Sabbatical: Eine Touristik-Mitarbeiterin berichtet
„Ich möchte keine Sekunde missen!“
Lesedauer: 6 Minuten
Schon ewig hatte Simone Dimmerling einen großen Traum: Irgendwann wollte sie in Afrika in einem Kinderheim arbeiten. Ein Sabbatical ließ den Wunsch wahr werden. In one berichtet die Assistentin Geschäftsführung DER Touristik über ihre hochspannende, lehrreiche, aber auch entbehrungsreiche Zeit in der Ferne.
„Schon ganz lange stand für mich fest: Ich will eines Tages in Afrika als Volunteer in einem Kinderheim arbeiten. Doch was man alles so will und dann auch macht, ist ja immer so eine Sache. Der plötzliche Tod meines Vaters vor einigen Jahren war der Auslöser: Ich beschloss, jetzt wirklich die Dinge zu tun, die ich immer machen wollte. Wer weiß schon, wie viel Zeit einem dafür bleibt.
Mein Mann hat mich sehr unterstützt und in meinem Vorhaben bestärkt. Und dann ging auch alles sehr schnell und unkompliziert. Ich habe das halbjährige Sabbatical mit meinen Vorgesetzten bei der DER Touristik besprochen und bei der Personalabteilung beantragt. Dort regelten die Kollegen alles weitere, zum Beispiel die Absprache mit meiner Krankenkasse – denn auch die muss ihr Go geben. Das hat den Riesenvorteil, dass man während des Sabbaticals krankenversichert ist.
Mein Mann hat mich sehr unterstützt und in meinem Vorhaben bestärkt. Und dann ging auch alles sehr schnell und unkompliziert. Ich habe das halbjährige Sabbatical mit meinen Vorgesetzten bei der DER Touristik besprochen und bei der Personalabteilung beantragt. Dort regelten die Kollegen alles weitere, zum Beispiel die Absprache mit meiner Krankenkasse – denn auch die muss ihr Go geben. Das hat den Riesenvorteil, dass man während des Sabbaticals krankenversichert ist.
Nach knapp vier Wochen war alles durch und mein Sabbatical genehmigt. Es konnte losgehen! Wohin genau, hatte ich mir natürlich schon vorher überlegt. Afrika war klar – zu Afrika hatte ich eine intensive Beziehung von früheren Reisen mit meinen Eltern, zudem hatte ich dort bereits ein paar Wochen in einer Tier-Auffangstation gearbeitet. Es sollte kein Kriegs- und kein Seuchengebiet sein, und möglichst in einem Ort oder mit Verkehrsanbindung in irgendeiner Form, damit ich in meiner Freizeit auch einmal etwas einkaufen gehen oder irgendwo hin fahren konnte. Ich war ja allein unterwegs, da war mir das schon wichtig. Da ich ja keine Ausbildung als Erzieherin habe, wollte ich gerne mit Babys arbeiten. Das traute ich mir durchaus zu. Abgesehen davon würde es dann auch keine Sprachprobleme geben.
Mein Reiseziel: Ein Babyhaus in Kleinmond, Südafrika. Perfekt – wie es schien…
Schließlich vermittelte mich das Portal „Auszeit weltweit“ an ein von einem Missionars-Ehepaar geführtes Babyhaus in Kleinmond in Südafrika – perfekt, wie es schien! So zahlte ich freudig meine Vermittlungsgebühr sowie das Salär ans Babyhaus. Man muss wissen, dass man nicht nur nichts bekommt für solche Jobs, sondern im Gegenteil dafür bezahlen muss. Dahinter steckt der Gedanke, dass man einem Einheimischen diesen potenziellen Job wegnimmt.
Als ich vor Ort ankam, musste ich erst einmal ganz kräftig schlucken. Das vermeintliche Stadthaus erwies sich als baufällige Farm, sechs Kilometer weit von Kleinmond mitten auf dem Land gelegen. Der Hintergrund: Das Missionars-Ehepaar war gerade mit dem Babyhaus umgezogen, da die Miete im Stadthaus zu hoch geworden war und sie hier auf dem Land umsonst wohnen konnten.
