nach oben
nach oben
Die Auftaktveranstaltung zu Women's Drive war keine rein weibliche Angelegenheiten. Mentoren waren herzlich willkommen.
Lesedauer: 9 Minuten
Pilotprogramm: Women’s Drive
Mehr Frauen, mehr Vielfalt im Management
von Judith Morgenschweis
Die Mischung macht's: Mit dem konzernübergreifenden Personalentwicklungsprogramm Women's Drive will die REWE Group mehr Frauen fit für Führungspositionen machen - für mehr Vielfalt im Management. Ende März fand die Kick-off-Veranstaltung in Köln statt.
Frauen sind wichtige Entscheider. Das sieht man vor allem in vielen Fragen des Alltags: So werden mittlerweile fast 80 Prozent aller Kaufentscheidungen von Frauen getroffen – egal, ob es sich um Autos oder Zitronen handelt. Dagegen ist ihr Einfluss in Unternehmen vergleichsweise gering, und das, obwohl immer mehr Frauen berufstätig sind.

Dabei ist Vielfalt im Management erwiesenermaßen ein Erfolgsfaktor. Egal ob Produktivität oder Teamgeist – Unternehmen mit einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis im Management haben messbare Vorteile. So zeigen Studien, dass der Börsenwert steigt. Auch gehen diese Unternehmen seltener insolvent – wachsen aber auch etwas langsamer. Zudem bringen Frauen viel häufiger genau die Eigenschaften mit, die Mitarbeiter von Führungspersönlichkeiten erwarten. Sie legen mehr Wert auf Integration, Kooperation, Zusammenhalt und darauf, dass sich die Mitarbeiter klare Ziele setzen.

„Pool an Nachwuchskräften systematisch füllen“
Es gibt also viele gute Gründe, Frauen im gehobenen Management zu haben. Doch so richtig gelingt das in vielen Unternehmen nicht. Auch die REWE Group hat hier noch Entwicklungspotenzial.

Dies zu ändern ist „Women’s Drive“ angetreten. „Der richtige Weg, Frauen bei der REWE Group zu fördern und damit auch ihren Weg in Führungspositionen zu ebnen, schien uns, Sie zu motivieren und zu unterstützen, sich stärker in Führungspositionen zu entwickeln. Wir wollen den Pool an Nachwuchskräften systematisch füllen und damit den Anteil an weiblichen (Nachwuchs-) Führungskräften im Management nach vorn bringen“, brachte es Dr. Petra Meyer-Ochel auf den Punkt.
Gleichzeitig wird ein Kulturwandel angestrebt, der diesen Prozess unterstützt. Nicht zuletzt soll der Dialog zwischen Frauen und Männern gefördert werden, weshalb die Auftaktveranstaltung zu „Women’s Drive“ auch keine rein weibliche war.

Denn die gezielt für das Programm nominierten Frauen bekommen einen Mentor oder eine Mentorin mit Führungserfahrung an die Seite gestellt. Männer sind dabei mehr als willkommen, denn sie helfen, den Austausch in Sachen Karriere zu fördern und das gegenseitige Verständnis über Karriere zu verbessern.

Arbeitswelt der REWE Group soll vielfältiger werden
In zahlreichen Studien haben Wissenschaftler untersucht, worin die Unterschiede zwischen den Geschlechtern liegen. Männern ist der Führungsaspekt ihrer Karriere wichtig. Frauen dagegen verbinden mit Karriere eher den Wunsch nach mehr inhaltlichem Gestaltungs- und Handlungsspielraum. In einer männerdominierten Arbeitswelt werden Frauen daher häufig als nicht so karriereambitioniert eingestuft. Es sei häufig so, brachte eine der beiden Trainerinnen, die das Programm begleiten, auf den Punkt, dass Männer immer gerne das Auto mit den meisten PS hätten, denn das biete ihnen Spielraum. Damit könnten sie langsam und schnell fahren, je nach dem was gerade passt. Frauen dagegen gäben sich viel zu oft mit 75 PS zufrieden. Women’s Drive tritt an, die weiblichen PS vermehrt ins Unternehmen einzubringen, so dass die zukünftige Arbeitswelt der REWE Group vielfältiger wird.

