Die Grenzen zwischen Supermärkten und Discounter verschwimmen immer mehr. Aldi und Lidl investieren in die Modernisierung ihrer Märkte, weil billig alleine nicht mehr ausreicht. Peter Maly, seit 100 Tagen für den Vertrieb des Vollsortiments verantwortlich, sagt, worauf es ankommt.
one: Herr Maly, wie waren die ersten 100 Tage in der neuen Funktion?
Peter Maly: Sportlich, wie ich es erwartet habe. Es ist in der Tat eine andere und neue Herausforderung. In der Abstimmung innerhalb der unterschiedlichen Fachbereiche liegt ein ganz anderer Schwerpunkt. Ein großer Vorteil für mich ist, dass ich die Zentrale in Köln aus meiner ersten Etappe hier schon kenne. In der Region war ich ein Stückweit näher an den Themen und an den Märkten dran. Man darf die Nähe zum Basisgeschäft nicht verlieren. Das ist sicher die größte Herausforderung. Spaß macht's aber nach wie vor. Und solange man den nicht verliert, ist alles richtig.
one: Discounter werden immer mehr zu Supermärkten. Was machen wir heute besser als die Discount-Konkurrenz?
Peter Maly: Wir sind heute noch nicht soweit, dass wir sagen können, wir sind perfekt. Das werden wir wahrscheinlich nie sein. Aber wir sind wesentlich dichter und näher dran am lokalen Standort. Zum einen durch unsere Struktur, durch unsere Kaufleute sowie in den Filialen durch unser vielfältiges soziales, gesellschaftliches und nachhaltiges Engagement. Aber auch der Discounter hat diese Felder für sich entdeckt. Deshalb müssen wir schneller sein und uns mit den Themen Mensch und Sortiment noch eindeutiger absetzen.
one: Werden uns die Discounter mit ihrer zentralgesteuerten Struktur bei Regionalität und Lokalität jemals Paroli bieten können?
Peter Maly: Paroli in der Summe nie, aber sie werden sicherlich in Teilbereichen auch die Themen besetzen. Es gibt jetzt schon aktuelle Beispiele dafür. Wenn es aber um Themen wie Sortimentssteuerung oder die klassische Akquise von lokalen Lieferanten geht, wird es für die Discounter in der Summe nie umzusetzen sein. Außer, sie entwickeln sich komplett Richtung Supermarkt, aber dann verlieren sie ihre Kostenvorteile.
one: Wie können wir uns in Zukunft noch weiter abgrenzen?
Peter Maly: Der Schwerpunkt muss für uns ganz klar in Richtung Frischefokussierung gehen. Darunter fasse ich Obst und Gemüse, Convenience, Käse, Wurst, Fleisch und - wo es sinnvoll ist - Fisch sowie gastronomische Elemente. Wie schaffen wir es, einen sozialen Treffpunkt zu erschaffen? Außerdem muss man sich Gedanken machen, inwieweit klassische Sortimente in Zukunft noch die gleiche Bedeutung haben werden wie heute. Oder kann man Warenbereiche beispielsweise über den Online-Handel vertreiben? Ich glaube, diese Kombination zu spielen, also auf der einen Seite einen Marktplatz der Frische zu schaffen und auf der anderen eine Verlängerung der Ladentheke über das Internet herzustellen, wird eine große Herausforderung sein.
one: Wie können die REWE-Märkte von der Digitalisierung profitieren?
