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Michelle Claire Messerschmidt (Foto: Achim Bachhausen)
Michelle Claire Messerschmidt
Drei taffe Jahre
von Stefan Weber
„Man kann nur gut, sein, wenn man etwas wirklich will“. Das ist der Leitspruch von Michelle Claire Messerschmidt. Die 21-Jährige absolviert in der REWE Group Zentrale Köln und an der Europäischen Fachhochschule (EUFH) in Brühl ein duales Studium Handelsmanagement. Das heißt: drei Jahre im steten Wechsel intensiv arbeiten und lernen. Zum Lohn winken eine abgeschlossene Ausbildung und ein Bachelor. Bisher hat Michelle Claire Messerschmidt alle Hürden mit Bravour genommen. Die Ausbildung schloss sie im vergangenen Jahr als IHK-Landesbeste mit einem Notenschnitt von 1,0 ab und auch im Studium sind ihre Leistungen top. Was liegt näher, als mit ihr übers Lernen zu sprechen?
one: Frau Messerschmidt, mancher lernt am liebsten allein und braucht dazu absolute Ruhe. Ein anderer benötigt den Austausch mit Lernpartnern und mag es, wenn im Hintergrund Musik dudelt. Was für ein Lerntyp sind Sie?
Michelle Claire Messerschmidt:
Ich muss Ruhe haben, sonst geht gar nichts! Wenn es um neue Themen geht, lerne ich am liebsten allein. Ich bin ein visueller Mensch, schreibe alles auf, muss alles sehen, auch in Form von Grafiken. Später setze ich mich gerne mit Kommilitonen zusammen. Dann fragen wir uns gegenseitig ab.

one: Wann ist die beste Tageszeit zum Lernen?
Michelle Claire Messerschmidt: Nachmittags bis abends. Dann bin ich am produktivsten. In Klausurphasen sitze ich auch schon mal bis 24 Uhr am Schreibtisch - das geht auch. Bei der Arbeit im Büro geht mir dagegen früh morgens vieles leichter von der Hand. 
one: Manchmal wird gesagt, Qualität komme von quälen…..
Michelle Claire Messerschmidt:
Bei Fächern, die mich interessieren - das sind vor allem die typischen Handelsthemen - fällt mir das Lernen leicht. Aber es gibt auch Sachgebiete, bei denen ich mich ein bisschen quälen muss. Natürlich ist das auch eine Sache der Tagesform. Manchmal setze ich mich an den Schreibtisch und merke sehr schnell: Heute bist Du produktiv! Ein anderes Mal ist mir rasch klar, dass das heute nicht viel wird. Dann versuche ich trotzdem, ein, zwei Stunden dranzubleiben. Wenn es dann nicht besser wird, breche ich ab.

Hatten Sie schon in der Schule besonders gute Noten?
Michelle Claire Messerschmidt:
Meine Durchschnittsnote im Abitur war 1,5. Ich bin niemand, dem alles zufliegt. Ich habe immer viel lernen müssen. Aber ich habe früh gemerkt, dass Fleiß in den meisten Fällen mit guten Noten belohnt wird. Das hat mich geprägt. Ich bereite mich so gut wie möglich auf Prüfungen vor, denn ich muss das Gefühl haben, alles getan zu haben, was möglich war. Wenn es dann gut läuft – prima. Wenn nicht, muss ich mir keine Vorwürfe machen.

Michelle Claire Messerschmidt kommt aus einer „REWE-Familie“. Ihre Mutter absolvierte bei REWE eine Ausbildung und arbeitete lange Zeit bei REWE im Controlling. Ihr Vater war viele Jahre nationaler Werbeleiter bei REWE, später Vertriebsleiter der Region Mitte und führt heute als selbständiger Kaufmann zwei REWE-Märkte in Kirchheim und Grünberg. Die Tochter hat schon als 16-Jährige im Markt mitgearbeitet und dabei gemerkt, dass ihr der Handel Spaß macht. Die erste Idee im Textilhandel zu arbeiten, hat sie rasch beiseite gelegt und die Option REWE gewählt. „Denn der Lebensmittelhandel wird immer eine wichtige Rolle spielen.“

Ein Semester in den USA: Da war auch Zeit für ein touristisches Programm
one: Warum ist eine Karriere im Handel für junge Leute, egal ab Schulabgänger oder Hochschulabsolvent, so selten eine Option?
Michelle Claire Messerschmidt: Viele verbinden mit dem Handel nur den Markt, in dem sie einkaufen. Sie wissen gar nicht, was da alles mit verbunden ist, wie vielfältig und spannend diese Branche ist. Wenn ich in meinem Freundeskreis erzähle, dass ich ein duales Studium bei der REWE Group absolviere, denken die meisten, ich arbeite ausschließlich im Markt. So erscheint vielen eine Karriere bei einem großen Industrie- oder Konsumgüterkonzern attraktiver. Außerdem wird immer gesagt, dort werde besser bezahlt.

one: Sie haben sich für ein duales Studium entschieden, wohl wissend, dass dies ein strammes Programm ist. Warum?
Michelle Claire Messerschmidt: Ich wollte raus ins Berufsleben und nicht mit 300 Kommilitionen im Hörsaal sitzen und nur Theorie pauken. Da war das duale Studium genau richtig – Lernen in kleinen Gruppen an einer renommierten Hochschule, kombiniert mit einer Ausbildung. Und das mit der Perspektive, in drei Jahren eine Ausbildung und ein Studium abschließen zu können. Klar, das waren drei taffe Jahre. Aber es hat sich gelohnt.
one: Wie wird es weitergehen, wenn Sie im Herbst den Bachelor haben?
Michelle Claire Messerschmidt: Ich möchte weiter studieren, den Master machen, gerne auch berufsbegleitend.

