Bis Ende 2030 streben REWE und PENNY an, im gesamten Eigenmarken-Sortiment ausschließlich Fleisch aus der Haltungsformstufe 3 und 4 anzubieten. Seit dem 1. Juli werden bereits das Eigenmarken-Schweinefleisch sowie ausgewählte Wurstartikel komplett von Stufe 1 auf die 2 umgestellt. one sprach mit Verantwortlichen bei Wilhelm Brandenburg darüber, was das für die Produktion bedeutet.
one: Die REWE Group stellt bei ihren Eigenmarken aus Schweinefleisch und bearbeiteten Produkten den Bezug sukzessive auf Haltungsstufe 2 um. Was bedeutet das konkret?
Dirk Kirchner, Betriebsleiter Fleisch im Wilhelm Brandenburg-Werk in Frankfurt am Main
Dirk Kirchner: Für den Bereich Frischfleisch bedeutet das, dass alle Artikel vom Schwein, wie Schnitzel, Kotelett sowie Schweinehackfleisch umgestellt werden.
Davor Mandic: Im Bereich Frischfleisch ist die Umstellung auf die Haltungsstufe 2 zum 1. Juli erfolgreich durchgeführt worden. Bei den Wurstprodukten befinden wir uns in der engen Abstimmung mit dem Category Management von REWE und PENNY und dem Einkauf. Hier werden die Umstellungen in Wellen stattfinden, beginnend in diesem Quartal und dann weiter im ersten und zweiten Quartal 2022. Die Änderungen bei der Wurst betreffen nicht nur Schweinefleisch, sondern auch Geflügel.
one: Wie viele Artikel sind betroffen und wie ist der genaue Zeitplan?
Dirk Kirchner: Beim Frischfleisch ist die Umstellung bereits erfolgt, und es betrifft inklusive Handelsware Schwein 106 Artikel.
Helge Staffe, Betriebsleiter Wurst im Wilhelm Brandenburg-Werk in Frankfurt am Main
Helge Staffe: Im Wurstbereich sind 294 Artikel betroffen, davon 111 in Frankfurt am Main, 66 in Timmendorf, 66 in Dreieich, 24 in Netphen und 23 in Perwenitz. Im Augenblick sind drei Wellen der Umstellung geplant, die erste Welle beginnt augenblicklich und wird im September abgeschlossen sein.
one: Welche Herausforderung bringt diese Umstellung aus Sicht der Produktion mit sich?
Dirk Kirchner: Es müssen für alle Artikel neue Rohstoff- und Artikelnummern angelegt und gepflegt werden, zudem muss die Trennung im Betrieb absolut transparent, sorgfältig und nachvollziehbar erfolgen.
Davor Mandic: Die Herausforderung bei der Umstellung von Frischfleisch ist deutlich größer als bei der Wurst. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass bei Frischfleisch zwei Haltungsformen, nämlich eins und zwei zu einem Endprodukt zusammengeführt werden mussten. Dafür mussten sehr viele Abläufe in der Produktion angepasst werden. Deshalb haben wir bereits im September 2019 ein Projekt zur Einführung der ITW-Haltungsform 2 eingerichtet und haben seit Frühjahr 2020 Testprodukte im Bereich des Vollsortiments als Haltungsform 2 ausgeliefert. Diese Vorbereitung hat uns bei der Umstellung in der Breite sehr geholfen. Im Bereich Wurstwaren ist es letztlich wie bei einer Artikel-Neulistung. Alle Roh- und Hilfsstoffe sowie die Verpackungsmaterialien müssen organisiert werden. Bei gewissen Artikeln dauert die Produktion länger, so dass deutlich früher der Rohstoff zur Verfügung gestellt werden muss, damit zum geplanten Auslieferungsdatum das Produkt in der Haltungsform 2 auch zur Verfügung steht. Dazu gehört die korrekte Lagerhaltung mit Folien und Etiketten, damit möglichst wenig Material übrig bleibt, das man nicht alternativ verwenden kann.
Helge Staffe: Die Herausforderung ist riesig, weil vor allem die Verpackungsmaterialien auf die Umstellungstermine genau geplant werden müssen, um die Bestände auf den Punkt anzupassen.
Davor Mandic, Leiter Einkauf Fleisch & Projektleiter Haltungsstufe 2
one: Gibt es überhaupt genügend Rohware?
Davor Mandic: Bei Schweinefleisch war es notwendig, die entsprechende Stückzahl an Schweinen vertraglich zu sichern. Ja, richtig gehört. Wir haben ganze Schweine unter Vertrag genommen! Das bedeutet nicht, dass wir tatsächlich auch halbe Schweine angeliefert bekommen, allerdings haben wir uns verpflichtet, einen gewissen Mehrpreis für diese Schweine zu bezahlen und zumindest steht dieser Mehrpreis in Summe jetzt im Raum. Wir werden natürlich versuchen, mit einer optimalen Ganztiervermarktung – in Fleisch und Wurst – diesen Aufschlag pro Kilogramm deutlich zu optimieren.
one: Mit welchen Preisaufschlägen müssen unsere Kund:innen rechnen?
Davor Mandic: Das können wir Ihnen leider nicht konkret sagen, das hängt vom jeweiligen Artikel ab. Aber eine spürbare Erhöhung wird das schon sein.
one: Wird es neue, höherwertige Produkte geben, mit denen sich REWE und PENNY in Wettbewerb profilieren können?
Davor Mandic: Wir sind hier zu sehr Fleischprofis und würden nicht von höherwertigeren Produkten sprechen. Das machen wir heute schon! Die Branche hat sich dazu entschlossen, mehr für das Tierwohl zu tun, und das ist jetzt in der ITW-Haltungsform 2 auf diesem Level und in der Breite geschehen. Jedoch werden diese Produkte nicht unbedingt zur Profilierung im Wettbewerb ausreichen, das kann man aktuell nur mit noch höheren Haltungsformen machen. Und die hat die REWE Group auch bereits im Sortiment.
one: Geben Sie uns einen Ausblick: Wie geht´s weiter, was kommt als nächstes?
Davor Mandic: Es geht immer weiter. Wir arbeiten zusammen mit den Bereichen Category Management, Einkauf und Nachhaltigkeit bereits an der Einführung der ITW-Haltungsform auch bei Rindfleisch! Das ist die nächste Tierkategorie, die umgestellt werden soll. Bei Rindfleisch spielen auch die Vermarktung von Milch und Milchprodukten eine Rolle, so dass hier an einer ganzheitlichen Lösung gearbeitet wird. Wir hoffen, dass wir bereits im kommenden Jahr so weit sind.
„Wir machen einen Riesensprung“
Dirk Heim, Bereichsleiter Nachhaltigkeit Ware der REWE Group und Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH, über die Umstellung des Schweinefleischangebots auf Haltungsform 2 und Probleme bei der Preisfindung.
„Mehr Tierwohl geht nicht auf Knopfdruck“
Markus vom Stein und Ronny Grohe, Bereichsleiter Ultrafrische 2 für das Vollsortiment beziehungsweise das Discountgeschäft, über bessere Haltungsbedingungen, preissensible Verbraucher und Einigkeit im Handel.
„Eine Frage der Haltung“
Die REWE Group setzt sich seit Jahren konsequent für die Verbesserung branchenweiter Tierwohlstandards ein. Welche Tierwohlziele die REWE Group im Fleisch- und Wurst-Bereich verfolgt und welche Wege sie dabei geht – eine Übersicht.