Eine gute Mitarbeitendenpolitik wirkt sich nachhaltig aus, und Nachhaltigkeitsengagement spielt eine große Rolle bei der Findung und Bindung von guten Mitarbeitenden: Daniela Büchel, seit 1. Januar Vorständin für People und Sustainability, über die drängendsten Themen und Herausforderungen in ihren Ressorts.
one: Frau Dr. Büchel, seit Anfang dieses Jahres bilden Sie gemeinsam mit Ihren sechs Kollegen den neuen REWE Group Vorstand. Wie geht es Ihnen nach den ersten Wochen?
Daniela Büchel: Ganz wunderbar. Es ist ein super Gefühl, jetzt im Vorstandsteam zu agieren. Ich habe mich sehr darauf gefreut, da ich mit den meisten Kollegen schon lange in einem Team arbeite. Es ist cool, wenn es dann so richtig losgehen kann.
one: Nun haben wir mit Ihnen in der REWE Group erstmals die Position des „Chief People and Sustainability Officer“…
Daniela Büchel: Ja, hört sich etwas sperrig an oder (lacht)? – also Vorstand für Personal und Nachhaltigkeit. Der neue Begriff „People“ trifft es in meinen Augen viel besser als Human Resources, denn es geht ja darum, dass wir für die Kolleg:innen auf Augenhöhe da sind.
one: Bleiben wir bei „People“: Was denken Sie, erwarten unsere Mitarbeitenden von Ihnen in diesen Zeiten?
Daniela Büchel: Ich glaube, viele hoffen, wenn Mitarbeitendenthemen jetzt ganz oben angesiedelt sind, werden diese noch einmal wichtiger. Und das ist genau das, was wir damit ausdrücken wollen: Der Bereich „People” hat für uns strategische Priorität. Denn von Menschen hängt letztlich unser komplettes Unternehmen ab, sie machen den Unterschied.
one: Welche Themen sind für die Mitarbeitenden derzeit besonders wichtig?
Daniela Büchel: Vor dem Hintergrund der Inflation ist die Gehaltsentwicklung natürlich für viele ein sehr wichtiges Thema. Die anstehende Tarifrunde wird eine große Herausforderung. Außerdem hat die Pandemie unsere Arbeitswelt nachhaltig verändert. Das treibt viele Kolleg:innen weiterhin um. Mit unserem Projekt „DNA - Deine Neue Arbeitswelt“ haben wir zwar bereits Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zukunftssicher aufgesetzt, aber das Thema wird uns auch weiterhin beschäftigen. Ein Dauerbrenner ist außerdem die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Wie unterstützt mein Arbeitgeber mich dabei, mit den Herausforderungen aus beiden Bereichen umzugehen und diese in Einklang zu bringen? Bei dem Thema tun wir schon sehr viel, zum Beispiel die Maßnahmen im Rahmen vom „audit berufundfamilie“ wie Jobsharing in Führungs- und Nichtführungspositionen. Leider werden aber die Angebote noch nicht überall genutzt.
one: Im Umkehrschluss: Welche Themen sind für Sie wichtig? Welche Ziele haben Sie?
Daniela Büchel: Wir müssen als Arbeitgeber noch attraktiver werden. Ich möchte gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen erreichen, dass wir der beste Arbeitgeber im Handel sind. Beim Thema Nachhaltigkeit möchte ich mit der REWE Group weiterhin Vorreiter und Wegbereiter sein. Wir sind mit Handel und Touristik ein großes Unternehmen in Deutschland und Europa. Darum können wir viel bewegen und neue Standards setzen – das haben wir schon oft bewiesen, sei es bei der Umstellung auf nachhaltigeren Kakao oder Palmöl, der Abschaffung des Kükentötens, der Auslistung der Plastiktüte oder mit dem Nabu-Klimafonds.
one: Zum Thema Nachhaltigkeit: Glauben Sie, durch die Verankerung im Vorstand ergeben sich nochmal mehr Möglichkeiten, das Thema zu treiben?