Schließlich vermittelte mich das Portal „Auszeit weltweit“ an ein von einem Missionars-Ehepaar geführtes Babyhaus in Kleinmond in Südafrika – perfekt, wie es schien! So zahlte ich freudig meine Vermittlungsgebühr sowie das Salär ans Babyhaus. Man muss wissen, dass man nicht nur nichts bekommt für solche Jobs, sondern im Gegenteil dafür bezahlen muss. Dahinter steckt der Gedanke, dass man einem Einheimischen diesen potenziellen Job wegnimmt.
Als ich vor Ort ankam, musste ich erst einmal ganz kräftig schlucken. Das vermeintliche Stadthaus erwies sich als baufällige Farm, sechs Kilometer weit von Kleinmond mitten auf dem Land gelegen. Der Hintergrund: Das Missionars-Ehepaar war gerade mit dem Babyhaus umgezogen, da die Miete im Stadthaus zu hoch geworden war und sie hier auf dem Land umsonst wohnen konnten.
Absolut verständlich, wenn man bedenkt, dass die beiden kaum etwas verdienten, und ihr Engagement für die Kleinen eh ehrenamtlich ist. Nur hatte man es leider versäumt, diese Änderung im Vermittlungs-Portal anzugeben, so dass ich vollkommen unvorbereitet war.
Und das blieb nicht die einzige Überraschung….die Babys entpuppten sich als ein halbes Dutzend lebhaft durcheinander krakeelender Kids zwischen zwei und sechs, nur eines war tatsächlich ein Baby mit seinen sechs Monaten. Da bekam ich schon erst mal Bammel vor der eigenen Courage…. Aber ich hatte es mir vorgenommen, also wollte ich es auch durchziehen! Ich kämpfte gegen meine Unsicherheit und stürzte mich in die Arbeit. Und die bedeutete: wechselnde Tag- und Nachtschichten mit Komplettbetreuung der Kleinen, die alle in einem Raum lebten und sich natürlich immer wieder gegenseitig aufweckten oder am Schlafen hinderten.
Und das blieb nicht die einzige Überraschung….die Babys entpuppten sich als ein halbes Dutzend lebhaft durcheinander krakeelender Kids zwischen zwei und sechs, nur eines war tatsächlich ein Baby mit seinen sechs Monaten. Da bekam ich schon erst mal Bammel vor der eigenen Courage…. Aber ich hatte es mir vorgenommen, also wollte ich es auch durchziehen! Ich kämpfte gegen meine Unsicherheit und stürzte mich in die Arbeit. Und die bedeutete: wechselnde Tag- und Nachtschichten mit Komplettbetreuung der Kleinen, die alle in einem Raum lebten und sich natürlich immer wieder gegenseitig aufweckten oder am Schlafen hinderten.
Eine Herausforderung für Körper und Seele – mit Langzeitwirkung
Dass die Kids nur ein bisschen Englisch konnten, war unproblematisch. Man lernt ja sagenhaft schnell, sich irgendwie zu verständigen. Es gab weder Strom, noch warmes Wasser – manchmal sogar vier Tage am Stück gar kein Wasser – und nur spärliches Licht. Doch dieses „Back to the roots“-Leben machte mir nichts aus, das kannte ich auch bereits aus der Tier-Auffangstation. Die Tatsache, dass ich, um mir einen Liter Milch zu kaufen, sechs Kilometer bis zum nächsten Geschäft laufen musste, machte mir auch nicht wirklich etwas aus – außer, dass die Milch dann auf dem Rückweg mit hoher Wahrscheinlichkeit in der sengenden Sonne schlecht wurde….Wirklich schwierig war bloß, dass ich ständig krank war. Flohstiche, hohes Fieber, Magen- und Darminfekte und sogar eine Mittelohrentzündung wechselten sich ab. Klar: Die hygienischen Zustände waren miserabel, so sehr man sich auch bemühte alles sauber zu halten: der Fußboden war aus rissigem Zement, nassputzen funktionierte da kaum. Und Kinder hinterlassen nun mal alle möglichen Körperflüssigkeiten, ganz klar. Trotzdem ich krank war, musste ich arbeiten – ich war ja alleine dort und konnte die Kids nicht im Stich lassen. Also schob ich auch mit Fieber meine Schichten und sah zu, das so gut wie möglich hinzubekommen.
