wie es passiert ist“
one: Wie läuft's denn so ein Jahr nach der Umflaggung?
Jana Günther: Im März 2017 hat mein Markt hier im Lio-Center auf REWE umgeflaggt, im September 2017 wurde er für den Umbau geschlossen, im Dezember dann als 2020-Markt wieder eröffnet. Wir waren einer der letzten Märkte, die umgeflaggt wurden. Dadurch lief alles reibungslos und routiniert.
Der Markt im Lio-Center wurde nach dem aktuellen Supermarkt-2020-Konzept umgebaut (Foto: Achim Bachhausen)
Stefan Hörning: Wir sind im Business Case. Wir haben innerhalb von rund einem Jahr die Hälfte der Märkte umgebaut, das war überfällig, um ein einheitliches Ladenbild zu vermitteln. Das 2020-Konzept des Lio-Centers ist das absolute Paradebeispiel. Wir werden aber nicht alle restlichen Märkte in diesem Jahr umbauen, weil wir teilweise noch über Mietverträge verhandeln.
Unterm Strich: 60 zusätzliche Märkte auf einen Streich, das hätten wir in den nächsten fünf Jahren nicht aus dem Stand geschafft. Von daher sind wir sehr froh, dass es so passiert ist, wie es passiert ist. Es sind Topmärkte dabei, einige Standorte, deren Entwicklung wir beobachten, ein zu PENNY umgebauter Markt und Sorgenkinder, die nach dem Umbau plötzlich zum absoluten Umsatzkracher wurden...
one: Ist das Arbeiten jetzt anders?
Marcel Palm: Der Ball dreht sich schneller, die Kunden verlangen nach Neuerungen. Der Arbeitsumfang ist höher, der Umsatz aber auch.
Jana Günther: Naja, man arbeitet ja nicht anders, weil man plötzlich REWE heißt. Die Systeme sind anders, die Herausforderung ist größer. Lernen ist wichtiger geworden. REWE erwartet das, bietet aber auch die Möglichkeiten. Ich motiviere meine Mitarbeiter, an Lehrgängen teilzunehmen. Sachkundige Kollegen kommen dem Markt und auch mir zugute.
one: Führen Sie jetzt anders?
Lara Rumann: Bei Kaiser‘s war der Führungsstil direktiv. Es wurde eine Entscheidung getroffen und man konnte nicht darüber reden.
Jana Günther: Nun hat man mehr Entscheidungsfreiheiten, man kann besser auf die Kundenwünsche eingehen. Meine Abteilungsleiter und ich haben vielleicht auch mehr Verantwortung. Das gilt gerade für den Personalbereich. Es braucht jetzt mehr Menschenkenntnis und Eigenständigkeit.
Marcel Palm: Man muss mehr Entscheidungen treffen, und die sind vielleicht nicht immer richtig. Führen bei REWE, das ist keine Einbahnstraße. Die Mitarbeiter waren zuvor gewohnt, dass man ihnen jeden Tag sagt, was sie zu tun haben. Das Eigenständigere, in den einzelnen Abteilungen und übergreifend, das fällt nicht jedem leicht. Aber die Mitarbeiterfluktuation ist geringer geworden.
Stefan Hörning: Diese Entscheidungsfreiheit nutzen noch nicht alle Führungskräfte. Aber sowohl Mitarbeiter als auch Marktchefs sind sehr motiviert und wissbegierig. Wir sind als REWE kompliziert. Zum Backoffice-PC beispielsweise bekommen wir das Feedback, dass das nicht gerade intuitiv zu nutzen ist, man sich damit schon sehr gut auskennen muss. Das können wir als Ansporn nehmen, benutzerfreundlicher und einfacher zu werden. In den Märkten sitzen ja gottseidank keine IT-Spezialisten, sondern Einzelhändler.
Michael Krüger
Vertriebsleiter
Lara Rumann
Marktleiterin Kurfürstendamm, Berlin-Charlottenburg
Marcel Palm
Marktleiter Grellstraße, Prenzlauer Berg
Stefan Hörning
Geschäftsleiter der REWE-Region Ost
Jana Günther
Marktleiterin LIO, Berlin-Lichterfelde
Bettina Rees
one_Redakteurin
Alle Fotos sind in dem 1.500 qm großen 2020-REWE-Markt im LIO-Center, Berlin-Lichterfelde, von Jana Günther entstanden.
one: Einmal abgesehen von den komplizierten IT-Anforderungen: Fühlten Sie sich bei REWE willkommen und angenommen?