Zum Auftakt ging es für die Teilnehmerinnen sogar noch eine Stufe weiter. Nachdem sie ihre Mentoren gefunden hatten, hoben sie ab im Flugsimulator ab in einem Airbus 320. Ein Erlebnis, das sicher mehr als Symbolcharakter haben wird.

Auftaktveranstaltung Women's Drive
Über Women’s Drive:
Women’s Drive ist ein konzernübergreifendes PE-Programm für weibliche Führungskräfte, welches die CoE Personalentwicklung ins Leben gerufen hat und von Janette Bartscherer vom Learning Center und Katja Petersen, Expertin Talentmanagement, koordiniert wird. Angesprochen und gezielt nominiert wurden 16 Frauen aus verschiedenen Geschäftseinheiten sowohl bundesweit als auch international. Das Programm wird zunächst mit vier Modulen über ein Jahr Frauen mit ersten Führungserfahrungen  die Möglichkeit geben, sich in ihrer Rolle als Führungskraft weiter zu entwickeln, Potentiale weiter auszuschöpfen und wertvolle Netzwerke im Unternehmen aufzubauen. Begleitet werden sie dabei von einem unternehmensinternen Mentor oder einer Mentorin.
5 Fragen an Dr. Petra Meyer-Ochel, Bereichsleiterin CoE Personalentwicklung
„Unsere Vision: Spezielle Frauenförderungsmaßnahmen werden überflüssig“
one: Warum wurde ein Personalentwicklungsprogramm speziell für weibliche Führungskräfte entwickelt?
Dr. Petra Meyer-Ochel: Die Gründe dafür sind vielfältig. Zunächst haben die rund 100 Kolleginnen, die wir in Workshops im Herbst 2015 befragt haben, den Bedarf formuliert. Von ihnen wollten wir damals wissen, wie sie die REWE Group-Kultur erleben und was sie als förderlich für ihre berufliche Zukunft empfinden würden. Hier wurde der Wunsch nach speziellen Personalentwicklungsmaßnahmen für Frauen klar herausgearbeitet.

Darüber hinaus verfolgen wir mit dem Programm als Unternehmen gleich mehrere Ziele: Neben dem Wunsch, die Führungsetagen  durch mehr Vielfalt an Perspektiven anzureichern, sehen wir vor allem die Chance, die vielfältigen Kompetenzen unserer Mitarbeiterinnen zum Einsatz zu bringen.  Nicht  zuletzt werden wir mit dem Programm als Arbeitgeber für Frauen attraktiver. Unsere langfristige Vision ist klar: Spezielle Frauenförderungsmaßnahmen werden obsolet, weil es eine Gleichberechtigung und sich angleichende Rollenmuster von Mann und Frau in Job und Familie gibt.
Nicht zuletzt kann ein speziell auf weibliche Führungskräfte ausgerichtetes Programm Frauen gezielt darin bestärken, ihre eigenen Karriereambitionen noch besser zu erkennen, dazu „ja“ zu sagen und sie natürlich auch umzusetzen.
Wir denken mit dem Programm aber nicht in Schubladen und wollen keine „typisch weiblichen“ Attribute herausstellen: stattdessen wollen wir Unterschiede zwischen Männern und Frauen nutzbar machen, damit sich Frauen in ihrer Führungsrolle noch weiter entwickeln.