Das war eine echte Herausforderung – sowohl körperlich als auch psychisch. Denn die Kleinen waren natürlich extrem aufgekratzt und zunächst mal auch ohne jeden Respekt. Kein Wunder: Ständig wechselten die Nannys, nie gab es Konstanz in der Betreuung. Und alle kamen sie ja auch aus ganz schlimmen Situationen: Die Eltern tot, die Mütter drogenabhängig, im Gefängnis, schwer krank. Bei allem Verständnis stößt man trotzdem oft an seine Grenzen. Und ertappt sich auch schon mal dabei, richtig streng zu werden….aber am Ende gab es ein großes Kompliment für mich: Zuerst hatten mich die Kinder „Simone“ genannt, zum Schluss dann „Tante“. Das bedeutet Respekt – und auch Zuneigung. Und hat mich sehr stolz gemacht.
Auch wenn ich um einige Krankheiten reicher und einige Illusionen ärmer nach rund zwei Monaten das Kinderheim wieder verlassen habe: Ich möchte keine Sekunde missen. Ich habe sehr viel gelernt: Pragmatismus, Demut, Respekt. Und ich gebe zu: Heute kann ich es oft nicht sehr gut ertragen, wenn sich die Menschen so oft über Kleinigkeiten schrecklich aufregen. Dann denke ich an die Kinder, die nichts und niemanden mehr haben, auf Spenden und freiwillige Helfer angewiesen sind. Und ich denke: Leute, denkt dran, wie gut ihr es habt, dass ihr euch über einen solchen Kleinkram aufregen könnt.“
Dass die Kids nur ein bisschen Englisch konnten, war unproblematisch. Man lernt ja sagenhaft schnell, sich irgendwie zu verständigen. Es gab weder Strom, noch warmes Wasser – manchmal sogar vier Tage am Stück gar kein Wasser – und nur spärliches Licht. Doch dieses „Back to the roots“-Leben machte mir nichts aus, das kannte ich auch bereits aus der Tier-Auffangstation. Die Tatsache, dass ich, um mir einen Liter Milch zu kaufen, sechs Kilometer bis zum nächsten Geschäft laufen musste, machte mir auch nicht wirklich etwas aus – außer, dass die Milch dann auf dem Rückweg mit hoher Wahrscheinlichkeit in der sengenden Sonne schlecht wurde….Wirklich schwierig war bloß, dass ich ständig krank war. Flohstiche, hohes Fieber, Magen- und Darminfekte und sogar eine Mittelohrentzündung wechselten sich ab. Klar: Die hygienischen Zustände waren miserabel, so sehr man sich auch bemühte alles sauber zu halten: der Fußboden war aus rissigem Zement, nassputzen funktionierte da kaum. Und Kinder hinterlassen nun mal alle möglichen Körperflüssigkeiten, ganz klar. Trotzdem ich krank war, musste ich arbeiten – ich war ja alleine dort und konnte die Kids nicht im Stich lassen. Also schob ich auch mit Fieber meine Schichten und sah zu, das so gut wie möglich hinzubekommen.