Daniela Büchel: Ich hatte schon als Bereichsvorstand viele Möglichkeiten, die Nachhaltigkeitsthemen und die Mitarbeitendenthemen an der richtigen Stelle zu verankern. Jetzt auf Vorstandsebene können wir noch intensiver die Synergien der gesamten Group nutzen. Wir werden gemeinsam mit allen Nachhaltigkeitsverantwortlichen mit dem Sustainability Steering Board einen Lenkungsausschuss bekommen, in dem wir Group-relevante Themen auswählen und schnell umsetzen können. Und genauso verfahren wir bei den Mitarbeitendenthemen, da kommen in einem People Steering Board die Verantwortlichen aller Einheiten zusammen. Ein erstes Projekt: Gemeinsam richten wir den bestehenden KNP-Prozess neu aus. Dabei werden wir übergreifend daran arbeiten, eine offene und transparente Feedbackkultur in der REWE Group zu stärken. Wir wollen eine Feedback- und Performancekultur, in der die Entwicklung der Mitarbeitenden groupweit unterstützt und ermöglicht wird.
one: Warum packen Sie den Karriere- und Nachfolge-Prozess an?
Daniela Büchel: Die Arbeitswelt ist sehr viel dynamischer geworden – Rahmenbedingungen und Anforderungen können sich schnell ändern. Wir wollten damals mit einem qualitativen und systemischen Prozess sicherstellen, dass Gespräche zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft auch wirklich regelmäßig und vergleichbar geführt werden. Das ist gelungen, und zwar auf einem guten Niveau. Allerdings hört sich schon der Begriff KNP so super technisch an – eigentlich geht es ja um einen Dialog und neben einer Rückschau vor allem um den Blick in die Zukunft. Die Gespräche sind oft sehr fokussiert auf das jeweils vergangene Jahr. Genauso wichtig ist es aber, über die Entwicklungsperspektiven zu sprechen. Hier wollen wir die Gewichtung verändern und einfache Prozesse schaffen, die flexibel und bedarfsgerecht anwendbar sind. Zusätzlich schauen wir, welche Instrumente wir für unterjähriges Feedback und Gespräche bereitstellen. Also weg von der starken Retrospektive, hin zu einem regelmäßigen, entwicklungsorientierten Dialog.
one: Gibt es ein solch großes Projekt auch für den Nachhaltigkeitsbereich? Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?
Daniela Büchel: Die größten Herausforderungen sind die Klimakrise und die schrumpfende Artenvielfalt. Bei der Bewältigung dieser Krisen wird es eine wichtige Rolle spielen, dass die richtigen Akteure aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zusammenkommen. Hier kann der Lebensmitteleinzelhandel – und wir als großer Akteur – in seiner Rolle als Mittler zwischen Herstellern, Dienstleistern und Konsument:innen einen wichtigen Beitrag leisten..
one: Wo stehen wir da?
Daniela Büchel: Wir haben das Thema Nachhaltigkeit wirklich im ganzen Unternehmen fest verankert. Ich habe auch das Gefühl, dass das in den Augen aller die richtige Art ist, unser Geld zu verdienen. Das ist der Dreiklang der Nachhaltigkeit: ökonomische Themen mit Ökologie und Sozialem in Einklang zu bringen. Wir glauben fest daran, dass wir mit Bioprodukten, mit regionalen Produkten, mit nachhaltigeren Produkten wirtschaftlich erfolgreicher sind. Dafür treten wir jeden Tag an. Und dass wir mit Energie, Klima und Umwelt tatsächlich auch Kosteneffizienz hinbekommen, sehen wir aktuell. Wir haben in Green Buildings, energieeffiziente Märkte und effiziente Kühlanlagen und vieles mehr investiert – das rentiert sich jetzt.
one: Nachhaltigkeit und Kultur gehören also zusammen, sagen Sie.
Daniela Büchel: Ja, unser Nachhaltigkeitsengagement zahlt auch auf das Thema „People“ ein: Viele Mitarbeitende sagen mittlerweile: ,Wir bleiben hier, weil wir cool finden, dass Nachhaltigkeit hier so eine große Rolle spielt.´ Das ist auch beim Recruiting ein riesiges Thema. Gleichzeitig sind unsere Mitarbeitenden die besten Botschafter. So viele bringen super Ideen ein, machen sich stark mit uns. Und die Kaufleute sind mit so viel Überzeugung dabei, dass wir Vorreiterthemen, wie den Verzicht auf den gedruckten Handzettel oder die Plastiktüte, überhaupt umsetzen können. Deshalb finde ich es so wichtig, People und Nachhaltigkeit in einem Vorstandsressort zu bündeln, denn es sind auch Kulturthemen.
one: Gibt es weitere Berührungspunkte zwischen Ihren Ressorts?