Peter Maly: Wir müssen schauen, wie wir den Mehrwert der Digitalisierung für die Fläche generieren können. Gegenüber Amazon haben wir den Vorteil, dass wir stationäre Geschäfte haben. Wir haben die Menschen, wir haben die Nähe vor Ort. Wenn wir diese Stärken zusammenbringen, haben wir einen klaren Wettbewerbsvorteil. Es stellt sich die Frage: Wie sieht der Supermarkt in zehn oder 15 Jahren aus? Was ist die Motivation des Kunden, in die Märkte zu gehen? Darauf müssen wir eine Antwort finden. Ein Wettbewerbsvorteil von REWE heute ist sicherlich ihre Formatvielfalt von nahkauf bis zum REWE CENTER. Man kann sagen, REWE ist das Format für alle Fälle.
one: In diesem Jahr wurden viele unserer Märkte von Branchenexperten ausgezeichnet. Warum ist das gut für die Märkte und für REWE als Unternehmen?
Peter Maly: Gerade für die Mitarbeiter ist das immer eine Riesenchance, sich mit neuen kreativen Ideen zu beschäftigen. Ich hab´s in den letzten Jahren ja live miterlebt, wie sich unsere Mitarbeiter mit den Branchenpreisen beschäftigt haben. Die Teilnahme begeistert die Teams in den Märkten. Der Eigenantrieb und das eigene Engagement werden gefördert und finden ihren Niederschlag in der Kundenbindung. Das Streben nach höchster Leistung muss vom Unternehmen aber auch gehegt und gefördert werden. Dann kann man mit dem Gewinn von Branchenpreisen auch die Stärke der Vertriebsmarke spielen.
one: Auch durch unser nachhaltiges Engagement grenzen wir uns vom Wettbewerb an. Sehen Sie hier noch Lücken?
Peter Maly: Es gibt den schönen, alten Begriff vom ehrbaren Kaufmann. Schon damals wurde gesagt, ein ehrbarer Kaufmann handelt nachhaltig im Sinne eines bewussten Einsatzes der Ressourcen Menschen, Mitarbeiter und Umwelt. Ich glaube, dass wir da schon extrem viel tun. Ein schönes Beispiel ist der Verzicht auf die Plastiktüten. Solche Dinge bringen uns weiter: klare, einfache Botschaften, die die Konsumenten und die Mitarbeiter gut verstehen.
one: Gibt es Dinge, auf die Sie persönlich besonders achten oder für die Sie sich engagieren?
Peter Maly: Bei uns in der Familie ist der Verzicht auf Plastiktüten und die Verwendung von Mehrweggebinden schon lange gelebte Praxis. Wir kaufen möglichst viele lokale Produkte, auch Bio-Produkte.
Was soziales Engagement betrifft, da ist momentan vor allem meine Frau aktiv, die sich im Kinderschutzbund engagiert und Ernährungsberatung mit Kindern durchführt. Dort gibt es Acht- und Neunjährige, die noch niemals in ihrem Leben erlebt haben, wie frisches Kochen geht.
one: Sie sind noch recht neu in Ihrer Position als Geschäftsführer. Wo würden Sie am liebsten in einem Markt arbeiten?
Peter Maly: Schon als Schüler, als ich im Markt gejobbt habe, habe ich am liebsten in der Obst- und Gemüseabteilung gearbeitet, das war und ist meine Favoriten-Abteilung. Man kann dort so schön mit den Farben spielen und sieht sofort schnell den Erfolg, wenn man etwas verkauft hat. An zweiter Stelle kommt die Weinabteilung. Beides sind Genussabteilungen, die eine vielleicht etwas gesünder als die andere (lacht).
Zur Person
Peter Maly ist 48 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Siegen. Bereits in seiner Jugend hat er im Supermarkt gejobbt. Seit 2005 arbeitet der studierte Diplom-Kaufmann in verschiedenen vertrieblichen Führungspositionen bei REWE, ab 2012 war er Regionsleiter im Norden. Seit März 2016 ist er als Geschäftsführer Vertrieb Vollsortiment National für die REWE-Märkte in Deutschland verantwortlich. Seit Juli 2016 übernimmt er als Bereichsvorstand die Funktion des Chief Operating Officers von REWE. Vor seiner Zeit bei REWE sammelte er Vertriebserfahrung bei Kaufland, Kaiser + Kellermann und toom.