„Das Schul- und Betreuungssystem in Deutschland ist nicht wirklich darauf ausgerichtet, dass Frauen in Vollzeit arbeiten und Karriere machen.“

one: Woran liegt es, dass es immer noch so wenige Frauen in Führungspositionen gibt?
Petra Meyer-Ochel: Auch hier gibt es zahlreiche Gründe: In Deutschland herrscht im Vergleich zu anderen Ländern noch ein eher klassisches Familienbild vor. Damit einher geht das Problem der Betreuungsmöglichkeiten. Sie decken nicht die üblichen Arbeitszeiten ab, wenn es sie überhaupt gibt. Das Schul- und Betreuungssystem in Deutschland ist nicht wirklich darauf ausgerichtet, dass Frauen in Vollzeit arbeiten und Karriere machen.

Zudem sind Unternehmen meist noch männerdominiert Eine mögliche Mutterschaft wird häufig als Ausfallrisiko gesehen Es gibt noch zu wenig Bewusstsein für das Thema „Frauen in Führungspositionen“. Das heißt häufig ganz konkret, dass Frauen bei Stellenbesetzungen seltener zum Zuge kommen als männliche Kandidaten.

In der REWE Group liegen wir mit einem Anteil an weiblichen Führungskräften bei rund 47 Prozent - das ist gar kein so schlechter Wert. Allerdings nimmt der Anteil rapide ab, wenn wir auf die Ebenen der Top-Executives schauen. Vor diesem Hintergrund haben wir noch deutlich Entwicklungspotenzial.
one: Was schätzen Frauen an Führungspositionen?
Petra Meyer-Ochel: Studien belegen: Frauen wollen etwas inhaltlich bewegen, verändern, ihre Themen vorantreiben und hierfür auch die Verantwortung übernehmen. Ihnen ist, wenn es um die Inhalte geht, der größere Gestaltungsspielraum wichtig und die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und Entwicklungen zu begleiten. Ein größeres Maß an Freiheit auch in der Selbstorganisation spielt bei Frauen eine wichtige Rolle, wenn sie eine berufliche Karriere anstreben.

Dazu kommt der Aspekt der Mitarbeiterführung. Frauen äußern häufiger als Männer den Wunsch, Menschen fordern und fördern zu wollen. Das Interesse an Menschen, Mitarbeiter zu motivieren und ihnen als Vorbild und Wegbegleiter zu dienen, steht bei Frauen stärker im Fokus. Interessanterweise kommen Frauen mit diesen Eigenschaften den Anforderungen an eine gute Mitarbeiterführung eher nach als Männer.

Auf diese frauenspezifischen Anforderungen müssen die Personalentwicklungsprogramme und die Verantwortungsbereiche selbstverständlich eingehen.

„Es braucht eine Führungskultur, die ausdrücklich mehr Frauen in Führungspositionen möchte.“

one: Wie sieht eine Unternehmenskultur aus, in der der Weg in die Chefetage für Männer und Frauen in gleichem Maße geebnet ist?
Petra Meyer-Ochel: Es braucht eine Führungskultur, die ausdrücklich mehr Frauen in Führungspositionen möchte. Zuschreibungen bezüglich weiblicher bzw. männlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen und deren Eignung für Führungsaufgaben sollten aufgelöst und ersetzt sein durch das Streben nach einer Vielfalt an Kompetenzen und Verhaltensweisen, die in ihrer Summe das Unternehmen voranbringen.

In dieser Führungskultur sind sich die Kollegen bewusst, dass Frauen in anderer Form die verschiedenen Lebensbereiche managen (müssen) als Männer. Flexibilität und eine Offenheit für unterschiedliche Lebensmodelle und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind hier wichtige Aspekte. Dazu braucht es maßgeschneiderte Lösungen für die Arbeitnehmer und Gestaltungsspielraum in der Ausgestaltung der Führungsrollen.

