu verpassen, finanziell kürzer treten zu müssen oder belächelt zu werden für eine so lange Auszeit - all die Sorgen, die andere Väter mitunter umtreiben, wenn sie mehrere Monate zu Hause bleiben, sind dem diplomierten Geograph fremd.
Der Weg zu Ferdinand führt über eine steile gekachelte Treppe - hinauf in den ersten Stock eines mehr als 200 Jahre alten Kutscherhauses im Eifelstädtchen Monschau . Das Erdgeschoss diente früher als Pferdestall; die schweren Tröge, aus denen die Tiere gefressen haben, stehen noch heute da. In der Etage darüber wohnte der Kutscher mit Frau und Kindern. Seit ein paar Monaten ist sie das Zuhause von Ferdinand und seiner Familie. An diesem kühlen Winter-Tag, an dem die Regentropen gegen die Fensterscheiben klatschen, hat er es sich gemütlich gemacht auf dem roten Ecksofa am Fenster. Kuscheliger Strampelanzug, warme Decke und ein bunter Schnuller im Mund - so lässt es sich aushalten.
Ferdinand, braune Augen, dunkle Haare, ist am 30. August 2014 zur Welt gekommen. Und seitdem hat sich im Leben von Johannes Zeller, 35, eine Menge geändert. Wie das so ist, wenn man Vater wird. So weit, so normal. Im Fall von Ferdinand machen zwei Dinge die Situation besonders. Zum einen: Der Junge ist von einer Leihmutter in Bangkok zur Welt gebracht worden und wird von Zeller und dessen Freund großgezogen. Zum anderen: Zeller, diplomierter Geograf, hat seinen Job in der Zentrale der REWE Group an der Kölner Domstraße für 14 Monate an den Nagel gehängt, um sich ganz um Ferdinand zu kümmern.
Für Zeller war es keine Frage, dass er die längst mögliche Zeit zu Hause bleibt. Einmal aus finanziellen Gründen, weil sein Partner, ein Mathematiker, gerade erst das Studium abgeschlossen hat und auf Jobsuche ist. Vor allem aber aus emotionalen Gründen:  „Ich genieße es, voll für Ferdinand da zu sein.“ Angst,  im Job den Anschluss zu verpassen, finanziell kürzer treten zu müssen, oder belächelt zu werden für eine so lange Auszeit – all die Sorgen, die andere Väter mitunter umtreiben, wenn sie sich gegen eine längere Zeit daheim entscheiden, sind Zeller fremd. „Ich vermisse nichts und würde mich jeder Zeit wieder so entscheiden“, betont er.
Bei REWE hat er Bewertungsmodelle entwickelt, die anhand statistischer Methoden eine Umsatzschätzung für Neustandorte der REWE Group liefern. Eine abwechslungsreiche Aufgabe. „Ein Traumjob“, schwärmt Zeller. Nach dem Studium in Bochum war der gebürtige Mainzer 2006 zu REWE gekommen. Die ersten Jahren ist er für seinen Arbeitgeber viel in Osteuropa unterwegs gewesen. In Rumänien, Bulgarien oder der Ukraine hat er sich „grüne Wiesen angeschaut, auf denen neue Billa-Märkte entstehen sollten.“  Schön sei das gewesen, betont er. Aber stressig. „Irgendwann war es dann gut mit der vielen Reiserei.“

Seit 1. September 2014 ist Zeller in Elternzeit. Schon drei Wochen vorher ging es nach Thailand, Ferdinands Geburt nicht zu verpassen. Als er nach Bangkok reiste, hatte die Regierung gerade ein Gesetz erlassen, das Leihmutterschaften untersagte. Da war plötzlich unklar, ob Ferdinand einen Pass erhalten würde, ob der  junge Vater mit seinem Kind würde ausreisen dürfen. Seine Erlebnisse im Land bieten Stoff für einen Film. Bis zuletzt, bei der Passkontrolle am Flughafen vor dem Rückflug nach Deutschland, musste er zittern: Da wurde er, mit Ferdinand im Arm, in einen kleinen Raum gebeten. Das Handy wurde ihm abgenommen und die Sicherheitskräfte erkundigten sich bei der Leihmutter, ob seine Angaben der Wahrheit entsprachen. „Wenn es schief gegangen wäre, hätte ich mit dem Kind erst einmal in Thailand bleiben müssen.“ Freunden, die in Indien eine Leihmutter eingeschaltet hatten, sei das so gegangen. Eineinhalb Jahre hätten sie im Land ausharren müssen, bis die Behörden die Ausreise erlaubten. Ein Horror.
Als in Zellers Abteilung spekuliert wurde, wer wohl als nächstes wegen eines Kindes eine Auszeit nehmen würde, hatte niemand an ihn gedacht. „Klar, als Schwuler war ich bei diesem Thema außen vor“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Geoutet hatte er sich gleich bei seiner Einstellung. Entsprechend groß war die Überraschung, als er seine Pläne öffentlich machte. Alle hätten sich für ihn gefreut – seine Kollegen, sein Chef. Für seinen Vorgesetzten indes war die Sache nicht einfach. Denn als Geograf  gehört der junge Vater zu der Sorte Spezialisten, für die sich nicht von jetzt auf gleich Ersatz finden lässt. 
Zeller arbeitete deshalb zunächst einen Kollegen in sein Arbeitsgebiet ein; später wurde dann ein Trainee mit einem zeitlich befristeten Vertrag eingestellt. Wie es weitergeht im November, wenn die Elternzeit vorbei ist, darüber macht sich Zeller noch keine Gedanken. „Wer weiß, was dann ist. Ob mein Freund einen Job gefunden hat und wie sich Ferdinand entwickelt.“ Vorläufig bestimmt der Kleine seinen Rhythmus: Füttern, den Haushalt erledigen, Spazierengehen mit dem Baby im Tragetuch. So wie es eben ist bei jungen Eltern. Zeller bemüht sich, den Kontakt zum Arbeitgeber zu halten, besucht einmal im Monat die Bereichsmeetings. „Die dauern meist drei Stunden. Da bekommt man mit, was läuft“, sagt er. 

Im Monschau begegnen die meisten den beiden Männern mit dem kleinen Kind freundlich. „Da guckt niemand komisch“, sagt der junge Vater. Dennoch ist der Eifelort nur eine Übergangsstation. Zeller und sein Freund bauen ein Haus in Köln; in diesem Jahr wollen sie umziehen. Von dort wäre er auch sehr viel schneller an seinem Arbeitsplatz in der Domstraße. Das alles ist noch weit weg. Aber wenn Zeller einen Wunsch hätte für die Rückkehr in seinen alten Job, dann den: einen Betriebskindergarten am Standort Domstraße, in dem er Ferdinand betreuen lassen könnte.
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