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Roger Kurzawa (Foto: Achim Bachhausen)
Lachs-Einkäufer Roger Kurzawa
Tiefgekühlt, nicht cool
von Stefan Weber (Text) und Achim Bachhausen (Fotos)
Vor 100 Jahren schwamm er massenhaft im Rhein, heute wird er meist importiert: Lachs ist der beliebteste Speisefisch in Deutschland. Er ist fettarm und enthält viele gesunde, ungesättigte Fettsäuren. Und doch ist Lachs nicht gleich Lachs. Roger Kurzawa, bei der REWE Group zuständig für den Einkauf von Tiefkühlkost, rät genau hinzuschauen. In Kürze haben die Verbraucher ein neues verlässliches Orientierungsmerkmal. Dann kommt Pro Planet-zertifizierter Aquakultur-Lachs in die REWE-Märkte.
Es ist blau, zeigt einen stilisierten Fisch und genießt weltweit Vertrauen: Das Siegel des MSC (Marine Stewardship Council) steht für umweltbewussten und nachhaltigen Fischfang. Die unabhängige, nichtstaatliche Organisation mit Sitz in London zertifiziert Wildfisch, der umwelt- und sozialverträglich gewonnen wurde. Bei erschöpften Beständen muss die Fischerei sicherstellen, dass sich der Bestand erholt. Zudem dürfen die Fangmethoden die Meeresumwelt nicht schädigen, Beifang muss auf ein Minimum reduziert werden. Das Pendant zum MSC-Label ist das Siegel des ASC (Aquaculture Stewardship Council). Es kennzeichnet nachhaltig erzeugten Zuchtfisch.
So weit, so gut. Das Problem mit den MSC- und ASC-Siegeln ist nur: Kaum jemand kennt sie. „Fragen Sie mal Verbraucher, was ihnen diese Kennzeichnungen sagen. Sie werden selten eine richtige Antwort bekommen“, sagt Roger Kurzawa, 46. Er verantwortet bei der REWE Group den Einkauf von Tiefkühlkost, darunter auch Lachs. Also der Fisch, der von Ärzten und Ernährungsexperten besonders empfohlen wird, weil er viele gesunde, ungesättigte Fettsäuren enthält.
Lebensmittelkäufer, so Kurzawas Erfahrung, wollen nachhaltige Produkte haben. Und sie betrachteten es als selbstverständlich, dass das, was ihnen der Handel anbietet, nachhaltig ist. „Nachhaltigkeit ist leider nicht immer ein Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Wir als REWE Group müssen ständig vorangehen, müssen mehr machen als die anderen“, betont der Category Manager.
Roger Kurzawa
Dagegen würde es aus Sicht der Kunden gerade bei Lachs lohnen, beim Einkauf genauer hinzuschauen. Das beginnt bei der Produktbezeichnung: Echter Lachs, Irischer Lachs, Räucherlachs, Biolachs oder Ökolachs  - all diesen Namensschöpfungen ist eins gemein: Sie bezeichnen Zuchtlachs. Die Aufzucht in Aquakulturen schont freilebende Wildbestände. Denn zahlreiche Fischbestände in den Weltmeeren, darunter auch der atlantische Lachs, sind heute stark überfischt. Wildlachs dagegen ernährt sich ausschließlich selbst von Krabben und Krebsen, ohne menschliche Hilfe. Nach dem Gesetz darf nur echter Wildlachs auch als solcher deklariert werden, nicht jedoch irgendein Zuchtprodukt.
Und dann die vielen verschiedenen Siegel! „MSC- und ASC-Label bieten eine gute Orientierung“, sagt Kurzawa. Zusätzlich vergebe die REWE Group das Pro Planet-Siegel, wenn weitere, von unabhängigen Experten entwickelte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt seien.
Wenn die Deutschen Fisch essen, dann am liebsten Alaska-Seelachs oder Lachs. Auf diese Arten entfällt nach Angaben des Fischinformationszentrums etwa 40 Prozent des Fischverzehrs. Kurzawa erklärt das mit dem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein. Viele Verbraucher wüssten, dass Lachse fettarme Fische seien und sehr viele Omega-3-Fettsäuren enthielten, jene lebensnotwendigen Stoffe, die der menschliche Körper nicht selbst bilden kann. „Auch die vielen Kochsendungen haben dazu beigetragen, dass sich mehr Verbraucher trauen, auch einmal einen Lachs zubereiten“, meint Kurzawa. Vor allem vor Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern ziehe die Nachfrage deutlich an. Denn Lachs gelte in vielen Haushalten nach wie vor als etwas Besonderes.
Weniger gut für Kurzawa und seine Tiefkühlware ist, dass die Verbraucher beim Fischeinkauf zunehmend frische Produkte bevorzugen. Grund dafür ist nach Einschätzung des Deutschen Tiefkühlinstituts der Trend zu mehr Frisch-Fischtheken im Handel. Kurzawa indes nennt einen anderen Punkt: „Der Tiefkühlmarkt hat ein verstaubtes Image. Es ist schwer, junge Leute für Tiefkühlprodukte zu begeistern - wenn man einmal von Pizza absieht.“ Ein Problem sei mitunter auch der Transport. Vielen Verbrauchern sei es lästig, nach dem Einkauf schnell nach Hause zu eilen, um die Lebensmittel im Tiefkühlfach zu verstauen. Der Schlüssel zum Erfolg, so sagt Kurzawa, sei Qualität. „Hochwertige Produkte, die schnell zuzubereiten sind und auch in kleinen Verpackungsgrößen verfügbar sind, werden sich auf Dauer durchsetzen“, betont er.