Das war eine echte Herausforderung – sowohl körperlich als auch psychisch. Denn die Kleinen waren natürlich extrem aufgekratzt und zunächst mal auch ohne jeden Respekt. Kein Wunder: Ständig wechselten die Nannys, nie gab es Konstanz in der Betreuung. Und alle kamen sie ja auch aus ganz schlimmen Situationen: Die Eltern tot, die Mütter drogenabhängig, im Gefängnis, schwer krank. Bei allem Verständnis stößt man trotzdem oft an seine Grenzen. Und ertappt sich auch schon mal dabei, richtig streng zu werden….aber am Ende gab es ein großes Kompliment für mich: Zuerst hatten mich die Kinder „Simone“ genannt, zum Schluss dann „Tante“. Das bedeutet Respekt – und auch Zuneigung. Und hat mich sehr stolz gemacht.
Auch wenn ich um einige Krankheiten reicher und einige Illusionen ärmer nach rund zwei Monaten das Kinderheim wieder verlassen habe: Ich möchte keine Sekunde missen. Ich habe sehr viel gelernt: Pragmatismus, Demut, Respekt. Und ich gebe zu: Heute kann ich es oft nicht sehr gut ertragen, wenn sich die Menschen so oft über Kleinigkeiten schrecklich aufregen. Dann denke ich an die Kinder, die nichts und niemanden mehr haben, auf Spenden und freiwillige Helfer angewiesen sind. Und ich denke: Leute, denkt dran, wie gut ihr es habt, dass ihr euch über einen solchen Kleinkram aufregen könnt.“
Und wie ging es weiter für Simone nach der Zeit im Kinderheim?
Im Anschluss an die Zeit im Kinderheim ging Simone Dimmerling erst einmal in Kapstadt zu einem Arzt. Das ist in Südafrika in ländlichen Gebieten übrigens vollkommen unüblich, wenn überhaupt, dann geht man in die Apotheke. Der Arzt diagnostizierte eine Mittelohrentzündung – die sie aber nicht davon abhielt, noch eine vierwöchige Camping-Safari von Kapstadt zum Krüger Nationalpark anzuschließen. „Mittlerweile war ich doch ganz schön abgehärtet“, erinnert sich Simone Dimmerling.
Im Anschluss an die Zeit im Kinderheim ging Simone Dimmerling erst einmal in Kapstadt zu einem Arzt. Das ist in Südafrika in ländlichen Gebieten übrigens vollkommen unüblich, wenn überhaupt, dann geht man in die Apotheke. Der Arzt diagnostizierte eine Mittelohrentzündung – die sie aber nicht davon abhielt, noch eine vierwöchige Camping-Safari von Kapstadt zum Krüger Nationalpark anzuschließen. „Mittlerweile war ich doch ganz schön abgehärtet“, erinnert sich Simone Dimmerling.
Nach 6.045 Kilometern in 26 Tagen durch zutiefst beeindruckende Natur- und Tierwelt ging es zur Abwechslung wieder auf die Schulbank: zwei Wochen Spanisch lernen auf Mallorca stand auf dem Sabbatical-Plan. „Ein unglaubliches Kontrastprogramm, fast schon ein wenig unwirklich“, sagt Simone Dimmerling.
Und damit das Rasten keine Chance hatte, in Rosten überzugehen, setzte sie sich noch einmal vehement in Bewegung: Auf dem legendären Jakobsweg. 500 Kilometer erwanderte sie zwischen Saint Jean Pied de Port und Leon.
Und damit das Rasten keine Chance hatte, in Rosten überzugehen, setzte sie sich noch einmal vehement in Bewegung: Auf dem legendären Jakobsweg. 500 Kilometer erwanderte sie zwischen Saint Jean Pied de Port und Leon.
Was sagen Sie dazu?
Wow – Hut ab, sagt die one_Redaktion. So viel erlebt und gelernt und auch geleistet in einem halben Jahr Sabbatical – das hat uns sehr beeindruckt.
Was sagen Sie zu Simones abwechslungsreicher Auszeit? Käme das für Sie auch in Frage? Oder lieber ganz andere Erlebnisse? Oder interessiert Sie ein Sabbatical grundsätzlich eigentlich eher nicht?
Wir freuen uns auf Ihre Meinung und ihre Kommentare an dieser Stelle.
Ihre one_Redaktion
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