Bei vielen kleineren Filmkunst-Kinos in Deutschland geht es nach dem Lockdown ums nackte Überleben. Existenziell geht es auch in zwei Filmen zu, die diesen Kinos das dringend nötige Publikum verschaffen könnten. In „Elemente des Lebens“ hat sich die iranisch-französische Regisseurin Marjane Satrapi die Biographie der Physikerin Marie Curie vorgenommen. Die britische Filmautorin Sally Potter ist in „Wege des Lebens“ mit Starbesetzung der Demenz auf der Spur. Währenddessen entlarvt Reese Witherspoon innerhalb von 8 Episoden die „Little Fires Everywhere“ in den amerikanischen Kleinstädten.
Erschreckend wenige Expertinnen tauchten während der Corona-Krise in den Medien auf. Die Naturwissenschaften scheinen immer noch fest in männlicher Hand zu liegen. Und das sogar mehr als hundert Jahre nachdem Marie Curie der Nobelpreis für Chemie verliehen wurde. „Marie Curie – Elemente des Lebens“ ist eine Hommage an die Vorkämpferin und Wissenschaftlerin, aber auch an die Entdeckungen (Originaltitel „Radioactive“), die sie gemacht hat. Getragen wird das alles durch die aristokratische Unbeirrbarkeit, mit der Rosamunde Pike die Titelfigur treffsicher auf den Punkt bringt.
Marjane Satrapi
Ihr Leben hat Marjane Satrapi Anfang des Jahrtausends in zwei Comicbücher mit dem Titel „Persepolis“ gepackt. Im ersten Teil verarbeitet die 1969 in Rascht geborene Iranerin ihre Kindheit unter Khomeini. Der zweite Band handelt von ihren Jugendjahren in Wien. 2007 machte Satrapi daraus einen Zeichentrickfilm, der als iranischer Beitrag ins Rennen um den Auslands-Oscar ging. 2011 verfilmte sie mit „Huhn mit Pflaumen“ eine weitere ihrer Graphic Novels. Und auch „Radioactive“ basiert auf einem Comic, verfasst jedoch von der US-Amerikanierin Lauren Redniss.
Filmgenre: Filmbiografie
Filmlänge: 108 Minuten
Regie: Marjane Satrapi
Mit: Rosamund Pike, Sam Riley, Aneurin Barnard, Anya Taylor-Joy, Jonathan Aris
Altersfreigabe: ab 12
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 16.07.2020
Die Demenz ihres Bruders brachte Drehbuchautorin und Regisseurin Sally Potter dazu, sich über Gegenwart und Erinnerung, Realität und Traum Gedanken zu machen. Und eben auch darüber, wie all das bei einer Demenz verschwimmt und Verwirrung stiftet. „The Roads Not Taken“ ist ein sehr persönlicher Film, nachvollziehbar stellenweise vor allem von Menschen, die mit Demenz schon einmal in Berührung gekommen sind. Was ihn aber für alle Enthusiasten von Arthouse-Kino zum Erlebnis macht, ist die stimmungsvolle Kamera von Robbie Ryan und das buchstäblich zeitlose Spiel von Javier Bardem
Sally Potter
Zu ihrem 14. Geburtstag bekam die Londonerin Sally Potter eine 8mm-Kamera von ihrem Onkel geschenkt. Von diesem Tag im Jahr 1963 an, drehte sie experimentelle Kurzfilme über ihren Alltag und ihre Tanzausbildung. Nach einem Abstecher zum Theater gelang ihr 1992 mit der Verfilmung von Virginia Woolfs Roman „Orlando“ der internationale Durchbruch als Regisseurin. „The Roads Not Taken“ ist ihr neunter Spielfilm und nach dem Interview-Thriller „Rage“ (2009) und dem komödiantischen Kammerspiel „The Party“ (2017) der dritte, der im Wettbewerb der Berlinale gezeigt wurde.
Filmgenre: Drama
Filmlänge: 86 Minuten
Regie: Sally Potter
Mit: Javier Bardem, Elle Fanning, Branka Katic, Salma Hayek, Laura Linney
Altersfreigabe: o. A.
Verleih: Universal Pictures
Kinostart: 13.08.2020
Dass hinter den makellosen Fassaden US-amerikanischer Kleinstadthäuser die Lebensträume ihrer Bewohner bröckeln, ist seit „American Beauty“ (1999) kein Geheimnis mehr. Zuletzt waren es zwei Staffeln „Big Little Lies“, die einen Blick auf die Neurosen des Mittelstands warfen. Auch Reese Witherspoon war mit von der Partie, als Schauspielerin und Produzentin. Mit „Little Fires Everywhere“ bleibt sie nun thematisch am Ball. Als Hausfrau und Mutter vierer mehr oder minder wohlgeratener Kinder vermittelt sie einer schwarzen Künstlerin und deren Tochter ein Haus in der Nachbarschaft. Damit prallen Lebensentwürfe aneinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Genre: Drama
Länge: ca 480 Minuten
Autor: Celeste Ng
Darsteller: Reese Witherspoon, Kerry Washington, Rosemarie DeWitt, Joshua Jackson
Altersfreigabe: ab 12
Vertrieb: Amazon Prime Video
Im Stream seit: 28.03.2020
Tim Burgess ist Vollblutmusiker. Das hat er in den 90er Jahren nicht nur mit seiner Band The Charlatans unter Beweis gestellt, sondern auch als Solist. Was Burgess aber am liebsten tut, ist Platten hören. Am 23.3. kam er, Lockdown-bedingt, auf die Idee, mit seinen Twitter-Followern exakt zum gleichen Zeitpunkt die gleiche Platte zu hören und dazu zu twittern. Inzwischen findet jeden Tag mindestens eine Listening Party statt, mit Klassikern von Bowie und Oasis oder Neuentdeckungen wie Warmduscher und Hinds. Neben Fans twittern immer auch beteiligte Musiker oder Produzenten mit.
Art: Twitter-Profil
Erhältlich für: jeden Browser
Adresse: timstwitterlisteningparty.com
Copyright Bilder und Trailer: Kino 1 Marie Curie © Studiocanal GmbH/Laurie Sparham | Kino 2 Wege des Lebens © Universal Pictures | DVD Little Fires Everywhere © Amazon Prime Video | Internet Tim’s Twitter Listening Party © Tim Burgess