In einem von einer Präsenzkultur und von hohem Zeitinvest geprägten Arbeitsumfeld ist es grundsätzlich schwer machbar Beruf und Familie vernünftig unter einen Hut zu bekommen.
Daher gilt es, eine Führungskultur zu schaffen, die sich weg von der Präsenz- hin zu einer Ergebnis- und Leistungskultur bewegt. Mit den Maßnahmen zu "Beruf und Familie" sind wir in der REWE Group auf einem guten Weg, diese Offenheit zu zeigen und umzusetzen.

one: Inwieweit führen Frauen anders als Männer?
Petra Meyer-Ochel: Viele glauben an typisch männliche und weibliche Führungsstile, doch insgesamt sind die Unterschiede im Führungsverhalten von Frauen und Männern eher gering ausgeprägt.

Frauen legen den Fokus auf Kommunikation, Teamorientierung und Diplomatie. Männern wird nachgesagt, dass sie eher hierarchisch führen und den Fokus auf Karriere, Macht und Einfluss legen.

Aus Studien wissen wir, dass Frauen häufig anders als Männer mit ihrer Karriereplanung umgehen. Sie haben eher das Ziel, mit ihrem nächsten Karriereschritt mehr "Gestaltungsspielraum" zu bekommen und stellen den "Sinn" der Tätigkeit in den Vordergrund . Oft sind die Karriereambitionen von Frauen vielleicht weniger sichtbar und weniger offensichtlich und das kann bei Stellenbesetzungen spürbar werden.
5 Fragen an Mike Podobrin
„Women’s Drive ist ein wichtiger Anfang“
one: Was hat Sie bewegt bei Women’s Drive mitzumachen?
Mike Podobrin: Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus weiß ich, wie wertvoll ein Mentoren-Programm für die persönliche Entwicklung sein kann. Das hat mich natürlich motiviert, davon etwas zurück zu geben. Darüber hinaus ist der Austausch mit Kollegen und Kolleginnen immer eine Bereicherung für den Arbeitsalltag. Man bekommt neue Blickwinkel für die tägliche Arbeit. So lernt man auch als Mentor in einem Personalentwicklungsprogramm viel dazu.

one: Haben Sie schon einmal eine Chefin gehabt?
Mike Podobrin: Ja, meine erste Führungskraft nach dem Universitätsabschluss war eine Frau. Damals habe ich viel gelernt – unter anderem, andere Arten der Zusammenarbeit und der Mitarbeiterführung.

one: Inwieweit führen Frauen anders als Männer?
Mike Podobrin: Ich glaube nicht, dass Frauen so anders führen als Männer. Da möchte ich gar nicht so strikt unterscheiden. Meine Erfahrung ist eher, dass es individuelle Führungsstile gibt, die von Mensch zu Mensch verschieden sind, unabhängig vom Geschlecht. Es gibt vielleicht einzig die Tendenz bei Frauen, dass es ihnen leichter fällt, vertrauensvoll zu delegieren.

„Im Arbeitsalltag gilt es, Gleichberechtigung vorzuleben“

one: Was müssen Unternehmen ändern, damit Frauen es leichter haben, auf ihre Weise Karriere zu machen?
Mike Podobrin:
 Ein Programm wie „Women’s Drive“ ist in jedem Fall ein wichtiger Anfang. Solche Programme müssen nachhaltig fortgeführt werden, um Frauen langfristig gleiche Karrierechancen zu ermöglichen. Zudem braucht es Möglichkeiten und Hilfen, damit Frauen Karriere und Familie einfacher vereinbaren können. Dazu gehören Plätze in Kindertagesstätten genauso wie flexible Arbeitszeitmodelle. Eine Quote ist meiner Meinung nach nicht zielführend.
Im Arbeitsalltag gilt es, Gleichberechtigung vorzuleben. Männer und Frauen sind nicht nur auf dem Papier gleichberechtigt – das muss auch im Alltag für alle Mitarbeiter spürbar sein. Dann wird es irgendwann selbstverständlich sein, dass Frauen und Männer in Führungspositionen arbeiten.
Mein Kommentar
Kommentieren
Auch interessant
Newsletter