Daniela Büchel: Wir arbeiten im People-Bereich intensiv daran, wie man das Thema Nachhaltigkeit in die Ausbildung und in unsere Lernprogramme hineinbekommt. Der REWE Group Star beispielsweise ist Nachhaltigkeit pur. Ein Projekt, das beides vereint, ist auch das sogenannte Corporate Volunteering. Hier sind wir erstmals Sponsor der im Juni in Berlin stattfindenden Special Olympics. Mitarbeitende haben die Möglichkeit, drei Tage vor Ort zu helfen – in ihrer Arbeitszeit, bei voller Übernahme der anfallenden Kosten durch uns. So schaffen wir für das Thema Inklusion noch mehr Bewusstsein. Das freut mich sehr, denn dort mitzumachen, das macht was mit einem, da guckt man danach ganz sicher anders auf die Dinge – davon bin ich überzeugt.
Wichtig ist mir: Nachhaltigkeit ist eine Einstellung, ein Wert, eine Haltung – das hat auch mit Emotionen zu tun. Daher ist es ganz klar ein Kultur- und damit auch ein Personalthema. Im Übrigen ist es auch sehr wichtig, zu überlegen: Wie bekommen wir es ins Recruiting integriert, denn wir suchen ja ganz bewusst Leute, die so ticken.
one: Stichwort Arbeitnehmendenmarkt: Wie rekrutieren wir heute?
Daniela Büchel: Wir müssen vor allem unsere Mitarbeitenden noch besser binden, das ist für mich unbedingt der erste Schritt: Je weniger Mitarbeitende wir verlieren, desto weniger müssen wir rekrutieren. Wir erleben bereits die Auswirkungen eines zunehmenden Arbeitnehmendenmarktes und es wird immer schwerer, gute Leute zu finden. Das Thema Fluktuation ist in der gesamten Branche ein Problem. Aber wir haben in den letzten Jahren ein sehr professionelles Recruiting aufgebaut, mit dem wir es schaffen, eine wachsende Zahl an Bewerbungen und Einstellungen zu generieren.
one: Reicht das aus gegen den Fachkräfte- und Bewerber:innenmangel?
Daniela Büchel: Der demografische Wandel trifft nahezu den kompletten Arbeitsmarkt, da machen wir uns nichts vor. Ich glaube fest daran, dass die Digitalisierung uns hier zudem helfen kann, daher müssen wir dort investieren. Der Self-Checkout zum Beispiel dient nicht dazu, Personal einzusparen – sondern sorgt perspektivisch dafür, dass unsere Mitarbeitenden freigeschaufelt werden für andere Tätigkeiten im Markt zugunsten des Kund:innenservices.
one: Sie sind die einzige Frau im Vorstand. Setzen Sie damit ein Zeichen?
Daniela Büchel: Wenn es ein Zeichen ist, dann hat dieses ja der Aufsichtsrat gesetzt. Aber ja, es ist schon wahrgenommen worden und ich bin von vielen, vor allem weiblichen Mitarbeitenden angesprochen worden, die sich wirklich darüber gefreut haben. Gleichberechtigung ist letztlich ein Gesamtvorstandsthema, das meine sechs Kollegen genauso pushen wie ich. Aber sicherlich habe ich ein ganz besonderes Augenmerk darauf.
Folge 4
„Offen gesagt“ – der Talk mit dem Vorstand
Im Januar hat unser neu formierter Vorstand die Steuerung der REWE Group in anhaltend bewegten Zeiten übernommen. Mit welcher Strategie er dabei ans Werk geht, was es in der Zusammenarbeit braucht und wie wir bei allen Herausforderungen wettbewerbsfähig bleiben, darüber hat Ines Schurin, Leiterin Unternehmenskommunikation, mit den Vorständ:innen im neuen Videoformat „Offen gesagt“ bei einem Heißgetränk ihrer Wahl gesprochen.
Und das ist die letzte Folge:
- 22. März Telerik Schischmanow, Vorstand Finanzen
Alle bereits erschienen Folgen von "Offen gesagt" sind jetzt in der one_Mediathek abrufbar.
Wie toll ist das denn?
Eine Vorständin, die Punk liebt und Schlagzeug spielt und es auch noch offen sagt!
Und dass die Rewe Group dies offen kommuniziert, macht den Konzern zu einem tollen Arbeitgeber!
Ich wünsche Ihnen viel Glück, Erfolg und ein gutes Händchen, was auch immer Sie anstoßen und anpacken werden!