one: Das wird noch einmal eine anstrengende Zeit.
Michelle Claire Messerschmidt: Das ist mir klar. Aber ich bin jetzt fast drei Jahre bei REWE und die Arbeit macht mir viel Spaß. Da würde es mir schwer fallen, für ein Vollzeitstudium ganz auszusteigen.

one: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Michelle Claire Messerschmidt: In der Praxisphase sind das 8,5 Stunden Arbeiten im Büro und dann ist Feierabend. Den Praxisbericht schreibe ich meist am Wochenende, abends fehlt mir dafür die Motivation. Anstrengender ist für mich die Theoriephase. Vor allem die ersten Semester an der Uni waren hart: Dreimal in der Woche von acht bis 19.00 Uhr in der Uni, danach zu Hause vorbereiten, nachbereiten, Projektarbeiten schreiben. Da blieb wenig Zeit für Hobbys und Freunde und Familie. Jetzt, zum Ende des Studiums, ist es etwas entspannter. Es gibt weniger Vorlesungen, die Ausbildung ist beendet, und die Zeit, die wir früher in der Berufsschule verbracht haben, können wir nun zum Lernen für die Uni nutzen.
Zu welchem Thema schreiben Sie Ihre Bachelorarbeit?
Michelle Claire Messerschmidt: Das ist noch offen. Entscheidend sind ja nicht nur meine Interessen. Die Arbeit soll ja auch einen Mehrwert für die REWE Group haben. Deshalb versuche ich herauszufinden, wo es Bedarf gibt, wo ich mit einer wissenschaftlichen Arbeit helfen kann. Ich habe ja auch noch ein wenig Zeit. Schreibbeginn ist im Juli. Erst dann läuft die Uhr. Spätestens acht Wochen später muss ich die Arbeit abgeben.

Freunde und Bekannte mit Vollzeitstudium haben mehr Freizeit und machen in den Semesterferien möglicherweise ausgedehnte Reisen. Haben Sie Angst etwas zu verpassen?
Michelle Claire Messerschmidt: Das war schon schwierig, vor allem am Anfang. Nach dem Abitur haben sich viele frühere Mitschüler auf Reisen gemacht und für mich ging es gleich weiter mit dem Lernen. Aber da muss man eben Prioritäten setzen. Ich bin für das duale Studium nach Köln gezogen, fahre aber am Wochenende auch häufig die 200 Kilometer nach Hause, um Familie und Freunde nicht zu vernachlässigen. Im Herbst bin ich mit dem dualen Studium durch, habe Geld verdient, eine Ausbildung abgeschlossen und einen Bachelor. Das ist doch toll!  

Was hilft, um zu entspannen?

Michelle Claire Messerschmidt: Für mich ist das Sport! Vor allem Laufen und bei schlechtem Wetter im Fitnessstudio Trainieren. Wenn ich dann beim Laufen auch noch gute Musik hören, kann ich abschalten, gute Gedanken entwickeln. Zu wenig Sport schlägt bei mir gleich auf die Laune.
"Im Auslandssemster wollte ich in die Sonne."

Zum dualen Studium Handelsmanagement an der EUFH gehört auch ein Auslandssemester. Das können die Studenten an einer Hochschule ihrer Wahl verbringen. Die EUFH verfügt aber auch über ein dichtes Netz von Partneruniversitäten in vielen Teilen der Welt. Michelle Claire Messerschmidt hat sich für eine solche Partneruni im kalifornischen Riverside, in der Nähe von Los Angeles, entschieden. „Ich wollte in die Sonne.“ Vorlesungen und Seminare fanden dort häufig erst am Abend statt. Da bleib viel Zeit, um zu reisen, Freunde vor Ort zu treffen und Sport zu treiben.

one: Die Ausbildung haben Sie als Landesbeste abgeschnitten. Wie groß ist da der Druck, auch beim Bachelor eine Top-Note zu schaffen?
Michelle Claire Messerschmidt: Natürlich möchte ich gut abschneiden. Aber zusätzlichen Druck empfinde ich nicht. ich mache so weiter wie bisher und lerne, bis ich das Gefühl habe: jetzt habe ich mein Bestmögliches getan, jetzt reicht’s. Wenn dann eine gute Note herausspringt – schön.

one: Was ist das Wichtigste, um ein duales Studium erfolgreich zu bewältigen?
Michelle Claire Messerschmidt: Man muss es wirklich wollen! So ist das jedenfalls bei mir. Ich kann nur gut sein, wenn ich etwas wirklich will. Nur dann habe ich den nötigen Ehrgeiz und entwickle ausreichend Fleiß und Disziplin, um das durchzuziehen. Wichtig ist auch, für einen Ausgleich zu sorgen, etwa durch Sport und ausreichend Zeit mit Freunden und der Familie.
one: Wo sind Sie in fünf Jahren?
Michelle Claire Messerschmidt: Zunächst sehe ich meine Zukunft in der REWE Zentrale Köln. Ich fühle mich dort wohl, möchte Erfahrungen sammeln und dann entscheiden, wo es langfristig hingeht. Der Familienbetrieb ist sicher eine schöne Option – man wird sehen.


Was macht mir Spaß? Die Beantwortung dieser Frage sollte nach Ansicht von Michelle Claire Messerschmidt bei jeder Berufsentscheidung ganz oben stehen. Sich nur von Aufstiegschancen und finanziellen Perspektiven leiten zu lassen, führe leicht in die Irre. „Schließlich macht man den Job sein ganzes Leben. Das geht nur, wenn man ihn wirklich gerne macht.“

Die Monate an der Partneruniversität in Kalifornien entschädigten für manchen Prüfungsstress zu Hause
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