Lara Rumann: Nach der Übernahme fiel eine Last von uns ab, seither können wir unbeschwert arbeiten. Ich kann ehrlich sagen: REWE hat alle Versprechen gehalten. Die Integration hat Spaß gemacht, wir wurden von Anfang an gut betreut, konnten den Integrationsteams immer Fragen stellen, niemand war genervt. Wir haben uns willkommen gefühlt.
one: Die Integration verlief also reibungslos?
Stefan Hörning: Die eigentliche Arbeit hat erst nach der Integration am 1. April 2017 angefangen. Aus den Märkten kam und kommt viel positives Feedback, unterm Strich hat es genauso funktioniert, wie wir uns vorher ausgerechnet hatten. Wenn auch nicht fehlerfrei.
Michael Krüger: Gut die Hälfte der 60 Märkte ist umgebaut, da gab es natürlich auch Probleme bei der Warenversorgung oder Fehler beim Umbau. Zum Beispiel haben wir einen kleinen Kiez-Markt in Berlin-Charlottenburg mit vielen Laufkunden und geringem Durchschnittsbon komplett auf Expresskassen umgestellt. Das haben uns die Kunden so übelgenommen, dass wir die Entscheidung schnell wieder revidiert und zusätzliche normale Kassen eingebaut haben.
Also, dass es fehlerfrei laufen wird, das habe ich nicht erwartet, dazu war das ganze Projekt viel zu umfangreich. Wir haben ja viele Tage mit dem jeweiligen Marktleiter zusammengesessen und für jeden einzelnen Markt neu überlegt, wie wir ihn gestalten. Zum Beispiel hatten die meisten Kaiser’s-Märkte eine Fischtheke mit wenig Umsatz und viel Verlust. Da war die Frage: Betreiben wir die weiter?
one: Fisch ist kein einfaches Geschäft …
Michael Krüger: Am Ende haben wir nur etwa fünf Frischfischtheken behalten. Die Verluste waren zu hoch, und das Personal brauchten wir anderweitig, weil sich viele andere Warengruppen entwickelt haben. Mit der Übernahme von Kaiser’s haben wir ja viel Kompetenz eingekauft. Gerade diese Mitarbeiter aus den Servicebereichen bilden einen echten Mehrwert für uns. Wir haben tolle Kollegen bekommen. Es war ja ein sehr anstrengendes Jahr, und ich finde es sehr beeindruckend, wie die Kollegen mit den Anfangsproblemen umgegangen sind.
Frauenpower für Lichterfelde: Marktchefin Jana Günther und "Servicechefin" Claudia Lorsch (Foto: Achim Bachhausen)
one: Worin bestanden diese Anfangsprobleme?
Michael Krüger: Jeder Markt hatte etwa einen Monat des Übergangs mit großen Lücken in den Regalen, denn wir mussten 60 Prozent der Produkte austauschen. Das macht man nicht spurlos …
Stefan Hörning: Das war ein Riesenkraftakt: die alte Ware günstiger raus, Abverkauf, neue Ware rein, sämtliche Regelbausteine neu gespiegelt. Wir wollten möglichst schnell auf ZAM gehen, auf automatische Bestellung.
Michael Krüger: Die Marktleiter mussten in diesen ersten vier Wochen manuell bestellen. Und bestellen Sie mal Artikel, die sie nicht kennen. Sie müssen ein Gefühl dafür kommen. Und wir reden hier nicht von hundert neuen Produkten, sondern von tausenden.
Jana Günther: Ich habe am Regal gestanden und mich auf mein Bauchgefühl verlassen. Habe ich zu viel bestellt, war das nicht gut. Habe ich zu wenig bestellt, war der Kunde verärgert.
Lara Rumann: Die Anfangszeit, direkt nach der Integration, war schlimm. Das war die einzige Zeit, wo ich Zweifel hatte, ob ich den richtigen Job habe. Als die Regale alle leer und die Kunden nur am Meckern waren, zu Recht.
Gut, dieser Beitrag stammt aus dem Jahr 2018. Trotzdem sollte endlich korrigiert werden: "Marktleiterin Kurfürstendamm Berlin-Charlottenburg", nicht "Mitte".
P.S. "Mein" Rewe ist durch die Übernahme so was von grottig geworden. Überwiegend Mist zu überteuerten Preisen.