one: Herr Souque, Ihr Vertrag als unser Vorstandsvorsitzender wurde gerade für weitere fünf Jahre verlängert und seit dem 1. Januar haben Sie sechs Kolleg:innen in Ihrem REWE Group Vorstandsteam. Ein guter Zeitpunkt, um unseren Leser:innen einen Überblick über die aktuelle Lage und Prioritäten für die Zukunft zu geben. Wir sind mit multiplen Krisen konfrontiert und es sieht nicht so aus, als würde sich die Lage bald vollständig beruhigen. Wie navigiert man ein großes Unternehmen in so bewegten Zeiten? 

Lionel Souque: Dem können wir uns eigentlich nur stellen. Die nächste Zeit bleibt sicher sportlich und spannend, aber auch unvorhersehbar. Wenn das Umfeld unberechenbar ist, ist das Wichtigste, eine klare Strategie zu haben und an dieser konsequent dranzubleiben. Die haben wir. Gleichzeitig muss man aber auch flexibel genug sein, um sich taktisch blitzschnell anpassen zu können, wo es nötig ist. Also Tatkraft zeigen, Tatsachen schaffen und die richtige Taktik anwenden. Dabei darf man nicht nur reagieren, sondern muss proaktiv handeln. 
Strategisch fokussieren wir uns auf die Kund:innen, treiben unter anderem die Digitalisierung voran und verbessern das Warengeschäft immer weiter. Das schaffen wir nur durch den großen Einsatz sowie die Leidenschaft und Kompetenz unserer 380.000 Mitarbeitenden. Unsere Mitarbeitenden sind zentral für unseren Unternehmenserfolg. Erfolgreich sein können wir nur, wenn wir gemeinsam als Team zusammenstehen und voran gehen: Team Spirit, Zusammenhalt, Fehlerkultur und Leistung sind dabei elementare Bestandteile unseres Erfolges. Wir müssen unser Team und unsere Unternehmenskultur dabei weiter stärken, unsere Mitarbeitenden binden, die richtigen neuen Kolleg:innen finden und überzeugen, dass wir das richtige Team für sie sind. Eine große Aufgabe.

one: Konsequent an unserer Strategie festhalten, dabei immer die großen Veränderungen im Blick haben und uns blitzschnell anpassen, wo es nötig ist. Wie fügt sich da ein, dass wir jetzt ein siebenköpfiges Vorstandsteam haben – macht uns das nicht eher schwerfällig? 

Lionel Souque: Richtig gelebt macht es uns schneller, effizienter und wettbewerbsfähiger. Wir haben derzeit ein so komplexes Umfeld, dass das niemand mehr linear alleine managen kann. Da braucht es ein gutes Netzwerk und Teamspirit– aber auch das muss ja organisiert sein. Wir sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen und da müssen wir auch unsere PS auf die Straße bringen können.  Christian Mielsch als CFO und Sören Hartmann als CEO Touristik haben in ihren Funktionen sehr gute Arbeit geleistet und den Grundstein für einen erfolgreichen Generationswechsel gelegt. Für den CFO ist Telerik Schischmanow nachgerückt, seine vorherige Position wurde nicht nachbesetzt - die Touristik habe ich in meine persönliche Verantwortung genommen. Somit haben wir uns letztlich insgesamt um zwei Top-Positionen verkleinert. Ganz wichtig: auch die weiteren neuen Rollen im Group Vorstand haben wir intern besetzt. Mit Kolleg:innen, die ihre Kompetenz im jeweiligen Ressort bereits über Jahre bewiesen haben. Und die Zwischenebene bei Handel Deutschland haben wir ebenfalls nicht nachbesetzt.  

Unsere Überlegung dahinter: Mit der internen Nachbesetzung des CFO haben wir damit Kontinuität und Erfahrung gesichert. Da die Touristik als wesentliche Säule unseres Geschäfts jetzt in meiner persönlichen Verantwortung ist, bekam die Digitalisierung auf Gruppenebene einen eigenen Platz und starken Schub, den wir in allen Bereichen – von Handel über Touristik bis zu Convenience – dringend brauchen werden. Dass es einen Einkaufsvorstand auf Group Ebene gibt, macht in einem Handelsunternehmen unserer Größenordnung selbstredend Sinn. Ebenso wie ein Vorstand, der sich übergeordnet und koordiniert um Logistik und Supply Chain Management kümmert. Aus unserer größten SGE heraus, die er auch weiterhin operativ führt. Damit ist auch die stärkste operative Einheit auf Gruppenebene vertreten. People and Sustainability – also HR und Nachhaltigkeit – halte ich für zwei der entscheidendsten Bereiche überhaupt für unsere erfolgreiche Zukunft, neben der Digitalisierung. Ich weiß schon, dass die oft als Soft Facts abgewunken werden – ich meine, das ist mit einer der größten Denkfehler, den man machen kann. Wer es nicht schafft, als Arbeitgeber so attraktiv zu sein, dass die guten Leute bleiben und neue Top-Leute sich für uns entscheiden, hat in den kommenden Jahren ein Problem.