„Category Manager Tiefkühlkost“ ist der gebürtige Wiesbadener erst seit 2013. Zuvor war er bei der REWE Group 16 Jahre für den Einkauf von Obst und Gemüse zuständig. Der Wechsel sei kein Problem gewesen, sagt er. Sortimentssitzungen, Lieferantentermine, Verkostungen - dieser Rhythmus sei ihm wohlvertraut. Aber anders als früher, als er vor allem viel in Süd- und Osteuropa unterwegs gewesen sei, reise er nun nicht mehr so häufig. "Aber ganz vom Schreibtisch lässt sich dieser Job natürlich nicht machen. Es ist wichtig, engen Kontakt zu den Lieferanten zu halten", betont er. Das gelte vor allem für einen Händler wie die REWE Group, die großen Wert auf Nachhaltigkeit lege. „Da muss man regelmäßig vor Ort sein und sich die Dinge persönlich anschauen.“
Das macht die REWE Group
Fischliebhaber schätzen ihn wegen seines sehr zarten und grätenarmen Fleisches; obendrein ist er besonders fettarm: Alaska Seelachs. Die für Pro Planet-Produkte (zum Beispiel Filet, Fischstäbchen, Fischfrikadellen) verwendeten Tiere werden im Golf von Alaska, im Gebiet der Aleutischen Inseln und in der Beringsee gefangen. Die Fischereien sind durch den Marine Stewardship Council (MSC) zertifiziert, eine unabhängige, nichtstaatliche Organisation. Sie macht strenge Vorgaben: So dürfen die Fischereien nur freischwimmende Schleppnetze verwenden, die in der Regel den Meeresboden nicht berühren und so die dort vorkommenden Lebewesen nicht schädigen. Auch darf der Beifang nur sehr gering sein. Zudem müssen die Fangboote die Beutegebiete des gefährdeten Stellerschen Seelöwen beachten, der an den Küsten Alaskas lebt.

Die Kennzeichnung der Pro Planet-Wildfischprodukte erfolgt zusätzlich auf Basis einer mit unabhängigen Experten entwickelten und jährlich aktualisierten Orientierungsliste. In die fließen auch Referenzbewertungen unabhängiger Organisationen ein wie zum Beispiel Greenpeace oder WWF.

Seit Mitte der achtziger Jahre hat die Größe der Alaska-Seelachs-Bestände teils deutlich abgenommen. Deshalb wurde die Höchstfangmenge in den vergangenen Jahren immer wieder abgesenkt. Inzwischen deutet sich eine Erholung an. Die REWE Group wird auch in den nächsten Jahren die Entwicklung der Bestände regelmäßig beobachten und die Nachhaltigkeit der Fischereien überprüfen.

Die mit dem Siegel von Pro Planet gekennzeichneten Wildlachsfilets stammen ebenfalls aus MSC-zertifiziertem Fang - aus dem Nordost- sowie Nordwestpazifik. Kontrollen durch unabhängige Zertifizierer und die Fischereibehörden von Alaska und Russland stellen sicher, dass die Fangquoten eingehalten und unerlaubte Fangtechniken außen vor bleiben. Da die gut gemanagten Bestände sehr produktiv sind, können jährlich großen Mengen des Fisches gefangen und vermarktet werden.

Mitte Juni kommt auch Pro Planet zertifizierter Aquakultur-Lachs in die Märkte von REWE. Er stammt aus dem nördlichen Polarkreis Norwegens, der Provinz Troms. Neben der artgerechten Haltung wird der bedarfsgerechte Einsatz von nachhaltigen Futtermitteln sichergestellt. Die geimpften Tiere erhalten keine prophylaktischen Medikamentengaben und werden entsprechend den Anforderungen des ASC gehalten.
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